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Dustlands - Die Entführung

Dustlands - Die Entführung

Titel: Dustlands - Die Entführung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moira Young
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schmal, aber tief. Die Ufer sind nicht breit. Wenn es so weiterregnet, dauert es nicht lang und die Ufer werden überschwemmt. Wenn wir da reingeraten, werden wir einfach flussabwärts gerissen.
    Epona und Ash sind schon fast am anderen Ufer.
    Seid vorsichtig!, ruft Epona. Das Wasser hat den Schlamm vom Boden aufgewühlt! Gar nicht so einfach, da Halt zu finden!
    Jack gibt Ajax die Fersen und lässt ihn ins Wasser waten. Emmi sitzt hinter ihm und klammert sich an ihm fest.
    Plötzlich weiß ich, was nicht stimmt. Mein Herzstein ist weg. Ich renn zurück bis zu der Stelle, wo ich Hermes den Dorn aus dem Huf geholt hab. Da ist er, liegt im Dreck. Ich heb ihn auf und schieb ihn tief in meinen Stiefel. Dann renn ich zurück ans Ufer.
    Gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Ajax strauchelt.
    Gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Emmi den Halt verliert und in den Fluss fällt.
    Emmi!, schrei ich.
    Sie kann nicht schwimmen. Ohne nachzudenken, spring ich ins Wasser, um sie zu retten. Ich komm wieder hoch und seh, dass Jack sie an ihrem Kittel aus dem Wasser zieht und vor sich aufs Pferd setzt.
    Ist sie in Ordnung?, ruf ich.
    Ja!, sagt er. Guck, dass du selber rüberkommst!
    Hermes stürmt an mir vorbei. Er hat die Warterei wohl satt und watet auf eigene Faust durch den Fluss. Sieht so aus, als ob ich das auch tun müsste.
    Das Wasser geht mir schon bis zur Brust. Eine tückische Strömung wirbelt um mich rum. Ich bin erst vier Schritte weit gekommen, da stößt was gegen mich. Ich guck nach unten.
    Es ist ein Beinknochen von einem Menschen.

    I ch schnapp nach Luft.
    Überall um mich rum erheben sich die Toten.
    Noch ein Beinknochen taucht an der schlammigen Wasseroberfläche auf. Dann ein Schädel. Ein Armknochen. Träge drehen sie sich im Wasser. Die Strömung packt sie und trägt sie weg.
    Die Abwracker müssen das trockene Flussbett als Massengrab benutzt haben. Und jetzt wirbelt der starke Regen hier alles auf.
    Ich reiß die Hände aus dem Wasser, halt sie hoch, aus dem Weg. Langsam dreh ich mich um mich selbst und blinzel, damit ich im Regen was sehen kann.
    O Gott, sag ich. Ogottogottogott.
    Der Fluss wimmelt von Menschenknochen. Er ist voll davon.
    Ich atme hechelnd.
    Irgendwas berührt mich. Ich zwing mich, nach unten zu gucken. Ein Skelett hat sich an meiner Brust verfangen. Der Schädel grinst mich an.
    Ich schubs es weg. Aber als ich die Hände wieder hochnehme, kommt die obere Hälfte vom Skelett mit. Ich hab mich in seinem Brustkorb verhakelt. Hab den Schädel direkt vor der Nase.
    Ich schrei. Schüttel mich. Versuch, mich von dem Skelett zu befreien. Verlier den Halt.
    Ich fall. Geh unter.
    Und die Strömung reißt mich mit.

    I ch kämpf mich wieder an die Oberfläche. Spuck einen Mundvoll dreckiges Flusswasser aus.
    Hilfe!, brüll ich. Hilfe!
    Aber ich glaub nicht, dass mich bei dem prasselnden Regen und dem Tosen vom Fluss jemand hören kann. Wahrscheinlich bin ich gar nicht mehr in Hörweite. Ich bin ein gutes Stück flussabwärts von da, wo ich gefallen bin, das ist alles, was ich weiß. Und ich hab keine Ahnung, wo der Fluss hinfließt.
    Ein Baumstamm treibt an mir vorbei. Ich pack ihn und zieh mich so weit hoch, dass wenigstens mein Kopf über Wasser ist. Ich klammer mich daran fest und treib weiter durch den Fluss aus Schlamm und Knochen.
    Jack!, schrei ich. O Gott, Jack!
    Bei dem starken Regen kann ich nicht weiter als drei Armlängen sehen. Kann nicht sagen, wie weit ich vom Ufer weg bin, aber ich weiß, es ist da irgendwo. Ich muss versuchen, da rüberzukommen.
    Ich beiß die Zähne zusammen und tret Wasser, versuch, von der Mitte wegzusteuern. Aber die Strömung hat da andere Vorstellungen. Sobald ich ein Stück vorankomme, schnappt sie sich meinen Baum und wirbelt uns zurück in die Mitte. Ich versuch es immer wieder, immer wieder. Aber die Strömung ist zu stark, ich komm nicht gegen sie an.
    Dann hör ich plötzlich eine andere Art Tosen. Eins, das nicht der Regen macht, sondern was anderes. Es erinnert mich an … es fällt mir jetzt gerade nicht ein, aber ich weiß, es ist nicht lang her, dass ich es gehört hab.
    Der Fluss wird immer schmaler. Ich treib auf ein paar zerklüftete Felsen zu, die aus dem Wasser gucken.
    Ich werd versuchen, mich daran festzuhalten.
    Aber ich treib zu schnell dahin. Als ich bei den Felsen ankomm, knallt der Baumstamm dagegen und bricht durch. Ich verlier den Halt. Werd unter Wasser gezogen. Bekomm Wasser in die Nase. In den Mund. Muss würgen. Ich prall gegen

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