Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan
verärgerter Miene heraus.
»Noch einmal vielen Dank.«
»Es war mir ein Vergnügen.« Er sah Ryan an. »Sie wissen ja, wo ich zu finden bin.«
Ich sah zu, wie der Pick-up mit Wasser spritzenden Reifen vom Hof rumpelte.
Bowmans Glaubensrichtung war mir bis dahin unbekannt gewesen. Warum hatte er mir diese Geschichte erzählt? Aus Angst? Aus schlechtem Gewissen? Weil er auf Nummer sicher gehen wollte? Und woran dachte er jetzt? Ans ewige Leben? An Reue? Oder an die Schweinskoteletts, die er sich fürs Abendessen aufgetaut hatte?
»Wie steht’s mit deinem Auto?« Ryans Frage holte mich ins Jetzt zurück.
»Wenn du Boyd hältst, gehe ich nachschauen.«
Ich lief in die Werkstatt, wo P oder T noch immer unter meiner Motorhaube steckte. Er meinte, dass das Problem vielleicht an einer Wasserpumpe liege und dass er es morgen sicher wisse. Ich gab ihm meine Handy-Nummer und sagte ihm, ich wohne bei Ruby McCready.
Als ich zum Auto zurückkehrte, saßen Ryan und Boyd bereits drin. Ich wischte mir die Feuchtigkeit aus den Haaren und stieg ein.
»Würde eine kaputte Wasserpumpe ein lautes Geräusch machen?«, fragte ich.
Ryan zuckte die Achseln.
»Warum bist du schon so früh aus Asheville zurück?«
»Es hat eine neue Entwicklung gegeben. Hör zu , ich treffe mich mit McMahon zum Abendessen. Dabei kannst du uns ja mit Bowmans Märchen unterhalten.«
»Ich will aber erst den Hund abliefern.«
Ich hoffte, wir gingen nicht ins Injun Joe’s.
Wir gingen nicht dorthin.
Nachdem ich Boyd in sein Gehege hinter dem High Ridge House gesperrt hatte, fuhren wir zum Bryson City Diner. Das Lokal war lang und schmal wie ein Eisenbahnwaggon. Die vordere Wand säumten verchromte Sitznischen, jede mit einem Gewürzständer, einem Serviettenhalter und einer winzigen Musikbox. Vor der raumlangen Chromtheke auf der anderen Seite waren Hocker in genau gleichen Abständen an den Boden genietet. Rote Kunstlederpolster. Kuchenteller mit Plastikabdeckungen. Kleiderständer an der Tür.
Mir gefiel der Laden. Keine Prahlerei mit einer Aussicht auf die Berge oder mit geschmacklichen Ethno-Erlebnissen. Keine verwirrende Abkürzung. Keine fehlerhafte Schreibweise aus Stabreimgründen. Es war ein Diner, und sein Name versprach nichts anderes.
Sogar für die Verhältnisse hier in den Bergen waren wir fürs Abendessen früh dran. An der Theke saßen ein paar Gäste, die übers Wetter schimpften oder sich über Probleme in der Arbeit unterhielten. Als wir eintraten, hoben die meisten den Kopf.
Oder redeten sie über mich? Während wir zu der Sitznische in der Ecke gingen, spürte ich Blicke im Rücken, glaubte zu sehen, dass Männer sich anstießen und auf mich deuteten. Oder bildete ich mir das nur ein?
Kaum hatten wir Platz genommen, kam eine Frau mittleren Alters in weißer Schürze und rosa Kleid an unseren Tisch und gab uns handgeschriebene Speisekarten in Plastikhüllen. Der Name »Cynthia« war über ihrer linken Brust auf die Schürze gestickt.
Ich entschied mich für Schmorfleisch. Ryan und McMahon nahmen den Hackbraten.
»Getränke?«
»Eistee bitte. Ungesüßt.«
»Für mich auch.« McMahon.
»Limonade.« Ryan machte ein ausdrucksloses Gesicht, aber ich wusste, was er dachte.
Cynthia sah mich lange an, nachdem sie unsere Bestellungen aufgenommen hatte, und steckte sich dann den Bleistift hinters Ohr. Sie ging hinter die Theke, riss das Blatt vom Block und spießte es auf einen Draht über der Durchreiche.
»Zwei sechs und eine vier«, bellte sie, drehte sich dann um und sah mich noch einmal an.
Wieder flammte meine Paranoia auf.
Ryan wartete, bis Cynthia die Drinks gebracht hatte, dann sagte er McMahon, dass ich eine Aussage von Bowman hätte.
»Was zum Teufel hatten Sie denn mit Bowman zu schaffen?« Betroffenheit schwang in seiner Stimme mit. Ich fragte mich, ob es so war, weil er sich um meine Sicherheit sorgte oder weil er wusste, dass eine Einmischung in die Ermittlung meine Verhaftung bedeuten konnte.
»Mein Auto hatte eine Panne. Bowman hat mich mitgenommen. Fragen Sie nicht, warum ihn das darauf brachte, mir sein Herz auszuschütten.«
Ich zog einen Strohhalm aus seiner Hülle und stieß ihn in den Eistee.
»Wollen Sie die Geschichte hören?«
»Erzählen Sie.«
»Wie’s aussieht, bekriegen sich die Reverends Bowman und Claiborne schon eine ganze Weile wegen seelsorgerischer Einflusssphären. Die Holiness -Bewegung ist nicht mehr das, was sie mal war, und die Pfaffen sind gezwungen, um eine immer
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