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Dylan & Gray

Dylan & Gray

Titel: Dylan & Gray Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Kacvinsky
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voller Schminksachen finden. Fasziniert schaue ich zu, wie Dylan knallroten Lippenstift aufträgt, ihn an den Rändern verschmiert und absichtlich abrutscht, so dass etwas Farbe auf den Zähnen landet.
    »So machen es die alten Omas in Scottsdale immer«, erklärt sie. Als Nächstes tupft sie pinkfarbenes Rouge auf ihre Wangenknochen und schminkt sich mit Kajalstift die Augen. Sie steckt ihre Haare mit einer Spange hoch, sodass ungefähr die Hälfte herausfällt, und fügt ihrem Outfit ein Paar Perlenohrringe hinzu. Ein Profi hätte die Verwandlung nicht besser hinbekommen. Ich weiß kaum, ob ich lachen oder mich verlieben soll.
    Dylan nimmt zwei Maxi-Monatsbinden und schiebt sie sich (zu meinem bewundernden Entsetzen) als Schulterpolster unter den Rolli. Außerdem stopft sie ihren BH mit Socken aus, um einen richtigen ›Mama-Busen‹ zu bekommen. Ich schüttele beeindruckt den Kopf.
    »Besser protzen als kleckern«, verkündet sie. Da bin ich ganz ihrer Meinung, wenn wir dadurch eine Verhaftung vermeiden.
    Sie entdeckt eine alte Sonnenbrille aus Schildpatt und setzt sie auf die Nase.
    »Na, was meinst du?« Als sie sich zu mir umdreht, sieht sie aus wie meine Tante Mildred.
    »Du brauchst noch einen Damenbauch«, schlage ich vor.
    »Einen was?«
    »Eine kleine Wampe. Eng verwandt mit dem Damenbart«, erkläre ich und ziehe ein Gästehandtuch aus dem ringförmigen Halter. Ich reiche es Dylan und empfehle ihr, es in den Schlüpfer zu stecken. Mit einem zweifelnden Blick schiebt sie sich den Stoffballen unters Kleid. Bei dem Anblick beginnen wir beide hemmungslos zu kichern.
    »Dieser Bauch ist im neunten Monat schwanger!«, sagt sie und betrachtet von der Seite ihre Kurven.
    »Okay, war vielleicht keine so gute Idee.«
    ***
    Wir fahren in die Innenstadt zu dem einzigen Laden, bei dem wir meiner Meinung nach eine Chance habe, mit der Sache durchzukommen. Der Asia-Shop ist bei Teenagern ein beliebter Ort, um neu gefälschte Papiere zu testen. Ich parke den Wagen an der Seite des Gebäudes, wo man uns vom Eingang aus nicht sehen kann. Dylan klappt die Sonnenblende mit dem kleinen Spiegel herunter, trägt eine frische Schicht Lippenstift auf und macht Knutschgeräusche.
    »Sei ehrlich«, sagt sie dramatisch und wirft mir einen Seitenblick zu, »du bist ganz wild auf mich!«
    Ich seufze, als könne ich es vor Verlangen kaum aushalten. »Ganzkörperjeans machen mich so scharf«, sage ich.
    Dylan öffnet die Wagentür und schlurft auf den Eingang zu. Eine Minute später gehe ich hinterher. Diese Vorstellung will ich auf keinen Fall verpassen. Der Shop ist klein und hat nur ein paar Regalreihen. Dylan schlendert zwischen ihnen hindurch, pfeift vor sich hin und legt ab und zu etwas in den Korb, um als normale Einkäuferin durchzugehen. Ihre monströse Handtasche schwingend wandert sie beiläufig auf das Weinregal zu.
    Ich beobachte aus dem Augenwinkel, wie sie sich der Kasse nähert. Mit einer Packung Kaugummi in der Hand stelle ich mich hinter Dylan an. Eine asiatische Kassiererin scannt ihre Waren ein. Ich wende den Kopf ab und schaffe es nur mit Mühe, mir nichts anmerken zu lassen. Dylan kauft eine Dose Thunfisch, einen Karton Eier und eine Flasche Rotwein.
    Sie blättert in einer Frauenzeitschrift und begrüßt die Kassiererin mit lautem Hallo. Nur Dylan würde auf die Idee kommen, eine gemütliche Runde Small Talk zu beginnen, während sie gerade das Gesetz bricht. Ich muss zugeben, dass sie ganz in ihrer Charakterrolle aufgeht.
    »Mein Mann und seine Kumpel sind los, um sich das Spiel anzuschauen, also habe ich endlich einen Abend für mich. Und das muss gefeiert werden!« Dylan zeigt auf die Weinflasche.
    Die asiatische Kassiererin nickt kichernd. Für einen Moment sind die beiden Verbündete und lachen über einen Scherz, den wohl nur zwei ältere, an den Herd gebundene Frauen richtig würdigen können.
    Ich presse krampfhaft die Lippen zusammen und warte darauf, dass Dylan sich verplappert. Aber dann scannt die Kassiererin auch schon meine fünfundsechzig Cent ein und Dylan verschwindet durch die Tür. Ich reiche der Frau ein paar Münzen und folge Dylan zum Auto. Ohne eine Miene zu verziehen, rückt sie die Socken in ihrem Ausschnitt zurecht.
    Ich setze mich in den Wagen und starre sie an, als sei sie eine Art Superheldin, die gerade ihre Kräfte bewiesen hat.
    Grinsend nimmt sie die Sonnenbrille ab. Ihr Lippenstift schimmert feucht. Wieso finde ich den Anblick sexy? Ich komme mir echt pervers vor.
    »Das war schon

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