Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Titel: Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
Vom Netzwerk:
Maev.

Resurrection
    W ir fahren auf einen großen offenen Innenhof mit einem sauber gefegten Boden aus festgetrampelter Erde. Er wird von Fackeln erleuchtet. Eine ganze Menge Tonton sind da unterwegs. An einer Seite übt ein kleiner Trupp, sie dehnen, stoßen zu und drehen sich, immer alle zusammen. Anmutig, eine Bewegung geht in die nächste über. Keiner von ihnen ist Jack. An einem Galgen genau in der Mitte vom Hof bleiben wir stehen. Zwei Tonton hängen dran, immer noch in ihren schwarzen Gewändern. Ihr Fleisch verwest nicht, es wird gefressen. Von Vögeln, Insekten, Ratten. Der Gestank ist grausig. Keiner von beiden ist Jack. Mehr kann ich so schnell nicht sehen.
    Schon rennen ungefähr acht Tonton auf uns zu. Zwei packen Teds Kopf, damit er stehen bleibt, die anderen drängen sich hinten um den Wagen, und dann verschwimmt alles zu einem einzigen Durcheinander, und in mir drin flackert die rote Hitze hell auf, als sie die Rückwand runterklappen und Maev und mich rausziehen. Creed, Lugh und Tommo springen zu Boden.
    Der Befehlshaber grüßt: »Lang lebe der Wegbereiter!«
    Unsere Jungs tun dasselbe. Gucken den Befehlshaber an. Spielen die treuen Tonton. Der Befehlshaber lächelt. Er hat schiefe Zähne, und seine dünnen blonden Haare haben sich schon weit aus der Stirn zurückgezogen.
    »Gute Arbeit, Bruder«, sagt er zu Creed. »Ich bring sie gleich zum Wegbereiter.« Der kalte Schweiß bricht mir aus. Einer der Wachmänner übergibt ihm das Ende von meinem Seil.
    »Aber Sir, wir haben sie gefangen, Sir«, sagt Creed. »Es wär nur recht, wenn wir sie auch übergeben.«
    »Ich sollte dich nicht dran erinnern müssen, Bruder, dass wir New Eden dienen, nicht uns selbst«, sagt der Befehlshaber. »Aber unter diesen Umständen will ich so tun, als hätte ich’s nicht gehört. Wer ist die andere Frau?«
    »Wir haben sie beim Sabotieren erwischt, Sir«, sagt Lugh. »Sektor zehn.«
    »Du und deine Streife, ihr könnt sie zur Befragung bringen«, sagt er. »Das ist alles.«
    Vier Tonton drängen sie auf eine Tür im Wachhaus zu. Der Befehlshaber geht mit mir auf eine andere Tür zu. Zwei Tonton begleiten uns.
    Wir sind nach Resurrection reingekommen. Aber mehr auch nicht. Der Plan ist schon geplatzt. Ich bin machtlos. Ich bin so gut gefesselt, dass ich keine Möglichkeit hab abzuhauen. Aber ich kann stolpern.
    Ich stell mir selbst ein Bein. Dreh mich und guck zum sich verdunkelnden Himmel. »Nero!«, brüll ich.
    Der Griff des Befehlshabers ist fest, im selben Augenblick, wo ich schrei, reißt er mich schon wieder hoch, und wir gehen weiter. Aber Nero hat mich gehört. Er stößt auf die Tonton runter, auf den Befehlshaber und die zwei anderen. Sie ducken sich, schlagen nach ihm und brüllen. Er ist ein furchterregender Anblick, wie er so angreift und dabei kreischt und mit den Flügeln flattert.
    »Tut was!«, brüllt der Befehlshaber. »Haltet ihn auf!«
    Tommo rennt schon auf uns zu. Sonst hat sich keiner gerührt, um dem Befehl zu gehorchen. Haben wohl Angst vor Vögeln. Oder vielleicht nur vor Krähen.
    »Du da«, sagt der Befehlshaber zu Tommo, »du hast sie mit hergebracht, oder? Nimm den Vogel.«
    Nero hat sich auf meinen Kopf gesetzt. Er plustert sich auf und tut fies.
    Tommo nimmt ihn mir vom Kopf.
    »Folg mir«, sagt der Befehlshaber. »Der Todesengel und seine Krähe. Das wird dem Wegbereiter gefallen.«
    Wir gehen durch die Tür, und sie fällt scheppernd hinter uns zu. Wir stehen in feuchtkalter Dunkelheit, nur ein paar Wandfackeln geben Licht. Gleich darauf gehen wir eine offene Metalltreppe runter. Der Befehlshaber geht zuerst, mich schiebt er vor sich her, hinter uns kommt eine Tonton-Wache, dann Tommo mit Nero, dann die zweite Wache als Nachhut. Wir gehen zwei Stockwerke tiefer.
    Wir biegen nach links ab. Dann marschieren wir einen langen, breiten Gang lang. Flackernde, qualmende Binsenfackeln werfen schmutzig-orange Lichtpfützen auf Wände, Decke und Boden. Alles aus Beton. Es ist kühl, ein bisschen feucht. Wir kommen an Holztüren auf beiden Seiten vorbei. Alle gleich, in regelmäßigen Abständen. Alle verrammelt. Meine Haut kribbelt. Das ist mein Traum.
    Ich renn. Ich muss Jack finden. Ich weiß, er ist hier.
    Durch einen langen dunklen Gang. Fackeln werfen zuckende Schatten an die Steinwände.
    Ich überlege, wie das Gebäude zusammengesetzt ist. Führ mir Brams Zeichnung im Wald vor Augen, den Plan von hier. Überlege, was er uns drüber erzählt hat. Wir müssen im dritten Stock sein.

Weitere Kostenlose Bücher