Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)
Orange. Ich sah sie voller Bewunderung an. Alles war viel zu weit und unelegant für ihre zarte, wunderschöne Figur, aber es schien sie glücklich zu machen, und das war das Einzige, was zählte.
Ich ging um sie herum zu der verschlossenen Kiste, in der ich die zerbrechlichen Dinge verstaut hatte, holte den Spiegel heraus und hielt ihn für sie hoch. Sie nickte. Dann führte sie die Hand, in der sie den Schal hielt, nach oben und wickelte ihn diagonal um ihren Kopf, um ihre linke Gesichtshälfte zu bedecken. Sie band ihn zu, wandte ihren Blick vom Spiegel ab und sah mich an. Wäre es nach mir gegangen, hätte ich auch diese Kopfbedeckung nicht für sie ausgewählt, aber möglicherweise fühlte sie sich wegen ihres linken Auges unwohl. Da die Wellen ihres wunderschönen Haares nun unter dem Schal hervorquollen, machte es mir nicht allzu viel aus. Auch der Schal selbst sah nicht übel aus und verlieh der ansonsten eher dunklen Kleidung, die sie sich ausgesucht hatte, etwas mehr Farbe. Ich erwiderte ihr Nicken, und dann ließen wir uns gemeinsam auf dem Sofa nieder. Ich bot ihr ein paar der Bücher an, doch da sie sich nicht dafür zu interessieren schien, saßen wir einfach nur da. Allmählich wurde es ohnehin zu dunkel zum Lesen, und darüber hinaus wusste ich auch gar nicht mit Sicherheit, wer außer mir hier überhaupt lesen konnte. Ganz sicher wusste ich hingegen, dass sie etwas Besonderes an sich hatte, allein durch die Art, wie sie aussah und wie sie sich bewegte. Nun gehörte auch sie zu den guten, schönen Dingen, über die ich etwas lernen konnte, und von nun an würde ich auch nicht mehr so einsam sein. Ich hoffte, dass auch sie nun glücklich war.
Ich stand auf, und mit einiger Anstrengung gelang es mir, das Sofa – mit ihr darauf – ein Stück vor die Tür des Lagerraumes zu ziehen, sodass wir zusammen unter den Sternen sitzen konnten. Ich wünschte, ich hätte ihren Namen gekannt, aber ich sah keine Möglichkeit, ihn je zu erfahren. Fragen war unmöglich. Ich dachte an meine Karten und daran, wie ich meinen eigenen Namen herausgefunden hatte. Ich erinnerte mich daran, dass Frauen diese Dinge für gewöhnlich in einer Handtasche bei sich trugen, aber sie hatte keine dabei gehabt, als wir uns begegnet waren. Da ich ihr Auge einfach hinreißend fand, beschloss ich, sie Lucy zu nennen, denn ich erinnerte mich plötzlich – wie immer aus dem Nichts, ohne jeglichen Anhaltspunkt dafür, woher ich dieses Wissen hatte – an die Geschichte der Heiligen Lucia mit den wunderschönen Augen, die so gottgefällig gewesen war.
Wir blieben die ganze Nacht über dort sitzen – ich sah Lucy an, und sie blickte zu den Sternen hinauf, und von jenem Moment an waren die Dinge wirklich so, wie sie sein sollten.
Kapitel 7
Ein paar Tage später machte ich mit meiner Mom einen Ausflug zu einem kleineren Fluss ganz in der Nähe. Wir sollten ein paar frühe Erdbeeren auf den Feldern pflücken, hauptsächlich jedoch unsere Alltagsroutine durchbrechen. Dad war mit Roger zum Jagen gegangen, und deshalb wollte meine Mom etwas mit mir unternehmen. Wir packten uns einen Picknickkorb und brachen schon am Morgen auf, zwar nicht ganz so früh wie die Männer, aber trotzdem ziemlich zeitig.
Wir stiegen auf unsere Fahrräder und radelten nach Süden. Unser Ziel lag noch ein Stück weiter entfernt als das Feld, auf dem Dad und ich ein paar Tage zuvor gewesen waren, und daher eigneten sich die Fahrräder am besten als Transportmittel. Vor unserem Haus parkten ein paar Autos – die meisten Leute besaßen mehrere Wagen, da schließlich Tausende von ihnen vollkommen verlassen herumstanden und unsere Gemeinde nur ein paar Hundert Mitglieder zählte. Viele waren zwar zerstört worden, als all die Menschen starben, aber einige waren noch immer funktionstüchtig, und fast alle konnten uns zumindest noch als Ersatzteillager dienen. Wir benutzten sie jedoch ausschließlich für wichtige Erledigungen, da Brennstoff nach wie vor sehr wertvoll war, besonders richtiges Benzin und Diesel. Ich erinnerte mich noch daran, wie wir mit der Herstellung von Biodiesel begonnen hatten, aber erstens war dieser in den Wintermonaten immer noch unbrauchbar, und zweitens waren wir noch nicht in der Lage, genügend von unseren Lebensmitteln abzuzweigen, um eine ausreichende Menge zu produzieren. Im Moment musste mit Brennstoff also noch sparsam umgegangen werden, vor allem, um jederzeit mit den Lkws fahren zu können, die es uns ermöglichten, Vorräte
Weitere Kostenlose Bücher