Dying to Live - Die Traurigkeit der Zombies (German Edition)
Nebenstraße ab und erreichten nach einer Weile eine Brücke, die über einen kleinen Fluss führte. Die Brücke war zerfallen und ins Wasser gestürzt, und durch diverse Überschwemmungen waren in der Folge mehrere Baumstämme angeschwemmt, die sich rund um die teilweise versunkenen, kreuz und quer liegenden Metallstreben angesammelt hatten. Wir bogen nach rechts ab und folgten dem Fluss auf einer kleineren Straße. Eine Zeit lang fuhren wir im Schatten der Bäume, was sich angenehm anfühlte, da wir die Strecke bis dahin unter der warmen Frühsommersonne zurückgelegt hatten. Schließlich verließen wir das schützende Blätterdach wieder und kamen auf einem zugewachsenen Parkplatz am Flussufer heraus. Hier war der Fluss durch einen kleinen Damm aufgestaut, über den er sich ein wenig ergoss. Am anderen Ufer waren die Überreste eines Wasserlaufs und einer Mühle zu erkennen, die einst die Kraft des herabstürzenden Wassers zur Stromerzeugung genutzt hatte.
Wir stellten unsere Fahrräder ab und sahen uns um. Neben dem Wasser stand eine Reihe von Bäumen, aber davon abgesehen war das Gebiet auf dieser Flussseite vollkommen offen. Am anderen Ende des Parkplatzes standen die Überreste eines kleinen Gebäudes und man konnte die Metallrahmen der Schaukeln und Rutschen noch immer aus dem Gras emporragen sehen. Unter den Bäumen standen ein paar Picknicktische aus Beton, und auf einem von ihnen legten wir unsere Sachen ab. Ich hatte meine Jacke dabei und breitete sie über der Betonbank aus. In der einen Tasche befand sich die HK 9 mm, in der anderen das Magazin. Mom wusste bislang noch nichts von ihr, aber mir war klar, dass ich sie besonders hier draußen immer in greifbarer Nähe haben musste.
Wir packten die beiden Stoffsäckchen aus, die wir mitgebracht hatten, und begaben uns auf die Suche nach Erdbeeren. Da wir schon früher auf diesem Feld gewesen waren, wussten wir, dass sie hier massenweise wuchsen, und wir wurden nicht enttäuscht. Seltsamerweise gehörten Erdbeeren zu den Dingen, bei denen die Älteren geschlossen schworen, sie seien in früheren Zeiten besser gewesen, auch wenn viele von ihnen das heutige Essen im Allgemeinen für hochwertiger hielten. Die Alten konnten förmlich darüber referieren, wie viel besser Milch doch heutzutage schmeckte oder dass Heidelbeeren und Mais heute viel fruchtiger und größer waren, aber allem Anschein nach hatte die menschliche Agrarforschung mit Erdbeeren einen ihrer raren Erfolge gefeiert. Es kam mir seltsam vor, dass dies das Beste sein sollte, was sie zustande gebracht hatte, aber gleichzeitig war ich mir sicher, dass im Bereich der menschlichen Erinnerungen einige Zugeständnisse gemacht werden mussten und sie durchaus fehlerhaft, selektiv oder von Wunschvorstellungen geprägt waren.
Wie auch immer, die kleinen roten Beeren schienen mir persönlich vollkommen in Ordnung zu sein, so säuerlich und fest sie auch sein mochten. Lange bevor wir die verfügbaren Vorräte hatten ausschöpfen können, hatten wir jedoch die Belastbarkeit unserer Rücken ausgeschöpft. Erdbeeren gehören mit zum Schlimmsten, was man überhaupt pflücken kann, weil man entweder die ganze Zeit vornübergebeugt stehen oder auf den Knien herumrutschen muss. Wir sahen uns an, schnitten schmerzerfüllte Grimassen und standen dann lachend auf, um an dem Picknicktisch zu Mittag zu essen und uns auszuruhen.
Mom und ich aßen einige der Beeren, die wir gepflückt hatten, während wir unser Mittagessen auspackten – einmal mehr Krümelbrot und hart gekochte Eier. Wir hatten unser eigenes Wasser mitgebracht, da der Fluss zu dieser Jahreszeit recht trübe sein konnte. Außerdem gab es hier draußen so viele Tiere, dass Bakterien immer ein Problem waren, besonders bei größeren Gewässern wie diesem Fluss. Wir saßen im Schatten, aßen und lauschten dem Wasser, das sich über den Damm ergoss.
»Als ich noch klein war, hat es nur ein paar Minuten gedauert, mit dem Auto hierher zu fahren«, sagte Mom. Sie konnte ebenso wehmütig werden wie Mr. Caine, aber in jenem Moment wirkte sie hauptsächlich glücklich und strich mit der Hand über die raue Oberfläche des Picknicktisches. »Wir sind mit meinen Eltern hier oft zum Picknicken hergekommen, als ich klein war. Und als ich größer war, so in der Highschool, kamen wir hierher, wenn wir allein sein wollten, mit unseren Freunden, weißt du?«
»Mit Jungs?« Meist dachte ich über Jungs nur im Stillen nach, allein, aber da sie es nun schon angesprochen
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