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Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Titel: Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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der Brust. Tommo weiß Bescheid. Er hat die Flecken gesehen, er weiß, was das ist. Jetzt wissen es gleich alle. Emmi und Lugh sind aufgesprungen. Lugh greift hinter mich. Packt meine Hände und dreht sie um. Alle schreien auf.
    »Omeingott, Saba!«, sagt Lugh. »Die sind ja überall voll Blut. Was hast du getan?«
    »Ich hab versucht, sie sauberzumachen. Ich hab geschrubbt und geschrubbt, aber sie … sie gehen nicht ab, die Blutflecken wollen einfach nicht abgehen. Tut mir leid, Lugh.«
    »Du arme Irre«, sagt er. »Das sind keine Blutflecken. Du hast dir die Hände wund geschrubbt.«
    Ich guck auf meine Handflächen. Er hat recht. Ich hab mir die Haut abgeschrubbt. Hab sie zu blutigen Fetzen geschrubbt. Da sind keine dunklen Blutflecken. Gar keine.
    »Sie sind da gewesen, ich schwör’s.«
    »Okay«, sagt Lugh. »Jetzt reicht’s. Emmi, hol die Medizintasche. Tommo, hol heißes Wasser. Komm her, Saba … na komm.« Er zwingt mich, mich auf den Boden zu setzen. Legt mir eine Decke um die Schultern.
    Emmi kommt mit unserer kleinen Ledertasche mit Heilmitteln angelaufen. Kräuter und Blätter, Wässerchen und Salben. Tommo bringt eine Schüssel mit Wasser. Emmi kniet sich neben mich und fängt an, meine Hände mit einem weichen Tuch sauberzumachen. »Ich versuch, dir nicht weh zu tun«, sagt sie.
    Lugh und Tommo kauern ganz in der Nähe. Beobachten mich genau.
    »Macht ihr aber ernste Gesichter«, sag ich. »Bin ich in Schwierigkeiten?«
    »Was ist los, Saba?«, fragt Lugh. »Und ich will jetzt keine Ausreden. Diesmal will ich die Wahrheit.«
    »Wir wollen dir helfen«, sagt Tommo.
    »Ich brauch keine Hilfe.«
    »Du hast gerade versucht, Blutflecken wegzuschrubben, die gar nicht da sind«, sagt Lugh.
    »Du schlafwandelst«, sagt Tommo.
    »Du siehst Sachen.« Dabei sieht Emmi mich nicht an. Mit sanften Fingern streicht sie Wermutsalbe auf meine wunden Hände, bindet Stoffstreifen drum. »Wie heute«, sagt sie, »als du plötzlich zusammengezuckt bist. Du hast was gesehen. Oder jemand. Es ist direkt vor den Pferden vorbeigerannt, oder? Ich hab nichts gesehen, weil da nichts war. Aber du. Du siehst ständig Sachen.«
    »Was siehst du?«, fragt Lugh. »Wen siehst du?«
    Meine Brust fühlt sich eng an. Als wenn ein Band drum wär. »Niemand. Nichts. Ich weiß nicht, was ihr habt.«
    »Wir haben dich alle gesehen«, sagt er. »Du redest mit der Luft, als wenn da jemand wär, neben dir. Wer?«
    »Niemand. Lasst mich in Ruh.«
    »Es ist deine tote Freundin, oder?«, sagt er. »Epona. Du siehst Tote, Saba. Du redest mit den Toten.«
    Ich reiß Emmi meine Hände weg. Guck sie wütend an. »Ich hab gewusst, dass ich dir nicht trauen kann!«
    »Ich hab nichts sagen wollen«, sagt sie, »ehrlich nicht, aber … es geht dir immer schlechter. Ich mach mir Sorgen um dich, Saba. Wir alle. Du brauchst Hilfe.«
    »Ihr glaubt, ich bin verrückt«, sag ich. Keiner sagt was. Keiner guckt mir in die Augen. Dann: »Ja«, sagt Lugh. »Das glauben wir.«
    Plötzlich überkommt mich die Wut. Sie ist nirgendwo. Dann ist sie überall. Die rote Hitze. Sie überflutet mich, macht mich blind, erstickt mich. Ich stürz mich auf Lugh. Werf ihn rückwärts zu Boden. Wir rollen über den Boden. Ich box, ich tret, ich kratz.
    Wie von weit her hör ich Emmi kreischen. Tommo schreit. Hände zerren an mir. Geschrei. Gebrüll. Lugh tritt und kämpft unter mir. Ich sitz auf seiner Brust.
    Emmi schluchzt. »Hör auf, Saba! Hör auf! Du bringst ihn um!«
    Die rote Hitze lässt nach. Ich komm zu mir. Meine Hände liegen fest um Lughs Hals. Meine Daumen drücken auf seine Luftröhre. Seine Hände liegen auf meinen, er versucht, sie wegzuziehen. Seine Augen sind weit aufgerissen vor Angst.
    Lugh hat Angst vor mir.
    Ich lass los. Er schnappt nach Luft. Saugt verzweifelt Luft in seine Lunge. Ich streck eine zitternde Hand aus. Berühr seine Kehle. Die Abdrücke von meinen Fingern, die sich tief in sein Fleisch gegraben haben. Die Kette, die ich ihm zum achtzehnten Geburtstag gemacht hab. Ich berühr den kleinen Ring aus glänzendem grünen Glas. Die Erinnerung daran, wie wir mal gewesen sind. Ich berühr ihn nur ganz leicht. Damit er nicht verschwindet.
    Ich kletter von ihm runter. Knie mich neben ihn.
    Ich hätte ihn fast umgebracht. Ich hab versucht, Lugh zu töten.
    Emmi weint. Lughs Brust hebt und senkt sich heftig, seine Augen sind dunkel vor Schreck. Ich hab ihm die Nase blutig geschlagen.
    Die rote Hitze ist weg. Genauso schnell, wie sie gekommen ist,

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