Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)
hoffe, sie irrt sich. Ich mag mir nicht vorstellen, dass die Tonton Emmi Angst einjagen, ihr vielleicht weh tun, damit sie alles ausspuckt, was sie weiß. Ich hoffe, es ist DeMalo gewesen, der den Befehl gegeben hat.
Alles ist still. Kein Geschrei. Keiner hat die Schüsse und die Schreie gehört. Da sind nur die leere Straße hinter uns, das verschlossene Tor und auf der anderen Seite das Feld des Gefallenen Bergs mit der Straße nach Resurrection.
»Was wird jetzt aus Cassie?«, fragt Tommo.
Cassie hält überhaupt nichts von dir. Sie hat mich gebeten, nicht zu gehen. Sie hat gesagt, ich soll dich die Suppe selbst auslöffeln lassen.
»Nichts Gutes jedenfalls«, sagt Molly. »Erst mal wird sie die Farm verlassen müssen. Und Bram dürfen sie hier auf keinen Fall finden.«
Bram. Wenn er gestern Abend nicht so einen kühlen Kopf bewahrt hätte – erst gestern Abend! –, dann hätte es richtig übel ausgehen können. Für Emmi, für mich, für uns alle. Dank mir und meinem blinden Glauben an Jack sind wir mitten in Brams Tarnung reingestolpert und hätten sie fast platzen lassen. Und jetzt ist er tot. Er hätte auf Cassie hören sollen. Das ganze Unheil bloß wegen mir.
»Was für ein gottverdammter Schlamassel«, sagt Ash.
»Was machen wir jetzt?«, fragt Tommo.
»Wir machen weiter«, sagt Maev. »Wir führen den Einsatz durch.«
Wir gucken sie an. Sie hat die ganze Zeit kein Wort gesagt. Aber jetzt ist die alte Maev wieder da. Sie steht aufrecht da. Den Kopf hoch erhoben. Die grünen Augen voller Entschlossenheit. Ash steht auch auf, ein Lächeln breitet sich auf ihrem Gesicht aus. »Die Free Hawks sind wieder im Geschäft«, sagt sie.
»Wir machen das direkt vor ihren gottverdammten Nasen«, sagt Maev. »Und mir ist danach, die Jungs diesmal mitmachen zu lassen. Creed?«
»Ich bin dabei«, sagt er.
»Ich auch«, sagt Molly, »wenn ihr einverstanden seid.«
»Was hast du vor, Maev?«, frag ich.
»Wir fahren durchs Tor rein und hauen über den See ab«, sagt sie, »genau wie Bram es geplant hat. Allerdings ist es das dann auch schon, was den Plan angeht, denkt dran. Er ist ja nie drin gewesen, deshalb sind wir jetzt eigentlich nicht schlechter dran als vorher. Wir sind nur einer weniger. Lugh? Bist du so weit okay, dass du weitermachen kannst?«
Er ist immer noch bleich und zittrig, sieht ein bisschen grün um die Nase aus, aber er nickt. »Ja«, sagt er. »Wir müssen Emmi zurückholen. Ich fahr.«
Ich umarm ihn. »Guter Mann«, flüster ich.
»Wartet, wartet mal«, sagt Creed. »Da ist noch das Passwort. An jedem Tor ein anderes, je nach Farbe der Fahne. Bram ist der Einzige, der sie gekannt hat. Ohne die werden sie uns nicht nach Resurrection reinlassen.«
Wir gucken uns an.
Ich weiß, was ich tun muss.
»Ich kenn das Passwort«, sag ich.
»Wie meinst du das?«, fragt Lugh.
»Auf den Todesengel steht ein Kopfgeld«, sag ich. »Wir liefern mich aus. Ich bin das Passwort.«
D rei Tote. Die beiden Tonton. Und Bram. Wir lassen ihre Leichen unter Steinen versteckt zurück. Außer Sicht. Geschützt vor den Aasfressern. Wenn Emmi erst in Sicherheit ist und wir unterwegs nach Westen sind, kommen die anderen zurück und holen Bram. Bringen ihn nach Hause zu Cassie. Schicken ihn mit einer Kriegerzeremonie zurück zum Himmel.
Das Blut auf der Straße mischen wir unter den Staub und die Erde. Die Steinhütte machen wir zu. Das Tor lassen wir offen. Nach außen hin sieht der Posten verlassen aus. Angepisste Wachen, die verduftet sind. Nichts so, wie’s scheint.
Wir leeren die geheimen Eingeweide vom Kompendalorium. Es dauert nicht lang. Es ist nur so viel drin, wie wir für den Einsatz brauchen. Lugh, Creed und Tommo bestücken ihre Waffengürtel, hängen so viel Zeug dran wie möglich, ohne dass es auffällt. Ich vergewisser mich, dass Tommo meinen Bogen und den Köcher auf dem Rücken trägt. Molly und Ash packen, was sie brauchen, auf Prue und Hermes. Ash schiebt verstohlen zwei von Slims hitzigen Sprengbällchen in ihre Satteltasche.
»Hey, Ash! Die hattest du gar nicht mitnehmen sollen«, sagt Maev. »Wir haben uns doch geeinigt: kein Sprengstoff.«
»Ich will sie ja gar nicht benutzen«, sagt Ash. »Mir gefällt bloß, wie sie sich anfühlen.«
Für den Fall, dass uns jemand von Resurrection entgegenkommt, reiten Creed und Tommo auf den Pferden, bis wir uns von Molly und Ash trennen. Die beiden fahren solang mit mir und Maev hinten im Wagen. Ich bin mit Seilen verschnürt. Viel mehr, als
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