Durst: Thriller (German Edition)
Lavazza-Pads. Er ließ sie zweimal leer durchlaufen, den dritten Kaffee trank er dann.
Anschließend rief er einen der Soldaten vor Ort an. » Ich möchte die Wohnung dieses Journalisten sehen. «
» Tagsüber ist es nicht leicht, da reinzukommen. «
» Gib mir die Adresse, du Volltrottel. «
Bis zum Einkaufszentrum Shopping Leblon ging er zu Fuß, dann nahm er ein Taxi nach Copacabana. Vor dem weißen Gebäude, in dem Carlo wohnte, blieb Bruno ein paar Sekunden stehen. Ein schneller Blick nach links und nach rechts, dann ging er einmal um den Block herum und sah, dass man das Gebäude auch durch einen Seiteneingang betreten konnte. Mittlerweile waren zwei Typen aufgetaucht, die aussahen, als wären sie einer Episode von Baretta entsprungen– der amerikanischen Detektivserie, die er als kleiner Junge immer gesehen hatte, wenn ihm in dem großen Haus in Morumbi die Decke auf den Kopf gefallen war.
» Ihr behaltet diesen Schwachkopf von Pförtner im Auge, ich gehe durch den Seiteneingang rein. In welchem Stock ist die Wohnung? «
» Im fünften « , sagte einer der beiden. » Die Tür ist aus den Angeln gesprungen. «
Bruno lächelte und machte sich auf den Weg.
Auf dem Treppenabsatz stank es nach billigem Bohnerwachs. Bruno verzog angeekelt das Gesicht. Die Wohnungstür war geschlossen, aber man sah deutlich die Spuren des Brecheisens. Als Bruno gegen die Tür drückte, öffnete sie sich.
Er ist so überstürzt aufgebrochen, dachte Bruno, er muss einfach irgendwelche Spuren hinterlassen haben.
Im Schlafzimmer fing er an. Die Läden waren geschlossen. Viel Licht kam nicht herein, aber es genügte, um sich einen Eindruck zu verschaffen. Dieser Hungerleider schlief auf einem Holzgestell zu ebener Erde. Das Bett war nicht gemacht, die Laken zu einem orangefarbenen Knäuel verschlungen. Im Wandschrank befanden sich ein paar muffige Kleidungsstücke, außerdem ein Schubladenelement mit persönlichen Dokumenten, Fotokopien und nutzlosem Zeug. Unerträglicher Schnickschnack, das alles. Bruno betrachtete sich im Spiegel. Er suchte nach Anzeichen von Müdigkeit unter seinen hellen Augen, fand aber keine.
Nun ging er in die beengte Küche. Der Herd war mit Kaffee verkrustet. Bruno öffnete die Hängeschränke und schaute in die Schubladen. Nichts zu sehen. Ins Bad warf er nur einen kurzen Blick: Es war ein winziger, fensterloser Raum mit einer elektrischen Dusche und feuchten Wänden.
Im Wohnzimmer, das durchaus geräumig war, brauchte er etwas länger. Aus zwei quadratischen Fenstern fielen dünne Sonnenstrahlen in den Raum. Das Sofa war mit einem blauen Tuch bedeckt, und der lange Schreibtisch diente vermutlich auch als Esstisch. Unter dem Tisch stand ein Schubladenschrank aus schwarzem Plastik. Exzellenter Geschmack, da gibt es nichts, dachte Bruno.
Er setzte sich an den Schreibtisch und begann, die Papierberge dort zu durchforsten. Notizblöcke, Kladden, verschiedene alte Terminkalender, die ebenfalls als Notizhefte benutzt wurden, dann stapelweise verstaubte Zeitschriften. Langsam studierte er Blatt für Blatt und schob alles beiseite, was offensichtlich aus älteren Zeiten stammte. Nach einer guten halben Stunde konzentrierte er sich auf ein grünes Schulheft mit Schreiblinien. Es enthielt Notizen zu jüngeren Artikeln, und Bruno wurde das Gefühl nicht los, dass dieser Typ sich nicht überarbeitete. Etwas Interessantes fand er jedenfalls nicht.
Er schaute sich um und schnaubte. Allmählich bekam er Platzangst. Wie konnte man nur in einem solchen Loch leben? Er musste an ein Büchlein denken, in dem die Methoden der Stasi beschrieben wurden. An einer Stelle wurde betont, wie wichtig es sei, immer auch in den Müll zu schauen, besonders wenn jemand eine Wohnung überstürzt verlassen hatte. Das war ihm wieder eingefallen, als er zufällig entdeckt hatte, dass aus dem grünen Heft zwei Seiten herausgerissen worden waren. Bruno stand auf und schaute sich um. Im Wohnzimmer gab es keinen Papierkorb. Er ging in die Küche und öffnete die Tür unter der Spüle. Im Mülleimer lagen nur faules Obst und ein paar Bananenschalen, und es wimmelte von Fliegen.
Bruno packte der Ekel. Er nahm einen Kochlöffel und wühlte im Abfall herum. Nichts. Da er auf einmal dringend pinkeln musste, ging er ins Bad. Mit einem Stück Klopapier griff er nach der Klobrille und klappte sie hoch. Beim Pinkeln fiel sein Blick plötzlich auf einen Eimer. Als er ihn öffnete, schlug ihm der Gestank von Erbrochenem entgegen.
Er ging in die
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