Durst: Thriller (German Edition)
und Ganzen ja. Man hat allerdings neue Verfahren benutzt– avantgardistische, könnte man sagen–, die an unserem Institut entwickelt wurden. Sonst hätten wir die Konkurrenz niemals ausstechen können. Es war ein lukrativer Auftrag. «
» Was für Verfahren? «
Barcellos bemühte sich nicht, seinen Unmut zu verhehlen. » Mehr kann ich dazu nicht sagen, Matheus. Manche Tests laufen noch. Du wirst aber zu gegebener Zeit davon hören. «
Der Professor machte eine Pause, als würde er seine Worte genau abwägen. » In welchem Maße bist du in diese Geschichte involviert? «
» Ich schätze meine Kollegin und wollte einfach mehr über die Sache erfahren. «
Barcellos erhob sich nun. Er lächelte, aber es war ein angespanntes Lächeln. » War sehr schön, dich wiederzusehen, mein Lieber, aber wenn du nicht noch mehr Fragen hast, müssen wir langsam zum Schluss kommen. «
Matheus stand ebenfalls auf. Er überragte seinen Professor deutlich.
Als er durch den Flur eilte, hatte er das Gefühl, dass er unbedingt mit Sarah Clarice reden sollte.
Vom Hotel aus rief er bei Health Scanner an, aber ein Kollege teilte ihm mit, dass Sarah Clarice am Nachmittag nicht ins Büro gekommen sei. Er versuchte es auf ihrem Handy, aber der Teilnehmer war nicht erreichbar. Wo zum Teufel steckte sie bloß?
Als er die Augen öffnete, saß Cássia auf der Bettkante und hatte ihr Handy am Ohr. Sie sprach mit jemandem von ihrer Kanzlei in São Paulo. Matheus war einfach umgefallen vor Müdigkeit. Die Mittagszeit musste schon eine Weile vorbei sein, denn durch die Fenstertür fiel das Licht des späten Nachmittags. Die blauen Läden waren schwarz geworden, und über die weißen Wände zogen sich lange rötliche Schatten.
» Du hast geschlafen wie ein Stein, Liebling. «
» Tja… Wie geht’s? Ist dein Treffen gut gelaufen? «
» Großartig. Es war gut, dass ich hergekommen bin. Der Mandant ist sehr wichtig für uns, aber mindestens ebenso faul… «
Er kannte Cássia. In diesem Moment war sie ein Ausbund an Glückseligkeit. Ihr Gesicht mit der außergewöhnlich hellen Haut leuchtete förmlich. Tiefschwarze Augen. Lange, glatte Haare von einem Schwarz, das mit einem breiten Pinsel gezogen schien. Seidenbluse und elegante Hose. Sie küsste ihn. » Doch, wirklich: Gut, dass ich hergekommen bin. «
» Bist du müde? Möchtest du dich ein wenig ausruhen? «
» Ehrlich gesagt hab ich eher Hunger. «
» Wie spät ist es denn? «
Sie aktivierte das Licht am Display ihres Handys. » Fast sechs. «
» Ich spring schnell unter die Dusche, dann können wir los. «
» Lass mich zuerst duschen, ich bin fix und fertig. Ich habe übrigens schon im Rio Vermelho reserviert. Wir könnten am Meer spazieren gehen, dann einen Caipirinha trinken und zum Abschluss etwas essen, was hältst du davon? «
Matheus hatte gar nicht zugehört.
» Matty? «
» Ja sicher, großartig. «
Cássia lächelte. Dann zog sie sich aus und verschwand im Bad.
Matheus blieb liegen und starrte an die Decke. Plötzlich war ihm eingefallen, was genau in Barcellos’ Büro seine Aufmerksamkeit erregt hatte. Es war die Post gewesen, die die Sekretärin hereingebracht hatte. Ein unscheinbarer weißer Briefumschlag hatte den Absender › Miller-Johannsen ‹ getragen.
Bis vor einer Woche hatte Matheus von diesem Konzern noch nie etwas gehört, und jetzt stolperte er innerhalb weniger Tage gleich zweimal darüber. Seine Gedanken wanderten zu Sarah Clarice. Wo mochte sie nur abgeblieben sein? Die Badezimmertür öffnete sich, und Cássia stand nackt und tropfend im Türrahmen.
Matheus stützte sich auf die Ellbogen. » Komm her. «
Im Nu war sie im Bett. Er zog sie an sich und drückte ihr einen Kuss ins Haar.
Sie musterte ihn. » Ehrlich gesagt habe ich mich gewundert, dass du meine Einladung so ohne weiteres angenommen hast. Eigentlich war ich sogar überzeugt davon, dass du mich versetzen würdest. Hat irgendjemand oder irgendetwas deine Entscheidung beeinflusst? Musstest du dich mit jemandem treffen? «
» Ja. Ich war bei Barcellos. «
Cássia runzelte die Stirn. » Barcellos? Deinem Professor? Warum? «
» Das hat mit dieser Geschichte in Juazeiro zu tun… «
» Du hast mir noch gar nichts über diese Geschichte erzählt, aber irgendwie wirkst du beunruhigt. «
Er schwieg einen Moment und legte seine Hand auf ihren nackten Rücken. Ihre Haut war warm. » Nein. Es gibt da nur ein paar Dinge, die abgeklärt werden müssen. Jetzt möchte ich aber nicht mehr daran
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