Durst: Thriller (German Edition)
wurde laut und erklärte, dass es vollkommen ungewöhnlich sei, dass Nelson so lange nichts von sich hören ließe. Sie forderte, dass sofort Maßnahmen ergriffen würden. Sandra Bittencourt sei nicht irgendjemand, ließ Araujo durchblicken, und so hätten sich ein paar Mannschaften auf die Suche begeben. Allerdings sei es Nacht gewesen, und die Aktion habe zu gar nichts geführt. Sonntagmorgen um sieben stand Sandra vor der Kaserne von Juazeiro und drohte, sich direkt an den Gouverneur von Bahia zu wenden, wenn nicht binnen fünf Minuten eine umfassende Suchaktion eingeleitet würde. Daraufhin fuhr sofort das halbe Polizeiwagenkontingent von Juazeiro los. Nelson Braga und sein auberginefarbener Passat fielen auf, und so würde es nicht schwierig sein, jemanden zu finden, der etwas wusste, sagten sich die Beamten. Kurz nach Mittag erhielten sie dann einen Anruf: Ein ehemaliger Staudammarbeiter berichtete, dass an einer nicht asphaltierten Straße kurz vor Sobradinho ein auberginefarbener Passat parke.
» Warum hat dieser Typ die Polizei angerufen? Das ist doch merkwürdig. «
» Nein « , antwortete Araujo. » Als die Männer von der Zivilpolizei dort ankamen, fiel ihnen auf, dass der Wagen Ihres Bruders fast die Einfahrt zum Grundstück des Anrufers versperrte. « Araujo schnaufte wegen der Hitze und redete dann schleppend weiter. » Der Typ erklärte, dass der Wagen bereits am späten Samstagnachmittag dort gestanden habe. Als er ihn Sonntagmorgen immer noch dort stehen sah, gab er Bescheid. Die Türen waren offen, wie sich herausstellte, aber es waren keine Blutspuren zu sehen. Das deutet darauf hin, dass Ihr Bruder ihn selbst dort abgestellt haben könnte. «
» Ausgeschlossen « , sagte Matheus. » Wo ist der Wagen jetzt? «
» Die Zivilpolizei hat ihn mit nach Sobradinho genommen. Für gewöhnlich ist das ja eine Geisterstadt, aber in diesen Tagen herrscht dort ein unglaubliches Chaos… wegen des Hungerstreiks von diesem kommunistischen Priester. «
Sarah Clarice lächelte unmerklich. » Sie meinen Dom Cappio? «
» Genau den « , sagte Araujo, ohne zu lächeln. » Er veranstaltet ein unglaubliches Theater, für nichts und wieder nichts. «
» Das sagen Sie. «
Araujo starrte sie an. » Das sage ich, klar. «
» Und was geschieht nun? « , unterbrach Matheus das Geplänkel.
Araujo zündete sich eine Zigarette an und ließ sich gegen die Rückenlehne sinken. » Wir stellen weitere Nachforschungen an. Aber ich sag’s noch einmal: Das Kommando haben die in Sobradinho, die Zivilen. Ich rate Ihnen, mit denen zu reden, dann können Sie sich auch den Wagen anschauen. Madame Bittencourt hat das Sonntag auch schon getan. Eine große Hilfe war es uns allerdings nicht. «
Nachdem sie die Kaserne verlassen hatten, ließen sich Sarah Clarice und Matheus von einem Taxi zu Sandra bringen. Matheus fand seine Schwägerin in tiefer Sorge vor; sie versuchte jedoch, eine gewisse Fassung zu bewahren. Sie bat die beiden ins Wohnzimmer und trug Marilena auf, etwas zu essen zu machen.
» Ich habe schon drei Tage kaum mehr etwas angerührt « , sagte sie. » Aber ihr müsst hungrig sein. «
Matheus nahm ihre Hand. » Du wirst sehen, dass es eine Erklärung gibt. Es gibt immer eine Erklärung. So wie er verschwunden ist, wird er auch wieder auftauchen. «
Sandra hatte ihr Haar mit einem Gummiband zu einem Zopf zusammengebunden, und über ihr bleiches Gesicht schien sich ein grauer Schleier zu ziehen. Ihre Augen waren verquollen. » Ich begreife nicht, was da geschehen sein könnte. «
» Ist es denkbar, dass irgendjemand Nelson etwas antun wollte? « , fragte Sarah Clarice.
Sandra schaute sie traurig an. » Er ist gelegentlich dem einen oder anderen auf die Füße getreten mit seinen Aktivitäten, aber das war doch nichts Dramatisches. Eigentlich ist Nelson eine hochgeachtete Person. Alle in der Gegend kennen ihn. Es scheint mir vollkommen ausgeschlossen, dass irgendjemand ihm etwas antun will. «
Sarah Clarice zögerte einen Moment, dann fragte sie: » Wurde die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass er entführt wurde, um Lösegeld zu erpressen? «
» Sicher « , sagte Sandra. » Es ist ja kein Geheimnis, dass wir von meiner Seite her nicht gerade arm sind. Bislang haben wir aber keine Lösegeldforderungen erhalten. Außerdem sagt die Polizei, dass es diese Art von Entführung hier praktisch nicht gibt. Und ich bin sicher nicht die Einzige mit einer Fazenda dieser Größe. «
Die beiden Gäste schwiegen. Sarah
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