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Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Titel: Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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Regen lässt nach. Hört auf. Er steht auf, macht die Zeltklappe auf und guckt zum Himmel.
    »Es ist fast Morgen«, sagt er. »Ich würde dir gern etwas zeigen. Wirst du mitkommen?«
    »Was denn?«
    Er nimmt eine brennende Laterne.
    »Etwas Wunderbares.« Er sieht, dass ich zöger. »Musst du irgendwohin?«
    Sie werden alle auf mich warten. Werden wütend sein auf mich wegen Jack, mir vorwerfen, dass er Emmi mitgenommen hat, erwarten, dass ich das wieder in Ordnung bring. Ich kann ihnen nicht gegenübertreten. Ich kann von diesem Gefühl, dass ich immer im Unrecht bin, nicht noch mehr ertragen. Immer irre ich mich in allem. Hass auf Jack brennt in meinen Eingeweiden.
    »Saba«, sagt DeMalo. »Wirst du irgendwo erwartet?«
    »Nein.« Ich trink den Wein aus, knall das Glas auf den Tisch und steh auf. »Gehen wir und gucken uns dieses wunderbare Ding an. Oh!« Ich zupf am Hemd. »Ich zieh besser meine Sachen wieder an.«
    »Sie sind noch nass. Schau in die Truhe. Ich warte draußen.«
    In der Truhe sind nur drei Sachen: ein grünes Kleid, Frauenuntersachen und ein gutes Paar Schweinslederstiefel. Passen besser zu Molly als zu mir. Ich hab noch nie im Leben ein Kleid getragen. Was will er mit so was? Ich guck nach meinen eigenen Sachen. Er hat recht, es ist alles noch triefnass. Nero schläft in seiner kleinen Kiste am Feuer. Leise fluchend zieh ich das Kleid an und kämpf mit den Knöpfen, mit denen man es vorn zumacht. Den nagenden Gedanken an Emmi verdräng ich. Ich zieh die Stiefel an und schlüpf nach draußen in die kühle Morgenluft.
    Die Welt ist bleich und ein bisschen rosig. Es wird bald hell. DeMalo wartet. Der Falke Culan sitzt in der Nähe auf einem Baum. Er dreht mir seine grimmigen gelben Augen zu und plustert sich auf. DeMalo guckt mich an in dem Kleid. »Es passt dir gut.«
    Das sagt er so, als hätte er’s gewusst.
    »Nero schläft«, sag ich, »ich –«
    »Wir bleiben nicht lange weg«, sagt DeMalo. »Er wird dich gar nicht vermissen. Komm, wir müssen uns beeilen.«

    I ch folge ihm aus dem Wald raus, über einen klaren Bach und eine üppige Wiese, die noch feucht vom Regen ist. DeMalo guckt immer wieder zum Himmel und treibt uns an.
    »Das ist gutes Land«, sag ich. »Ich hab noch nie schöneres gesehen.«
    »Das ist New Eden«, sagt er.
    Wir kommen zu einem kleinen, mit Brombeerbüschen bewachsenen Hügel. Die Luft ist schwer vom süßen Versprechen reifer Früchte. In den Hügel ist eine rostige Metalltür eingelassen, da, wo die Büsche nicht ganz so dicht stehen. Die Tür ist auf.
    »Da sind wir«, sagt DeMalo. »Die Brüder werden dich hineinführen.«
    »Was –?« Ich wirbel rum. Aus dem Nichts sind plötzlich zwei Tonton bei uns. »Du hast gesagt, du bist allein! Was soll das?«
    Die beiden Männer beugen die Köpfe und legen die Faust aufs Herz. Einer trägt eine Laterne.
    »Es sind alle da, Herr«, sagt er.
    »Was soll das werden?«, frag ich.
    »Dir wird nichts geschehen, das verspreche ich«, sagt DeMalo. »Sie sind deine Begleitung, das ist alles. Ich bin gleich wieder bei dir.« Er hält den Männern die Hände hin. Sie nehmen sie eifrig. »Sie ist ein Ehrengast«, sagt er. »Danke, Brüder.« Er lächelt, nickt, verschwindet um den Hügel rum und ist nicht mehr zu sehen.
    Wir starren uns an, die zwei Tonton und ich. Ich. Zwei Tonton. Ich bleib wachsam, sehr wachsam, vorsichtshalber. Der mit der Laterne lächelt und beugt den Kopf. »Folg mir«, sagt er. Er geht durch die Tür. Ich zögere. »Bitte«, sagt der Zweite. »Wir dürfen nicht zu spät kommen.«
    Ich geh durch die Tür, und er macht sie hinter mir zu. Vor mir leuchtet uns der erste Tonton durch die pechschwarze Dunkelheit. Wir gehen ein paar Stufen runter, unter die Erde. Es riecht trocken. Muffig. Dichte, erdige Stille schließt uns ein. Ich hasse es, unter der Erde zu sein, eingeschlossen. Auf der Stirn bricht mir der Schweiß aus. Der Tonton führt uns durch ein schmales Zimmer mit breiten Brettern, die in die Wände eingebaut sind, wie Schlafkojen. Wir gehen durch eine Tür und in einen anderen Raum, dann in noch einen anderen, aber die sind leer.
    »Was ist das alles?«, frag ich.
    »Ein Bunker«, sagt der Tonton hinter mir. »Aus der Abwrackerzeit. Hier drin waren zehn von denen, als der Wegbereiter zum ersten Mal hierhergekommen ist. Zehn Skelette mein ich. Er sagt, das wär ihr Versteck gewesen.«
    »Wovor haben sie sich versteckt?«
    »Wer weiß?«, sagt er. »Krieg, Seuchen, irgendein Unheil.«
    Jetzt müssten

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