Durst: Thriller (German Edition)
warum? « , fragte der Anwalt. » Wissen Sie das? «
» Der Typ ist ein Idiot « , erklärte der Bärtige mit einer verächtlichen Grimasse.
» So einfach ist das nicht. « Natália Moraes legte die Fingerspitzen auf eine Weise zusammen, dass ihre Hände die Umrisse eines Herzens bildeten. » Es gibt schon einen guten Grund, denke ich. «
Es war klar, dass Bidaqui diesen Grund kannte, aber er überließ die Erläuterungen lieber seiner Spionin im Innern der Kommission für Biosicherheit. Den Kopf nach vorne geneigt, beobachtete er Netto aufmerksam.
» Ich bin ganz Ohr « , ermunterte Netto die Frau.
» Der ein oder andere der Anwesenden wird sich vielleicht noch daran erinnern, dass Brasilien einen Präsidenten namens Fernando Henrique Cardoso hatte… «
» Ich erinnere mich nicht daran « , sagte der Typ von der Ibama mit einem sanften Lächeln.
Allgemeines Gelächter. Selbst Bidaqui lachte, was nicht oft vorkam.
» Auch ich habe Schwierigkeiten, mich an einen Fernando Henrique, wie hieß er noch gleich– Cardoofo?–, zu erinnern « , murmelte der Bärtige und setzte eine metallicblaue Brille auf.
» Ich weiß, ich weiß « , sagte Natália. » Man vergisst das leicht, aber vor Lula hatte Brasilien auch noch andere Präsidenten… «
Wieder lachten alle schallend. Netto auch. Er hatte ein Faible für sympathische Frauen.
» Aber Spaß beiseite, erinnern sich die Herren noch daran, was der Lieblingssport von Fernando Henrique Cardoso war? «
» Außer Reisen und gutem Essen? «
» Ja. «
» Das staatliche Tafelsilber privatisieren « , sagte jemand.
» Sehr gut « , sagte Natália und bat um Ruhe, da alle plötzlich durcheinanderredeten. » Weiß noch jemand, dass Cardoso ein Unternehmen namens Vale do Rio Doce privatisiert hat? «
» Wie sollte man das je vergessen können? « Den Anwesenden gefiel die Wende ins Komische, die das Treffen nahm.
» Das neue Unternehmen geriet in die Hände von Banken, Investmentfonds und ein paar privaten Finanzriesen. Wer hat alles ein Stück von Vale gekauft? Erinnern Sie sich? «
Jetzt herrschte eisiges Schweigen.
Bidaqui durchbrach es. » Miller-Johannsen. «
Natália nickte. » Damals galt es als höchstes Ziel, die morschen Äste aus Staatsunternehmenszeiten zu kappen, was ja auch prompt geschah, wenn Firmen dieser Größe an Private übergingen. «
Netto hielt unbeirrt an seiner Miene naiver Neugier fest.
» Einige der logistischen Bereiche des neuen Unternehmens wurden der direkten Kontrolle von Miller-Johannsen unterstellt, darunter ein ziemlich großes Chemieunternehmen in Belo Horizonte, das Lösemittel für Metalle oder so produziert… genau kann ich es aus dem Stegreif jetzt nicht sagen. Es handelte sich um ein gesundes Unternehmen mit Potenzial, vor allem was das Know-how angeht. « Natália machte eine Kunstpause. » Was glauben Sie, wie der Geschäftsführer hieß? «
Antônio Netto beobachtete Natália, seine fantastischen vollen Lippen leicht geöffnet.
» Der Geschäftsführer hieß Fernando Lemsky Soares. «
Der Bärtige nahm die Brille wieder ab. » Wahnsinn. «
Bidaqui lächelte.
Antônio Netto fragte: » Okay, und dann? «
Natália erhob sich von ihrem Stuhl. Sie trug ein ziemlich knappes weißes Jäckchen über dem üppigen Busen, eine enge Jeans und hohe Absätze.
» Und dann? Ein paar Wochen nach dem Kauf hat Miller-Johannsen ihm fristlos gekündigt und ihn zusammen mit anderen Führungskräften auf die Straße gesetzt. Deshalb versucht Lemsky jetzt mit allen Mitteln, den Narcissus zu verhindern. «
» Eine Kleinigkeit würde mich aber doch noch interessieren « , erklärte der Anwalt. » Woher zum Teufel weiß Lemsky Soares, dass hinter der Been International Miller-Johannsen steht? «
» Das kann ich Ihnen nicht sagen « , antwortete Bidaqui. » Extrem rätselhaft ist das allerdings nicht. Lemsky Soares ist ein alter Fuchs. Er hat seine Quellen. «
Netto schwieg und machte sich seine Gedanken.
» Das Problem besteht nun darin « , setzte Bidaqui wieder an, » dass morgen die Plenarsitzung der Kommission stattfindet und wir sämtliche Munition verschossen haben. Deswegen haben wir Sie auch so dringend herbestellt, Herr Anwalt. Die anwesenden Herrschaften unternehmen alles, was in ihrer Macht steht, aber wie Natália schon sagte: Die Situation scheint verfahren. Weiß der Teufel, was Lemsky Soares diesen Leuten versprochen hat, aber man darf es offensichtlich nicht unterschätzen. Vielleicht hat man zentnerweise Lizenzen
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