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Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition)

Titel: Dustlands - Der Herzstein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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stehen.
    »Wartet!«, ruft Maev.
    Näher.
    »Wartet!«
    Dann:
    »Feuer!«, brüllt Maev.
    Eins, zwei, drei, vier. Ich lass die Pfeile losschwirren. Schnell. Kräftig. Mein Bogen singt wild und süß. Ich bin hier auf meiner Seite des Gap gut neun Meter weiter entfernt, aber mein Bogen bringt mich direkt zu ihnen. Ich erleg einen Vogel. Zwei Reiter. Sie schreien auf, als sie in den Tod stürzen. Ein Kreischen, ein Flattern, dann landet Nero zu meinen Füßen und lässt den Pfeil mit der Schnur daran fallen. Ich zieh an der Schnur, pack das Geländerseil, sobald es in Sicht kommt.
    »Ich hab’s, Maev!«, brüll ich.
    Ich lauf zum nächsten Pfeiler. Schling das Seil drum, mach einen Laufknoten und zieh dran, bis es sich spannt. Bis es sich über die Schlucht spannt. Es hängt ein bisschen abschüssig. Ich zurr das Seil fest.
    Wir haben uns eine Seilrutsche gebaut.
    »Fertig!«, schrei ich.
    Während ich die Rutsche festgemacht hab, hat Maev Emmi geholt, ihr ihren Gürtel um beide Handgelenke geschlungen, dann über die Seilrutsche gehängt und die Schnalle zugemacht. Jetzt packt sie sie um die Taille, sie brüllen: »Eins, zwei, drei!«, sie rennen auf den Rand der Schlucht zu, und Maev gibt Emmi einen Schubs.
    Kreischend fliegt Em über die Schlucht. Ich fang sie auf meiner Seite auf und mach sie los.
    »Schieß weiter, Em«, sag ich. Wir feuern beide Pfeile ab, während Maev Tommo mit seinem Gürtel an die Rutsche hängt. Er kommt so schnell rübergesaust, dass er mich fast umwirft.
    Jetzt sind wir zu dritt – Emmi, Tommo und ich –, die von unserer Seite aus schießen, Maev und Lugh auf der anderen. Zusammen haben wir die Hälfte der Kopfjäger und ein paar von ihren Vögeln abgeschossen.
    »Lugh!«, schreit Maev. »Komm schon!«
    Er zögert. Er muss die Deckung verlassen, um zu ihr zu laufen.
    »Duck dich! Beweg dich, verdammt nochmal!«, brüllt sie.
    Er stürmt los, hüpft und weicht aus, als Pfeile auf ihn zufliegen.
    »Bleib unten, du bist zu hoch!«, schrei ich ihm zu.
    Da ist ein Kopfjäger, der die anderen anschreit, ihnen sagt, was sie tun sollen. Jetzt zielt er mit dem Blasrohr auf Lugh.
    Ich seh’s. Ich erschieß ihn. Mitten ins Herz. Er stürzt tot von seinem Vogel. Aber er hat seinen Pfeil noch abgeschossen und Lugh am Arm getroffen. Lugh bleibt nicht stehen. Wahrscheinlich hat er’s nicht mal gemerkt.
    Dann rutscht er über die Schlucht. Tommo hilft ihm, sich vom Seil loszumachen.
    »Du bist getroffen! Zieh den Pfeil raus!«, sag ich zu ihm.
    Erst jetzt sieht er den Pfeil. Reißt ihn raus.
    Jetzt ist nur noch Maev auf der anderen Seite. Während wir auf die Jäger schießen, brüllen wir ihr zu: »Komm schon! Worauf wartest du?«
    Sie brüllt was zurück.
    »Was hat sie gesagt?«, fragt Emmi.
    »Sie hat keinen Gürtel«, sag ich.
    »Sie kann nicht rüber«, sagt Tommo. »Sie sitzt fest!«
    »Maev!«, brüll ich, »pass auf!«
    Ein Kopfjäger rennt mit erhobenem Beil auf sie zu. »Uhluhluhluhla!« Maev wirbelt herum. Bückt sich. Er stürzt über ihren Rücken in die leere Luft. Fällt in die tiefe Schlucht und brüllt und brüllt.
    Er hat sein Beil fallen lassen. Maev nimmt es, packt das Seil mit einer Hand und hackt es vom Pfeiler los. Sie rennt auf den Rand zu und schwingt sich über die Schlucht.
    Die Jäger ziehen sich zurück. Sie sammeln ihre Toten ein und reiten auf ihren Vögeln zurück dahin, wo sie hergekommen sind. Unsere Pferde nehmen sie mit.
    Dann sind sie weg. Geschafft. Vorbei.
    Maev ist auf unserer Seite gegen die Wand der Schlucht geprallt. Sie hängt am Seil, fängt an hochzuklettern. Tommo und ich stürzen hin, um sie hochzuziehen. Sie krabbelt über den Rand, rappelt sich hoch. Sieht mich kopfschüttelnd an.
    »Du machst es einem nicht leicht, was?«, sagt sie.
    »Sie haben Lugh am Arm getroffen«, sag ich. »Blasrohrpfeil.«
    Er steht da, hat das Hemd halb ausgezogen und sieht sich die Stelle an. Da ist ein geschwollener roter Rand auf seinem rechten Oberarm. »Macht nicht so einen Aufstand«, sagt er.
    »Emmi«, frag ich, »wo ist der Medizinbeutel?«
    Sie trägt ihn immer an der Taille. Sie hat den Inhalt schon auf den Boden gekippt und durchsucht die braunen Fläschchen und die Kräuterbeutel. »Ich weiß, was man benutzen muss«, sagt sie. »Aber zuerst müssen wir das Gift rausbekommen.«
    »Ich mach das«, sagt Maev. »Hast du Salbeiwasser, Em?«
    Während sie Maevs Messer sauber machen, helfen Tommo und ich Lugh, sich hinzusetzen. Wir nehmen jeder eine seiner Hände.

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