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Dylan & Gray

Dylan & Gray

Titel: Dylan & Gray Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Kacvinsky
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darüber nachdenken?«, frage ich und hoffe, dass ich nicht wie ein verzweifelter Stalker klinge. Da kann sie nämlich ganz beruhigt sein: Ich werde mich nicht an ihr festklammern, nur weil ich ohne sie nicht leben kann. Aber ich weiß, dass ich sie will. Mehr als alles andere auf der Welt. Deshalb finde ich es völlig logisch, dass sie mit mir nach Albuquerque zieht.
    »Natürlich habe ich auch schon darüber nachgedacht«, sagt sie. »Und ich verstehe, warum es für dich perfekt klingt. Aber erst muss ich herausfinden, wer ich bin, Gray. Wie soll ich mein Leben mit jemandem teilen, wenn ich mich selbst noch total unvollständig fühle?«
    So klingt es also, wenn einem der Himmel auf den Kopf fällt. Ich runzele verständnislos die Stirn. »Heißt das, ich reiche dir nicht?«, frage ich streitsüchtig.
    Daraufhin kann sie die Tränen nicht länger zurückhalten.
    Sie erklärt, dass sie immer davon geträumt hat, zu reisen und die Welt zu sehen. Diesen Sommer hat sie das erste Mal über den Tellerrand geschaut. Sie steht noch ganz am Anfang. Phoenix sollte der Beginn ihrer Reise sein. Sie ist bestimmt nicht hierhergekommen, um sich zu verlieben.
    »Aber du liebst mich doch, oder?«, stelle ich fest. Sie zuckt zusammen, als hätte ich sie geschlagen. Manchmal ist nichts verletzender als ein einfacher Satz.
    »Ja, ich liebe dich«, sagt sie. »Das heißt trotzdem nicht, dass ich bereit bin, mein Leben für dich aufzugeben. Du verlangst, dass ich meine Reise abbreche, bevor sie richtig angefangen hat, und gleich auf dem ersten Parkplatz für immer Halt mache. Willst du das wirklich? Soll ich aufhören, ich selbst zu sein? Das hier ist mein Leben! Wenn ich jetzt mit dir nach New Mexico ziehe, dann verwirkliche ich deinen Traum. Aber nicht meinen. Ich werde mich immer fragen, was ich verpasst habe. Wahrscheinlich werde ich dir die Schuld dafür geben. Das ist für uns beide nicht fair.«
    Mein Gehirn weigert sich, ihr zuzuhören. Sie sagt die Wahrheit, aber gerade deshalb ersticke ich fast vor Wut. Muss Dylan so logisch sein? Plötzlich predigt sie Vernunft und ich denke nur wirres Zeug. Ich komme mir total verrückt vor. Verrückt nach Dylan.
    »Und wohin soll die Reise gehen?«, frage ich feindselig.
    Zuerst zu der Hochzeit ihrer Kusine, sagt sie, und dann Richtung Westen. Sie will eine Weile in Kalifornien leben.
    »Ich habe mich per Telefon für einen Job als Kellnerin beworben. Bei einem Café in Shasta City. Sie haben mich genommen und ich kann nächsten Monat anfangen.«
    Dylan hat tatsächlich den Nerv, dabei zu lächeln. Am liebsten würde ich sie erwürgen.
    »Und wann hast du das alles beschlossen?«, will ich wissen.
    »Den Job habe ich erst seit ein paar Tagen«, sagt sie. »Ich habe mich auf Stellen beworben, nachdem du das Stipendium angenommen hast.«
    Sie spaziert weiter, während sie von ihren Träumen redet. Zuerst will sie am Fuße eines Berges leben, dann an der Küste. Eine Weile will sie sich in einer Großstadt niederlassen, wo man kein Auto braucht, sondern mit der Bahn zur Arbeit kommt. Sie stellt sich eine winzige Wohnung mitten in der City vor, einen knarrenden Dielenfußboden und zugige Fenster mit alten Holzrahmen. Sie will Spanisch lernen und nach Mittelamerika reisen. Oder ganz runter vom Kontinent. Sie will einen Sommer in Italien verbringen und als Rucksacktouristin die Ostküste von Australien entlang trampen. Was sie auf keinen Fall will, ist ein Leben ohne Zukunftsvisionen.
    Mit hängendem Kopf stehe ich da. Mein Herz fällt ins Bodenlose und reißt mein Leben mit sich in die Tiefe. Natürlich kann Dylan nicht anders, als ihren Träumen nachzujagen. Wieso musste ich mich ausgerechnet in ein Mädchen verlieben, das schwerer zu halten ist als der Wind? Ich kann nicht verlangen, dass sie in einer Unistadt herumsitzt und auf mich wartet. Sie würde jede Minute hassen. Und sie würde mir ganz zu Recht die Schuld geben, wenn ich ihre Träume in den Schmutz trete.
    Hastig blinzele ich die peinlichen Tränen fort, die mir in die Augen steigen.
    Wir gehen weiter den Weg entlang und Boba trottet hechelnd zwischen uns her. Mir kommt es vor, als würde ich durch tiefes Wasser waten. Jeder Schritt ist anstrengend. Wir haben aufgehört zu reden und mein Kopf ist ganz leer. Was soll man auch sagen, wenn man nicht genug bieten kann, um den anderen zum Bleiben zu bewegen? Was soll man tun, wenn man die Liebe seines Lebens gefunden hat, und das Timing alles kaputtmacht? Wie begreift man, dass selbst ein

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