Durst: Thriller (German Edition)
Rhythmus hin und her wogte. Die Bar war der Hafen, in den immer wieder interessante Schiffe einliefen. Auf dem Tresen hinter Bruno stand der Sektkübel mit den zwei eisgekühlten Flaschen Taittinger Nocturne.
Bruno begann, das Terrain zu sondieren.
Gegen zwei Uhr nachts betrat er mit drei jungen Frauen den VIP -Salon. Blutrotes Ledersofa und mehrere Bodenkissen, die um einen Tisch mit Zebrastreifen herumgruppiert waren. Sie tranken drei Flaschen Champagner. Bruno hing schräg auf dem Sofa und bat die Mädchen, für ihn zu tanzen. Im gedämpften Licht der Spots verschwammen sie zu bewegten Schatten. Um vier verließ Bruno Johannsen das Magnetic, an seiner Seite eine wunderschöne Gestalt mit langem schwarzem Haar. Sie war fast schon beängstigend dünn.
9
Oberst Jorge Araujo von der Militärpolizei von Bahia rief nach seinem Untergebenen und befahl ihm, die Klimaanlage einzustellen, da sie zur Abwechslung mal wieder nicht kühlte, sondern nur eiskaltes Kondenswasser von der Decke herabtropfen ließ.
Sein Büro war ein graues Loch mit einem einzigen quadratischen Fensterchen auf einen Parkplatz hinaus. Die Temperaturen dort stiegen auf vierzig Grad an.
» Sieh zu, dass du dieses Scheißding zum Laufen bringst. «
» Ja, Herr Oberst. «
Araujo war ein Mann unbestimmten Alters irgendwo zwischen vierzig und sechzig. Betrachtete man ihn allerdings genauer, sah man, dass er wahrscheinlich noch nicht einmal fünfzig war. Gewaltige Mengen an Fleisch, Zigaretten, Bier und kohlesäurehaltigen Getränken hatten seinen Körper wie ein Schlauchboot aufgeblasen und die feinen Züge des einst vermutlich hübschen Mannes aus seinem Gesicht ausgelöscht.
Ein Unteroffizier trat ein und teilte ihm mit, dass da eine Frau und ein Mann seien, die ihn dringend sprechen wollten.
Araujo fuhr sich mit der Hand über die verschwitzte Stirn.
» Und wer soll das sein? «
» Das weiß ich nicht, Herr Oberst. «
» Okay, lass sie in zwei Minuten rein. «
Er erhob sich und zog sein khakifarbenes Hemd zurecht. An diesem Morgen hatte er sich nicht rasiert. Wenn er direkt von Rosa kam, der Maniküre seiner Frau und seiner derzeitigen Geliebten, dann rasierte er sich nie. Normalerweise holte er das in der Kaserne nach, aber heute hatte er es einfach vergessen– warum auch immer. Als er sich wieder setzte, klopfte es.
» Ja bitte « , knurrte er.
Erst trat Sarah Clarice ein, dann Matheus.
» Oberst Araujo? «
Er musterte die beiden misstrauisch. » Was wünschen Sie? «
Matheus war an der Tür stehen geblieben und schaute sich um. Sarah Clarice wartete, dass ihr der Mann einen Platz anbot, aber der Oberst dachte gar nicht daran.
Sie trat an den Schreibtisch. » Sind Sie verantwortlich für die Ermittlungen zum Verschwinden von Nelson Braga? «
» Und Sie, wer sind Sie? « , fragte Araujo, ohne aufzustehen.
» Ich bin eine Mitarbeiterin von Doktor Braga, und dies hier ist sein Bruder, Matheus Braga. «
Araujo blickte Matheus an, dann erhob er sich.
» Können Sie sich ausweisen? «
Matheus trat näher und zeigte seinen Personalausweis vor.
Araujo nahm wieder Platz. » Bitte, setzen Sie sich. Sie müssen die Hitze entschuldigen, aber es gibt Probleme mit der Klimaanlage. «
» Kein Problem « , sagte Sarah Clarice trocken.
Matheus ließ den Blick auf Araujo ruhen. » Wir würden gerne wissen, an welchem Punkt Sie mit den Ermittlungen stehen. «
» An einem guten Punkt « , antwortete der Oberst und wischte sich mit einem weißen Taschentuch die Stirn ab. » Wir sind dabei, Schritt für Schritt die Gegend zu durchkämmen. Früher oder später werden wir Ihren Bruder schon finden. Ich muss Sie aber davon in Kenntnis setzen, dass die Ermittlungen nicht von uns geleitet werden, sondern von der Zivilpolizei von Sobradinho. «
Matheus wollte etwas sagen, aber Sarah Clarice kam ihm zuvor. » Was heißt das? Und was macht das für einen Unterschied? «
» Theoretisch keinen. Allerdings bin ich nicht der Verantwortliche in diesem Fall. «
» Wer hat denn den Wagen meines Bruders gefunden? «
» Die. «
» Aha « , sagte Matheus.
Nun schilderte der Oberst die Ereignisse der letzten Tage: Samstagabend gegen neun bekam die Militärpolizei von Juazeiro einen Anruf von Sandra Bittencourt, die besorgt war, weil sie seit dem Morgen nichts mehr von ihrem Mann gehört hatte. Für einen solchen Fall gebe es eine klare Regelung, teilte man ihr mit: Eine Vermisstenanzeige könne man frühestens nach vierundzwanzig Stunden aufgeben. Sandra
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