Durst: Thriller (German Edition)
mir. Ich möchte sicher sein, dass ich mein Geld gut angelegt habe. Danach lassen wir es uns dann schmecken. «
Der Anwalt nahm sein Köfferchen und öffnete es. Er zog einen braunen Umschlag heraus und reichte ihn Johannsen. Der warf schnell einen Blick auf die Bilder– insgesamt etwa zehn Fotos im Format zwanzig mal fünfzehn.
» Ein ganz schönes Schwein, was? «
» Da kann ich nicht widersprechen. «
» Ich hatte ihn mir allerdings älter vorgestellt. Das ist ja noch ein junger Mann. «
» In der Tat– ein ziemlich sturer junger Mann sogar. «
Johannsen wischte sich die Brotkrümel von den Lippen. » Irgendwie will es mir nicht in den Kopf, dass die Entwicklung unseres Landes in den Händen solcher Sowjetbürokraten liegt… «
Der Sommelier kam mit der Weinflasche, und Johannsen reichte dem Anwalt den Umschlag in aller Ruhe zurück.
Der Wein war exzellent. Bald darauf brachte der Kellner die Vorspeisen: hausgemachte Tagliolini mit schwarzem Trüffel für Johannsen und Krabbenravioli im Spargelsud für Antônio Netto.
» Guten Appetit « , wünschte der Anwalt seinem Arbeitgeber.
Der Tisch stand in gebührendem Abstand zu Johannsens Bauch. Um essen zu können, musste sich der Unternehmer zu seinem Teller vorbeugen.
» Wir haben Glück gehabt, Doktor, wenn Sie mir diese Bemerkung gestatten. Es hätte sich ja auch um einen dieser blassen Funktionäre handeln können, die nur Büro, Kirche und ihr Eigenheim im Kopf haben. «
Johannsen schlürfte eine Nudel und wischte die winzigen Trüffelstücke, die auf dem Teller liegen geblieben waren, mit Brot auf. Dann fixierte er seinen Mitarbeiter.
» Ohne Glück kann man im Leben nicht einmal eine Straße überqueren. «
Der Anwalt lächelte, kommentierte das aber nicht und widmete sich wieder seinen Ravioli.
8
Der schwarze Mercedes A300 schob sich nervenzermürbend langsam durch die Avenida Consolação in Richtung Zentrum. Am Steuer saß ein beleibter Mann mit einem runden Gesicht. Er hatte die Augen zusammengekniffen.
» Fahr dem Motorrad weiter hinterher. «
» Natürlich, Senhor. «
Auf dem Rücksitz saß ein Mann um die dreißig. Seine Augen waren so durchscheinend, als wären sie aus Glas. Seine Anweisungen erteilte er leise.
» Ein bisschen mehr Abstand bitte. «
» Ja, Senhor. «
Kurzes Schweigen.
» Müssen wir heute wieder mit Regen rechnen? «
» Das weiß ich nicht, Senhor. «
» Wer weiß das schon. «
Die Distanz zu dem Motorrad vergrößerte sich.
» Wir dürfen es auf gar keinen Fall verlieren. «
» Ja, Senhor. Bei diesem Verkehr ist das allerdings nicht ganz einfach. «
» Du darfst es nicht aus dem Blick verlieren, hörst du? «
» Nein, Senhor. «
Der Chauffeur trat aufs Gaspedal und drängelte sich rücksichtslos zwischen die anderen Autos. Das Motorrad hielt an einer Ampel. Was sie wieder in seine Nähe brachte.
» Wenn es regnet, werde ich vermutlich keine Lust haben, auswärts zu essen. «
Der Chauffeur schwieg.
Der junge Mann beobachtete die Straße hinter dem Wagenfenster und trommelte mit dem Finger gegen die Tür.
Die Ampel schaltete auf Grün. Sie fuhren die Consolação bis zum Ende durch, dann nahm das Motorrad die São Luís und hielt in der Nähe der Álvaro de Carvalho an.
» Fahr rechts ran. «
» Ja, Senhor. «
Der junge Mann kniff die Augen zusammen.
» Und was jetzt? « , fragte der Chauffeur vorsichtig.
» Du rührst dich nicht vom Fleck. «
» Nein, Senhor. «
Der Motorradbote holte eine Tüte aus der Gepäcktasche und klopfte an die Tür der billigen Absteige. Sekunden später trat er ein.
Der Mann im Mercedes behielt die Tür im Auge.
Nach einiger Zeit kam der Bote wieder heraus. Er stieg auf sein Motorrad und fuhr fort.
» Soll ich ihm folgen? «
» Nein, du rührst dich nicht vom Fleck. «
Der Chauffeur sagte nichts und schaute in den Seitenspiegel. Die Autofahrer hinter ihm wurden allmählich nervös und fingen an zu hupen.
» Ich möchte sein Gesicht sehen. Solange ich ihm nicht in die Augen geschaut habe, weiß ich nicht, ob ich ihm trauen kann. «
» Ja, Senhor. «
Sie mussten ungefähr zehn Minuten warten, bis ein kräftiger Mann mit einem melierten Kinnbart unter den zusammengekniffenen Lippen aus der Hoteltür trat. Er trug ein enges schwarzes T-Shirt. An seinem rechten Unterarm war deutlich eine langgezogene Tätowierung zu erkennen.
Dem Mann im Mercedes war das nicht entgangen. Skeptisch kniff er die Augen zusammen. » Was ist denn das für ein Scheiß? Eine Schlange?
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