Dylan & Gray
Uähh.
Boba leckt mir hingebungsvoll die Arme, und als ihm die nackte Haut ausgeht, leckt er an meinem T-Shirt weiter. Die Frau erklärt, dass sie ihn für eine Mischung aus Mastiff und Pitbull hält.
»Außerdem ist er eine Sabbermaschine«, stellt Gray fest. Er schaut zu, wie Boba mir das Gesicht abschleckt und zieht eine Grimasse.
»Anscheinend mag er dich«, sagt die Frau zu mir.
»Ja«, stimmt Gray zu, »wie goldig.«
Ich lächele zu ihm hoch. Das hier ist das beste Überraschungsgeschenk meines Lebens. Und mit einem Mal wird mir klar, dass ich Gray dafür liebe. Nicht auf die himmelhoch schwärmende Art, die in einer Sekunde das ganze Leben umwirft. Das Gefühl ist einfach nur vorhanden, ganz real und mühelos. In der letzten Zeit ist er zu meinem besten Freund geworden.
Wir gehen nach draußen und Boba schleppt sich die zehn Meter zum Auto. Japsend und sabbernd watschelt er vorwärts, während ich ihm nicht von der Seite weiche und ihn bei jedem Schritt anfeuere. Ich lobe ihn, was für ein guter Hund er ist, und zähle all die Orte auf, die wir mit ihm besuchen können, zum Beispiel Paris, die Shopping Mall of America und natürlich Madagaskar.
Gray schüttelt den Kopf. »Ich habe noch nie ein Mädchen getroffen, dass so leicht um den Finger zu wickeln ist. Damit solltest du dich fürs Guinnessbuch der Rekorde bewerben.«
Er öffnet den Wagen und mit vereinten Kräften bugsieren wir Boba als dritten Passagier auf die Rückbank.
»Der Hund bekommt noch einen Herzinfarkt«, stellt Gray fest, während er den Motor anlässt. Ich kann ihm nicht widersprechen. Nach hinten gewandt behalte ich Boba im Auge, murmele beruhigend auf ihn ein und drücke seine Pfote.
»Wenigstens stirbt er dann in Freiheit und nicht in einem dieser schrecklichen Käfige«, sage ich.
Boba hat genug Körpergeruch für eine ganze Meute und bald stinkt es im Auto intensiv nach Hund. Er schüttelt den Kopf, Sabber fliegt durch die Gegend und bleibt in dicken Blobs an den Fenstern kleben.
»Hey, Mann, das ist nicht cool!«, schreit Gray ihn an.
»Er kann doch nichts dafür«, sage ich tadelnd. Ich hole ein Papiertaschentuch hervor, um Spucke vom Armaturenbrett zu wischen, und dann müssen wir beide lachen.
»Beeindruckende Entfernung, Boba«, sage ich.
Plötzlich hüllt uns ein Gestank ein, der so widerlich ist, dass meine Lungen drohen zu streiken. Ich halte mir die Nase zu und lehne den Kopf aus dem Fenster.
»Uuh«, stöhne ich. »Sind wir gerade an einer Müllverbrennungsanlage vorbeigefahren?«
Gray kurbelt ebenfalls sein Fenster herunter. »Glaube ich nicht« sagt er. »Himmel noch mal, Boba. Du hast einen Arsch wie eine Stinkbombe.«
Wir müssen beide würgen. Und lachen. Das Gesundheitsamt sollte unseren Wagen als Gefahrenzone einstufen. Einträchtig entscheiden wir, erst einmal bei einem Hundesalon zu halten, damit Boba wenigstens ein Bad bekommt, wenn wir schon seine Verdauungsprobleme nicht beseitigen können. Sein Fell riecht, als sei es seit Jahren nicht gewaschen worden. Zu spät stellen wir fest, dass Boba sich davor fürchtet, von einer Autorückbank zu klettern. Also hievt Gray die wabbelnde Masse aus dem Wagen, während Boba ihm dankbar das Ohr leckt. Wir machen uns nicht die Mühe, ihn anzuleinen. Es ist unwahrscheinlich, dass er uns davonwatschelt.
Gray
Eine Stunde später sitzen wir draußen im Schatten und schlecken ein Eis. Boba hat seine eigene Waffel bekommen, um gebührend zu feiern, dass er drei ganze Straßenblocks weit gelaufen ist. Anscheinend hat sein frisch glänzendes Fell ihm einen Energieschub verliehen. Ein Problem aber ist geblieben.
»Ernährt sich dieser Hund eigentlich von Schwefel?«, frage ich und wedele mit der Hand vor meiner Nase herum. Boba scheint eine eingebaute Zeituhr zu haben, denn er pupst regelmäßig alle fünf Minuten, was uns jedes Mal fast umwirft.
»Man muss doch was deswegen machen können«, überlegt Dylan.
»Klar. Wir könnten zur NASA fahren und vorschlagen, dass sie Bobas Spezialgas als Raketentreibstoff verwenden«, sage ich.
Sie nickt und muss zugeben, dass es wahrscheinlich funktionieren würde.
Dann zeigt sie auf ein Antiquariat auf der anderen Straßenseite, und wir schlendern dorthin, um uns den Karton voller Sonderangebote anzusehen. Boba schlurft schwankend hinterher. Dylan beschließt, dass wir uns gegenseitig ein Buch aussuchen sollen.
So schwierig kann das ja nicht sein. Ich überfliege die Titel und versuche mir vorzustellen, was Dylan liest.
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