Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Durst - Roman

Durst - Roman

Titel: Durst - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Limmat-Verlag <Zürich>
Vom Netzwerk:

    Faruk wurde nachdenklich, schwenkte die Bierflasche, die er partout nicht hinstellen wollte, und tastete mit der freien Hand nach seinem vom vielen Gel steifen Haar.
    «Erinnerst du dich an unser Gespräch im ‹Thomy’s›? Wir hatten es vom schlechten Ruf der Kosovaren …»
    Ich trank und nickte dazwischen.
    «Ich sagte, egal ob du alles richtig machst – wenn du aus Kosova kommst, bist du für viele Leute schon im Voraus abgestempelt.»
    «Nicht nur dann, ein -i ć am Ende des Namens genügt auch!», warf Petar ein.
    «Halts Maul, wenn ich spreche – wie oft soll ich dir das noch sagen?!»
    Petar verschränkte grinsend die Arme und lehnte sich zurück.
    «Ein Mord geschieht in Emmenbrücke, und natürlich ist der Mörder ein Kosovare. Das ist genau, was die Leute hören wollen. Es passt so gut ins Bild. – Hast du nicht genau so gedacht, als wir uns im ‹Thomy’s› unterhielten?»
    Faruk trank und stellte die Flasche geräuschvoll auf den Tisch.
    «Aber ich hab die Schnauze voll davon! Ich will diesen Makel von unserem Volk entfernen. Zumindest was diesen Fall anbelangt. Das ist mein Beweggrund, den Mord aufzuklären.»
    Ich ascherte, Petars Beispiel folgend, auf den Boden.
    «Ein Drogendealer will die Welt von der Lauterkeit seinesgleichen überzeugen …»
    «Nicht meinesgleichen!», wurde Faruk laut. «Es geht mir um die Vahids und die Taliqis, die vielen Familienväter und Gastarbeiter, die ihren Kindern ein besseres Leben ermöglichen wollen!»
    «Faruk, ich kann dir leider nicht folgen. Im Knast sitzt jemand, der sich des Mordes an Slavkovi ć schuldig bekennt – und seine Papiere weisen ihn als Mann aus dem Kosovo aus. Daran können weder ich noch du etwas ändern.»
    «Doch, wenn wir die Wahrheit an die Öffentlichkeit bringen. Das heisst du, in deiner Funktion des Journalisten.»
    «Ich bin nicht Journalist.»
    «Dann halt Künstler oder so was.»
    «Ich bin Schriftsteller.»
    «Gut – Schriftsteller.»
    Ich schlug die Beine übereinander und lehnte mich zurück.
    «Was – bitte sehr – ist die Wahrheit?»
    «Der Mann legt ein falsches Zeugnis ab. Seine Aussage wurde erzwungen.»
    Ich schüttelte den Kopf. «Das ist doch Blödsinn …»
    Faruk nahm die Flasche wieder in die Hand.
    «Er sass zum Zeitpunkt der Tat bereits in Untersuchungshaft.»
    Für Sekunden verschlug es mir den Atem.
    «Woher willst du das wissen?»
    «Weil ich den Mann kenne. Ich hab mit seinem Bruder an derselben Fakultät studiert … Ich kann dir auch sagen, warum er sitzt.»
    Ich hielt seinem Blick stand.
    «Er hat von der Schweiz aus Waffen geliefert – eine Sendung an die UÇK .»
    Ich zerknautschte die Zigarette unter meiner Schuhsohle. Sah ganz danach aus, als wäre ich mitten in die Wirren des Balkans geraten. Um nicht in trübes Nachdenken zu verfallen, sagte ich: «Und weiter …»
    «Es wurde dem Mann Strafmilderung zugesichert, wenn er sich des Mordes an Slavkovi ć schuldig bekennt. Er hat das schriftlich von einem hohen Tier. Das hat er mir gesagt. Ich geh ihn wöchentlich besuchen, weisst du. Verständlicherweise wollte er mir den Namen nicht verraten.»
    Er kniff die Augen zusammen. «Du hast doch gesagt, Slavkovi ć stehe im Verdacht der Geldwäscherei?»
    «Exakt.»
    «Nun, es ist kein Geheimnis, dass Slavkovi ć Kredite an verschiedene Geschäftsleute vergeben hat – verstehst du, was ich meine?»
    Ich zog die Schultern hoch.
    «Ganz einfach. Wenn Slavkovi ć wegen Geldwäscherei vor Gericht steht und aussagt, hat das für all jene, die bei ihm einen Kredit aufgenommen haben, ernsthafte Konsequenzen.»
    Ich war aufgestanden.
    «Nehmt ihr auch noch eins?»
    Ich erntete grosse Augen, als ich drei volle Flaschen auf den Tisch stellte. Eilig machten sich Faruk und Petar daran, ihre halbleeren auszutrinken.
    Ich hatte inzwischen mit meinem Feuerzeug die Kronenkorken abgelöst und verteilte die Flaschen.
    «Wenn das stimmt, was du da erzählst, haben wir es mit einer verdammt komplizierten Sache zu tun.»
    Der erste Fahrer, der bisher am Herd gelehnt hatte, setzte sich rücklings auf einen Stuhl, den er zuvor um hundertachtzig Grad gedreht hatte. Ich liess meine Augen von ihm zu Petar gleiten.
    «Und was habt ihr damit zu tun?»
    Petar öffnete den Mund, aber Faruk kam ihm zuvor: «Sind Gelegenheitskriminelle, Auftragsverbrecher – eine Art Laufburschen der vollgefressenen Geldsäcke.»
    Petar setzte sich zur Wehr: «Fuck, er hat mich gefragt, also lass auch mich antworten!»
    Faruks Augen blitzten

Weitere Kostenlose Bücher