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Dustlands - Die Entführung

Dustlands - Die Entführung

Titel: Dustlands - Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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nächste in die Rippen. Und ich steh bloß da. Als ob ich schlaf.
    Aber dann springt die rote Hitze an, und jetzt kapier ich endlich, was das ist. Es ist wie bei Tieren. Tiere tun alles, um zu überleben. Sie beißen sich sogar das eigene Bein ab, wenn es in einer Falle festhängt. Das ist die rote Hitze. Und ich muss offenbar lernen, sie zu benutzen, wenn ich im Käfig überleben will.
    Die Frau ist zäh. Und sie kämpft erbittert. Sie kämpft schmutzig. Sie hat ihre letzten beiden Kämpfe verloren. Sie darf nicht mehr verlieren. Also hat sie die rote Hitze auch in sich. Aber meine ist stärker als ihre.
    Ich beobachte, was sie tut.
    Ich lern schnell.
    Sie verprügelt mich nach Strich und Faden, bis ich genug gelernt hab. Dann hab ich Glück. Ich nehm Anlauf und verpass ihr aus dem Sprung einen Tritt in den Magen. Damit knall ich sie gegen die Käfigstangen, und es ist vorbei. Sie steht nicht mehr auf, bis der Wärter sie hochzieht.
    Es ist aus. Das Ende.
    Das Ende für sie. Für mich der Anfang.
    Sie sagen mir nicht ihren Namen. Sie hat ein kleines rosa Muttermal im Gesicht. Sieht wie ein Schmetterling aus.
    Wie der Käfigmeister sagt: Es ist ein Jammer, wenn ein guter Kämpfer in den Spießrutenlauf muss.
    Aber eine von uns hat es nun mal treffen müssen.
    Und zwar todsicher nicht mich.

    D ie Pinchs sind draußen auf Deck. Sie feiern ihren Glückstreffer mit einem Krug Fusel und einer gebratenen Taube. Das ist unsere letzte Nacht auf dem Wüstenschwan. Morgen ziehen sie in eine Hütte in der Stadt. Die Pinchs und Em, heißt das. Ich komm in einen Zellentrakt, wo sie die Käfigkämpfer halten.
    Ich lieg auf meiner Pritsche, wie immer an Händen und Füßen angekettet. Em sitzt neben mir. Sie hat ein Tuch in Storchschnabelsaft getunkt und betupft damit ganz vorsichtig die Platzwunde an meinem Auge.
    Ich tu dir nicht zu schlimm weh, oder?, fragt sie.
    Ich weiß, mein Körper ist wund. Muss er ja sein. Aber ich fühl die Schmerzen wie von ganz weit weg, wie im Traum. Als ob ich nicht mehr in meinem Körper wär. Als ob ich irgendwo außerhalb von ihm rumschweb.
    Tut mir leid, flüster ich Em zu.
    Was denn?, fragt sie.
    Du hättst das nicht sehen dürfen, sag ich.
    Sie und die Pinchs haben beim Käfigmeister auf dem Balkon gestanden. Sie hat bis zum bitteren Ende alles mit angesehen.
    Ich hab solche Angst gehabt, sagt sie. Sie hätt dich getötet, wenn sie gekonnt hätt.
    Ich lass mich von niemandem töten, sag ich. Ich werd überleben. Ich werd überleben und ich hol uns hier raus, und dann suchen wir Lugh. Ich hab’s ihm versprochen … ach, Emmi … Emmi, was sollen wir tun? Was soll ich tun?
    Und schon ist es passiert. Ich kann nicht mehr. Zuerst laufen die Tränen nur langsam. Emmi versucht, sie abzuwischen, aber dann laufen sie immer schneller.
    Schsch … Sie streicht mir übers Gesicht. Schsch … die dürfen dich nicht hören, sagt sie. Lass sie bloß nie hören, dass du weinst.
    Sie gibt mir das Tuch, damit ich es mir in den Mund stopfen kann.
    Dann legt sie sich neben mich in die Koje. Legt ihre mageren Kleinmädchenarme um mich und hält mich ganz fest.
    Schon gut, Saba, sagt sie. Es wird alles wieder gut.
    Ich krümm mich, so weh tut das. Ich heul ins Tuch, dass mein ganzer Körper bebt.
    Ich wein um die junge Frau mit dem Schmetterling auf der Wange.
    Ich wein um Emmi. Um Pa. Um Lugh. Um mich.
    Um das, was wir mal gewesen sind.
    Um das, was sie uns weggenommen haben.
    Um das, was wir für immer verloren haben.

Hopetown
Einen Monat später
    S ie nennen mich den Todesengel.
    Weil ich noch nie einen Kampf verloren hab. Jedes Mal, wenn sie mich in den Käfig bringen, lass ich die rote Hitze ans Ruder, und die kämpft, bis sie siegt.
    Wenn es für die andere Frau die dritte Niederlage ist, dreh ich mich um. Damit ich nicht sehen muss, wie sie im Spießrutenlauf untergeht. Aber ich kann nichts dagegen machen, dass ich es hör. Das Geschrei von der chaalverrückten Menge – wie eine Hundemeute, die über ihre Beute herfällt.
    Ich lass es nicht an mich ran. Erlaub mir nicht, drüber nachzudenken. Ich muss am Leben bleiben. Muss hier raus und Lugh suchen. Er ist immer noch irgendwo da draußen und wartet auf mich. Ich weiß es. Womöglich halten sie ihn ja hier in Hopetown fest.
    Hopetown. Das ist die reinste Jauchegrube, genau wie Mercy gesagt hat. Jeder schmierige Gauner, der je irgendwo aus einem Misthaufen gekrochen ist, landet offenbar hier.
    Und die Tonton. Sie sind überall, auch genau wie Mercy

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