Dystopia
Geruch an Waffenöl erinnert, aber das traf es noch nicht ganz.
Er schnupperte ein weiteres Mal. Vergeblich. Damit ließ er die Sache auf sich beruhen. Vielleicht war es ja nur der natürliche Geruch von Millionen und Abermillionen von Autos, die für alle Ewigkeit in der Wüste herumstanden. Nur ganz flüchtig kamen ihm Zweifel an diesem Gedanken – wie sollte sich nach über siebzig Jahren unter Sonne und Wind auch nur die Spur irgendeines Geruchs erhalten haben? –, dann stieg er von dem Pick-up herunter und gab den Männern Zeichen, ihm wieder zu folgen.
Sie bogen vor dem Pick-up ab und wandten sich nach Süden. Einen Durchgang nördlich der Reihe, in der die anderen kauerten, ließ Finn die Männer noch einmal anhalten und führte sie nach Westen. Sie würden einfach in dieselbe Reihe einbiegen wie Miss Campbell, wenn sie noch zwei Autos entfernt waren, und die Leute dann kurzerhand überwältigen. Es würde in wenigen Sekunden vorüber sein. So kurz und schmerzlos, wie es unter diesen Umständen nur möglich war.
Travis nahm den ersten Gegenstand aus der Hosentasche, den er aus dem Handschuhfach genommen hatte. Er schüttelte ihn neben seinem Ohr. Leer, ganz wie erwartet. Obwohl es sich um ein so gut wie versiegeltes Behältnis handelte, war sein Inhalt vermutlich längst verdunstet, selbst an einem vor Sonneneinstrahlung geschützten Aufbewahrungsort wie einem Handschuhfach.
Es war nicht weiter schlimm. Der Gegenstand dürfte seinen Zweck hier auch so erfüllen.
Er senkte ihn, bis er die Schicht aus Reifenkrümeln am Boden beinahe berührte.
Kurz vor dem Rand einer der breiten Gassen, die nach Norden und Süden führten, ließ Finn die Männer anhalten. Er konnte die Wärmesignatur ihrer Opfer an dem Minivan sehen, einen Durchgang weiter südlich und auf der anderen Seite der Gasse, zwei Autos entfernt. Die Männer, da war er sich sicher, sahen die Signatur ebenfalls. Lange Absprachen waren nicht nötig. Sie wussten, was zu tun war. Finn trat in die Gasse vor und einen Schritt nach links, damit sie freie Bahn hatten. Gab ihnen mit der Hand Zeichen, in Aktion zu treten.
Sie rückten vor, einer hinter dem anderen, und bewegten sich schräg über die Gasse auf den Durchgang zu, in dem die Opfer kauerten.
Lambert zielte bereits, als Finn einen Schritt zur Seite machte. Er pirschte lautlos vorwärts, ganz gemächlich, einen Schritt pro Sekunde. Es bestand kein Grund zur Eile.
Er kam auf der Höhe des Durchgangs zwischen den letzten paar Autos an und konnte die drei Zielpersonen deutlich sehen. Zwei könnte er auf der Stelle töten, wenn er jetzt abdrückte. Die dritte Person – klein, zierlich – kauerte an der hinteren Ecke des Vans, halb dahinter verborgen. Sie könnte Probleme bereiten, wenn das Feuer zu rasch eröffnet wurde. Könnte weglaufen und sie zu einer, und sei es noch so kurzen, Verfolgungsjagd zwischen den Autos nötigen. Könnte das Feuer sogar erwidern – diese Leute seien bewaffnet, hatte Finn gesagt. Es war wohl ratsamer, sie alle auf einmal zu erledigen.
Lambert hob den Fuß, um den nächsten Schritt zu machen, und hörte dabei ein leises Schmatzen vom Boden aufsteigen. Er sah nach unten. Konnte dort durch sein Nachtsichtgerät nichts erkennen. Blickte wieder hoch zu den Zielpersonen, die noch an die zehn Meter entfernt waren. Die größte der Personen, der Mann offenbar, nestelte am Boden herum. Es sah aus, als würde er irgendetwas in der Hand halten.
Während die Männer an ihm vorbeizogen, trat Finn noch einen Schritt beiseite. Im Dunkel stieß er dabei mit dem Absatz gegen einen Gegenstand, hohl anscheinend. Irgendetwas Großes, Leeres aus Kunststoff, so leicht, dass es bei der Berührung durch seinen Fuß aus dem Weg geschoben wurde. Er senkte den Blick, konnte aber nichts sehen. Was immer es sein mochte, es hatte dieselbe Temperatur wie der Erdboden.
Er ging in die Hocke, tastete herum, wurde fündig. Ein glatter Behälter mit einem Griff.
Und einer Tülle.
Er zog den Behälter näher an sein Gesicht, und beim nächsten Atemzug wusste er genau, um was es sich handelte, und auch, was für einen Geruch er zwanzig Sekunden zuvor auf der Ladefläche des Pick-up wahrgenommen hatte.
Travis war sich sicher, dass das alte Einwegfeuerzeug noch funktionierte, zumindest würde es Funken schlagen. Dem Feuerstein wie auch dem geriffelten Zündrad aus Metall dürften die letzten dreiundsiebzig Jahre hier in Yuma wohl nichts angehabt haben.
Weniger sicher war
Weitere Kostenlose Bücher