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Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)

Titel: Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Paffenroth
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erwartete oder wünschte. Ich mochte ihn eigentlich nicht, aber ich wusste, dass er genauso schmeckte, wie Äpfel im Juni schmecken sollten, und das genügte mir.

Kapitel 6
    In den folgenden Tagen durchsuchte ich weitere Lagerräume und fand nützliche und interessante Dinge. Auch wenn ich traurig darüber war, dass ich eine Familie hatte, an die ich mich nicht erinnern konnte, war ich noch immer neugierig und wollte unbedingt alles über die schönen, guten und wahrhaftigen Dinge lernen, die die Welt für mich bereithielt. In den Lagerräumen befand sich eine Menge Werkzeug. Vermutlich hätte ich leicht eine Möglichkeit gefunden, durch den Zaun zu kommen, aber ich gebe zu, dass ich zu viel Angst hatte, um es zu versuchen. Für den Moment schien mir dies der geeignete Ort zu sein, um weiter an meiner »neuen Bildung« zu arbeiten.
    In den Lagerräumen fand ich eine Menge Bücher. Ich nehme an, dass die Menschen an diesem Ort Dinge unterbrachten, die sie nicht wirklich wollten, oder zumindest eine Zeit lang nicht brauchten. Deshalb überraschte es mich, dort so viele Bücher zu finden, denn Bücher waren genau das, was ich wollte, auch wenn ich feststellen musste, dass die anderen, die mit mir hier waren, längst nicht so viel Interesse an ihnen hatten. Das Einzige, was ihre Aufmerksamkeit länger als eine Sekunde auf sich ziehen konnte, waren glänzende Dinge aus Metall oder Dinge mit Schaltern oder Knöpfen, aber selbst die ließen sie nach ein paar Minuten einfach wieder fallen.
    Vielleicht waren die Bücher in diesem Lager aber auch gar nicht vergessen worden – vielleicht hatte man sie für den Notfall hierher gebracht, damit sie überlebten, was immer auch passiert war und wodurch all diese Menschen die Stadt hatten verlassen müssen oder gestorben waren. Vielleicht hatte es Krieg gegeben oder es hatte sich eine Naturkatastrophe ereignet, und das hier war eine spezielle Einrichtung, mit der man sich gegen solche Ereignisse schützte, indem man das Wissen der Menschen und andere wichtige Dinge bewahrte. Dieser Gedanke gefiel mir besser – er gab mir das Gefühl, eine Pflicht zu erfüllen, indem ich studierte, was einst gewesen war, und es dadurch am Leben erhielt. Das schien mir genau das zu sein, was ein Professor tun sollte. Wenn ich denn überhaupt einer war. Aber es war auch genau das, was die Leute im Allgemeinen tun sollten, denke ich, sodass es ohnehin keine Rolle spielte, was ich früher gewesen war.
    Damals versuchte ich zum ersten Mal, meine Gedanken niederzuschreiben. Ich hatte etwas Papier gefunden und ein paar Bleistifte und Kugelschreiber. Die meisten von ihnen funktionierten zwar nicht mehr, aber ein paar hatten noch brauchbare Minen, und mit denen versuchte ich mich im Schreiben. Es stellte sich als ebenso unmöglich heraus wie das Sprechen: Ich konnte es hinterher selbst nicht lesen, obwohl ich wusste, was es heißen sollte, sodass es als Kommunikationsmittel vollkommen nutzlos war. Irgendetwas stimmte mit meinem Körper nicht und hielt mich davon ab, diese grundlegenden Dinge auszuführen. Deshalb empfand ich es auch als solch großes Glück, als ich endlich diese Schreibmaschine fand, aber bis dahin sollte es noch eine Weile dauern.
    Einige Tage vergingen. Ein mächtiger Frühlingssturm fegte über das Gelände und riss das Schild über uns krachend zu Boden. Niemand sonst schien es bemerkt zu haben, aber ich machte mir trotzdem die Mühe, nach einem Besen zu suchen und die Einzelteile aufzukehren. Ein paar Tage später brachten Milton und Will noch mehr Leute mit, die bei uns leben sollten.
    »Sieh dir den an«, sagte Will, während er und Milton mich beobachteten. »Er hat sich umgezogen. Als ob es ihm wichtig wäre, was er anhat.«
    Ich schaute an meinen Klamotten hinunter und runzelte die Stirn. Nun, wenn es mir wirklich wichtig gewesen wäre, was ich anhatte, dann hätte ich gewiss nach etwas gesucht, das ein wenig netter war als das hier. Ein verblasstes Flanellhemd und ein Paar kratzige Hosen? Nicht gerade der letzte Schrei oder sonderlich eitel. Die Schuhe waren das Einzige, was mir passte und was sich richtig anfühlte. Aber ich hatte schließlich nicht mehr länger so herumlaufen und bei jeder Bewegung ein Knirschen von mir geben können, weil meine ganze Kleidung voll mit getrocknetem Blut war – von dem riesigen Loch in meinem Bauch, durch das ich am ganzen Körper fror, ganz zu schweigen. Das sagte mir mein gesunder Menschenverstand, auch wenn ich mich einmal mehr fragte,

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