Dying to Live: Vom Überleben unter Zombies (German Edition)
Opfer gefordert.
Am Fenster standen noch mehr Zombies; sie schrien, wedelten mit den Armen und brachten sich um, um uns zu erwischen. Ich drehte mich um und erkannte, dass Tanya und Popcorn ebenso hypnotisiert von dem grotesken Schauspiel dieser untoten, menschlichen Lemminge waren wie ich. Und dann sah ich, beinahe im selben Augenblick, in dem ich seinen widerlichen Gestank roch, einen Zombie, der seine verrottete Hand nach Tanyas Nacken ausstreckte.
Während ich Tanya zur Seite schubste, erhob ich den Baseballschläger in meiner linken Hand.
Der Zombie trug einen Overall. Sein Oberkörper war gekrümmt, sein rechter Arm nach vorne gestreckt, und sein Kopf hing schlaff nach links. Seine rechte Gesichtshälfte war abgerissen, sodass durch das zerstörte Fleisch und das verkrustete Blut seine schwarzen Zähne zu erkennen waren. Das rechte Auge hatte sich ebenfalls aus der Höhle gebohrt und ein schwarzes blindes Loch hinterlassen. Als ich Tanya aus dem Weg stieß, sah ich außerdem, dass er immer noch einen Hammer in der Hand hielt.
Obwohl es häufig passierte – entweder, wenn Zombies sich mit aller Macht an etwas festkrallten, das sie in der Hand gehalten hatten, als sie starben, oder wenn sie durch ihr wahlloses Gegrapsche an irgendetwas hängen blieben – war es jedes Mal ein besonderer Schreckensmoment, wenn ein Zombie eine Waffe erhob. Es war aber nicht so, dass es die Viecher gefährlicher machte: Ihre unersättlichen, pestverseuchten Zähne würden immer ihre entsetzlichste Waffe bleiben.
Nein, wenn sie etwas in der Hand hielten, das von Menschenhand gefertigt worden war – einen Hammer, eine Pistole oder, wie in einigen meiner schrecklichsten Visionen, die Puppe eines kleinen Mädchens –, dann erinnerten sie uns an etwas, das wir jeden Tag verzweifelt zu vergessen versuchten: dass die Untoten nicht als außerirdische Eindringlinge zu uns gekommen waren. Sie waren nur das, was wir, die wir vorläufig noch am Leben waren, unausweichlich werden würden, jeder Einzelne von uns – eine verrottende, taumelnde Parodie unserer selbst.
Ich versetzte dem Zombie einen Rückhandschlag mit dem Schläger, der ihm das Gebiss zertrümmerte, sodass seine Zähne wie ein Schauer aus blutigen Rosinen durch die Gegend flogen, sein Kopf auf die andere Seite klappte und er zurücktorkelte. Ich packte den Schläger mit beiden Händen und hob ihn ganz hoch, um ihm den Rest zu geben, aber er sah mit seinem einen guten Auge direkt zu mir auf. Wie bei allen Zombies, lagen auch in seinem Blick keinerlei Gefühle oder Regungen – keine Wut, keine Angst – aber wie in dem Hammer in seiner Hand erkannte ich darin einen letzten Rest seiner Menschlichkeit, was ihn zu einer ebenso schrecklichen wie bemitleidenswerten Kreatur machte.
Er richtete sich auf, knurrte und keuchte und hob beide Arme nach oben. Ob er mit dem Hammer auf mich einschlagen oder meinen Hieb abwehren wollte, konnte ich unmöglich sagen.
Plötzlich sah ich neben mir einen silbernen Blitz, und Tanyas Machete fuhr durch sein linkes Handgelenk und seinen Hals. Der Hammer, der noch immer von der blutleeren Hand umklammert wurde, fiel scheppernd neben meinen Füßen zu Boden, während sein Kopf nach rechts fiel und unter ein Auto rollte. Die restlichen Gliedmaßen und der Torso blieben, wo sie waren, wobei das rechte Bein und der linke Arm leicht zuckten.
Tanya machte einen Schritt nach vorne und schubste ihn um. »Arschloch! Versuch noch einmal, mich anzufassen, du verdammter Scheißkerl!« Sie wischte die Klinge der Machete am Bein seines Overalls ab, dann stand sie auf und spuckte auf ihn hinunter. Ich musste an mein kleines Ritual für die Toten denken und wusste, dass sie mich deshalb entweder für dumm oder für verrückt erklärt hätte; ich hingegen fühlte mich angesichts ihrer wilden Brutalität immer unwohler. Ich wusste aber auch, dass es nicht richtig war, sie zu verurteilen. So bestialisch, wie unser Leben mittlerweile war, blieb nur noch die Frage, wie die Lebenden es schaffen sollten, sich weiterhin mit Respekt und Menschlichkeit zu begegnen: Ob man dies erreichte, indem man den Toten ein kleines bisschen Achtung zuteil werden ließ oder sie komplett entehrte, war eine Entscheidung, die jeder für sich selbst treffen musste – je nachdem, was einen weniger schnell in den Wahnsinn trieb.
Ich schaute mich um. Glücklicherweise hatte der Kopflose keinen seiner untoten Freunde mitgebracht.
Ich sah Tanya mit prüfendem Blick an. Sie rang nach Luft
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