Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan
Immobilienwerte des Viertels zu bewahren. Früher sorgte ich mich immer wegen möglicher Proteste von Nachbarn. Die Trennung hat mir diese Sorge genommen.
Ein braunes Fellgesicht beobachtete mich, als ich auf die Zufahrt einbog. Als ich aus dem Auto stieg, legte es sich in Falten und ließ ein tiefes »Hrrrp!« hören.
»Ist er da?«, fragte ich und knallte die Tür zu.
Der Hund senkte den Kopf, und eine violette Zunge fiel ihm aus der Schnauze.
Ich ging zur Haustür und klingelte. Keine Reaktion.
Ich klingelte noch einmal. An meinem Bund hing noch immer ein Schlüssel, aber ich wollte ihn nicht benutzen. Obwohl wir seit über zwei Jahren getrennt lebten, waren Pete und ich noch immer sehr behutsam, wenn es darum ging, neue Umgangsformen zwischen uns zu entwickeln. Diese Schlüsselbenutzung würde eine Intimität bedeuten, die ich nicht unbedingt implizieren wollte.
Aber es war Donnerstagnachmittag, und Pete war sicher in der Arbeit. Und ich wollte meine Katze.
Ich wühlte eben in meiner Handtasche, als die Haustür aufging.
»Hallo, schöne Fremde. Suchst du einen Platz zum Schlafen?«, sagte Pete und musterte mich von Kopf bis Fuß.
Ich trug noch die Khakis und die Doc Martens, die ich um sechs an diesem Morgen für das Leichenschauhaus angezogen hatte. Pete war makellos gekleidet in einem dreiteiligen Anzug und Gucci-Slippern.
»Ich dachte, du bist in der Arbeit.«
Ich wischte mit den Fingerknöcheln über die Mascaraflecken auf meinen unteren Lidern und warf einen flüchtigen Blick ins Haus. Wenn ich eine Frau entdecken würde, würde ich vor Demütigung sterben.
»Warum bist du nicht in der Arbeit?«
Er schaute verstohlen nach links und rechts, senkte die Stimme und winkte mich dann näher, als wollte er mir ein Geheimnis verraten. »Rendezvous mit dem Klempner.«
Ich wollte lieber nicht darüber nachdenken, was so schief gegangen war, dass Mister Heimwerker einen Profi rufen musste.
»Ich bin wegen Birdie hier.«
»Ich glaube, er hat Zeit für dich.« Pete trat einen Schritt zurück. Ich trat in ein Foyer, das vom Lüster meiner Großtante erhellt wurde.
»Wie wär’s mit einem Drink?«
Ich durchbohrte ihn mit einem Blick, der Feldspat hätte spalten können. Pete hatte meine oscarreifen Aufrührungen mitbekommen und sollte es besser wissen.
»Du weißt, was ich meine.«
»Ein Diet Coke wäre nett.«
Während Pete in der Küche mit Gläsern und Eis klimperte, rief ich die Treppe hoch nach Birdie. Keine Katze. Ich versuchte es im Wohnzimmer, im Esszimmer, im Arbeitszimmer.
Früher einmal hatten Pete und ich gemeinsam in diesen Räumen gewohnt, gelesen, geredet, Musik gehört und uns geliebt. Wir hatten Katy vom Säuglingsalter über die Kindheit bis zur Pubertät behütet und in jedem Abschnitt ihr Zimmer und unser Leben umgestaltet. Durchs Küchenfenster über dem Spülbecken hatte ich das Geißblatt aufblühen und verwelken gesehen, und ich hatte jede Jahreszeit freudig begrüßt. Das waren die märchenhaften Tage gewesen, eine Zeit, in der der amerikanische Traum real und erreichbar erschienen war.
Als Pete jetzt zurückkam, war aus dem eleganten Anwalt ein lässiger Yuppie geworden. Sakko und Weste waren verschwunden, die Krawatte hing ihm locker um den Hals, die Hemdsärmel hatte er bis knapp unter die Ellbogen aufgekrempelt. Er sah gut aus.
»Wo ist Bird?«, fragte ich.
»Seitdem Boyd hier eingezogen ist, beschränkt er sich aufs Oberdeck.«
Er gab mir ein Glas mit der Beschriftung: Uz tu mums atkal jaiedzer! »Auf das müssen wir noch einmal trinken!« auf Litauisch.
»Boyd ist der Hund?«
Ein Nicken.
»Deiner?«
»Interessante Frage. Setz dich, und ich erzähle dir Boyds Geschichte.«
Pete holte Knabberbrezeln aus der Küche und setzte sich zu mir auf die Couch.
»Boyd gehört einem gewissen Harvey Alexander Dineen, einem Gentleman, der kürzlich eines Pflichtverteidigers bedurfte. Da er von seiner Verhaftung völlig überrascht wurde und keine Familie hat, hat Harvey mich gebeten, mich um den Hund zu kümmern, bis das Missverständnis mit der Staatsanwaltschaft aufgeklärt ist.«
»Und du hast zugestimmt?«
»Ich nahm es als einen Beweis seines Vertrauens.«
Pete leckte Salz von einer Brezel, biss den großen Bogen ab und spülte mit Bier nach.
»Und?«
»Boyd ist für ein Minimum von zehn und ein Maximum von zwanzig Jahren auf sich allein gestellt. Ich dachte mir, dass er vielleicht Hunger bekommt.«
»Was ist er?«
»Er betrachtet sich selbst als Unternehmer.
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