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Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Titel: Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Paffenroth
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Kleiderkiste mit dem Fuß in ihre Richtung. Sie sah mich fragend und misstrauisch an und versuchte dann hinunterzugreifen. Ihre Gliedmaßen schienen jedoch ziemlich steif zu sein, und sie stieß ein schmerzvolles Stöhnen aus, als sie ihre Hüfte beugen wollte. Als sie daraufhin versuchte, sich hinzuknien, entfuhr ihr ein grauenhaftes Kreischen. Sie konnte keine der Bewegungen richtig ausführen, und beide schienen ihr furchtbare Schmerzen zu bereiten – ich nahm jedoch an, dass diese Schmerzen nicht allein durch die körperliche Qual verursacht wurden, sondern auch durch die Erniedrigung und die Scham, die sie empfand, weil sie nicht in der Lage war, ihren Körper dazu zu bringen, das zu tun, was sie wollte oder was er tun sollte. Ich sah, wie sie die Fäuste ballte und zu zittern begann.
    Ich wusste genau, wie sie sich fühlte, streckte meine Arme nach ihr aus – wobei ich genau darauf achtete, meine Hände auf ihre Schulter und ihren Arm zu legen und sie nicht einmal in die Nähe ihres Gesichtes zu bringen – und half ihr dabei, sich auf das Sofa zu setzen. Dann hob ich die Kiste vom Boden auf – was auch mir ziemlich starke Schmerzen bereitete – und stellte sie neben ihr ab, sodass sie sie durchsuchen konnte, ohne sich groß bewegen zu müssen. Zunächst sah sie mich einfach nur an. Ich spürte, wie ich erneut unter dem Blick dieser winzigen, perfekten Iris dahinschmolz. Sie nickte mir verhalten zu, und ich freute mich darüber, dass ich meine schreckliche Taktlosigkeit damit offensichtlich wiedergutgemacht hatte.
    Sie durchsuchte den Inhalt der Kiste sehr viel vorsichtiger als die anderen, vielleicht sogar noch sorgfältiger als ich selbst. Dabei sah sie hin und wieder einzelne Teile etwas länger an, anstatt sich gleich die ersten zu schnappen, die ihr vielleicht passten. Sie war allgemein sehr zierlich, und aus irgendeinem Grund vermutete ich, dass sie Größe 36 trug, auch wenn ich einmal mehr keine Ahnung hatte, woher ich dieses Wissen nahm. Im Sitzen wirkten ihre Bewegungen sehr weich und flüssig, nicht so ruckartig und abgehackt wie bei uns anderen und auch nicht so schmerzhaft wie eben, als sie gestanden hatte. Ihre Hände waren winzig und hatten dieselbe außergewöhnliche Farbe wie ihr Gesicht – ein reines, unschuldiges Weiß, wie ungebranntes Porzellan. Sie konnte ihre Hände viel besser benutzen als ich und Dinge nur mit ihrem Daumen und Zeigefinger greifen, wohingegen ich sie sozusagen wie mit einer Schaufel mit meiner ganzen Hand aufnehmen musste. Sie stapelte einige Kleider in ihrem Schoß übereinander und legte den großen Rest wieder in die Kiste.
    Dann versuchte sie aufzustehen, was ihr jedoch erneut Probleme bereitete. Ich nahm an, sie wolle aufstehen, um sich zurückzuziehen und die Kleider anzuprobieren. Da ich wusste, dass die anderen draußen durch die Gegend liefen, war ich ziemlich sicher, dass sie dort nicht allzu viel Privatsphäre finden würde. Ich nahm auch nicht an, dass sie im Stehen in der Lage sein würde, sich umzuziehen, also stand ich auf und bedeutete ihr mit einer Handbewegung, auf dem Sofa sitzen zu bleiben. Sie brach ihre Aufstehversuche ab und sah mich fruchtbar traurig an, weil sie nicht wusste, was sie tun sollte. Ich trat aus dem Lagerraum und zog die Tür zu, bis der Rand etwa sechzig Zentimeter über dem Boden war. Ich glaubte, dass sie so noch immer genügend Licht hatte, um etwas sehen zu können. Ich hörte ein Keuchen, das ich als Zustimmung ihrerseits deutete, und wartete ab. Ich hörte, wie sie sich drinnen bewegte und stöhnte – einzelne Bewegungen verursachten ihr ganz offensichtlich noch immer Schmerzen. Dann vernahm ich erneut das zustimmende Keuchen und schob die Tür ganz langsam wieder auf, für den Fall, dass ich mich irrte und sie doch noch nicht fertig war.
    Sie hatte es geschafft, alleine aufzustehen. Ich kann nicht behaupten, dass sie die Kleider trug, die ich für sie ausgesucht hätte, aber ich bin mir sicher, dass sie ihre eigenen Vorstellungen davon hatte, was bequem oder attraktiv war. Sie hatte eine schlabberige blaue Karohose ausgewählt, die nach einer Pyjamahose aussah. Darüber trug sie einen weiten schwarzen Pullover mit Wasserfallausschnitt. Ich sah an ihr hinunter und stellte fest, dass sie, im Gegensatz zu mir, keine Schuhe gewählt hatte, in die man nur hineinschlupfen musste, sondern stattdessen Turnschuhe trug und sogar die Schnürsenkel verknotet hatte. In ihrer linken Hand hielt sie einen langen Seidenschal in Gelb und

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