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E-Book - Geisterritter

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Titel: E-Book - Geisterritter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Funke
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einer anderen Welt. Ihre Strahlen erstickten in dem Nebel, der über dem Garten hing.
    »Verschwinde«, sagte Longspee mit ruhiger Stimme. »Verschwinde und komm nicht zurück.«
    Stourton antwortete ihm mit einem höhnischen Lachen. Esklang wie das Bellen eines Hundes. Sein Mund klaffte auf, als hätte seine pergamentblasse Haut einen Riss bekommen.

    »Zerreißt ihn!«, rief er – und die Hunde sprangen mit gebleckten Zähnen auf Longspee zu. Dem ersten schlug er den Kopf ab, bevor er die Zähne in seinen Körper schlagen konnte. Der zweite verbiss sich in seinen Arm, aber Longspee stieß ihm das Schwert in den Nacken, und die Bestien lösten sich in dem schmutzigen Nebel auf. Ihr Heulen zerriss mir die Ohren, und ehe ich mich versah, riss Ella mich zu Boden und schlang schützend die Arme um mich. Schwerter klirrten über uns gegeneinander. Kälte vereiste mir die Haut.
    Fünf gegen einen.
    Ich sah ihre Klingen an Longspees Kettenhemd abgleiten, seine Schulter durchbohren, seinen Schenkel aufschlitzen. Ich sah Blut – Wunden, die sich wieder schlossen, als hätte das Licht, das Longspee umgab, sie versiegelt. Zwei von Stourtons Knechten fielen, als Longspee ihnen das Schwert dorthin stieß, wo einst ihr Herz geschlagen hatte, und Dunkelheit quoll ihnen aus der Brust, nahm Menschenform an und löste sich schreiend auf. Dem dritten spaltete der Ritter den Kopf. Es war das Hamstergesicht, das unter meinem Fenster gewartet hatte. Sein Körper zerfiel wie Asche, in die der Wind fuhr, und Stourtons Gesicht stand in Flammen vor Hass, als der sterbende Tag den Weg zurück in den Garten fand.
    Aber Longspee atmete schwer. Als der letzte Knecht ihn angriff, taumelte er, und sein linker Arm hing schlaff herab.
    Ich riss mich von Ella los, um ihm zu Hilfe zu kommen. Doch plötzlich stand Stourton über mir. Ich stolperte, als ich zurückwich. Ella kam mir zu Hilfe, das Holzscheit in der Hand, das ich ihr zumSchutz gegen die Hunde in die Hand gedrückt hatte – tapfere Ella, aber was kann ein Holzscheit gegen einen unsterblichen Mörder ausrichten? Stourton blies ihr seinen faulen Atem ins Gesicht und sie fiel ins Gras. Ich hörte mich aufschreien und fühlte, wie meine Fäuste sich ballten, um ihm das grausame Gesicht zu zerschlagen. Aber Stourton lächelte nur höhnisch auf mich herab und hob das Schwert.
    Das war’s, Jon Whitcroft, schoss es mir durch den Kopf. Wie werden sie sich deinen Tod zusammenreimen? Dass du dich vor lauter Heimweh im Fluss ertränkt hast? Dass du dich selbst in Scheiben geschnitten oder mit schwarzem Rauch erstickt und die arme Ella Littlejohn mit in den Tod genommen hast? Ich glaubte Stourtons Klinge schon zwischen den Rippen zu spüren. Ella irrte sich bestimmt. Natürlich konnte er uns töten. In Stücke würde er uns schneiden! Doch plötzlich erloschen Stourtons Augen wie Glut, die erkaltete, und seine knochigen Hände ließen das Schwert fallen. Longspees Klinge drang ihm vorn aus der Brust, das geschmiedete Eisen so schwarz, als wäre es durch Ruß gestoßen, und der gehängte Lord fiel mir vor die Füße. Rauch drang aus der Wunde in seiner Brust, und sein Stöhnen strich mir übers Gesicht wie eine eisige Hand, als versuchte er, mich doch noch mit sich zu nehmen. Doch dann war es plötzlich still und vor mir lag nur eine leere Hülle wie die Haut einer geschlüpften Libelle.
    Ich zitterte am ganzen Körper. Ich konnte einfach nicht aufhören, während der dunkle Nebel sich um mich herum lichtete und ich plötzlich wieder die Fenster des Internats am Ende des Gartens sah.
    »Ella?«, sagte ich mit bebender Stimme.
    Ich wagte nicht, mich umzudrehen, aus Angst, sie könnte tot hinter mir im Gras liegen, und mein Herz tat einen erleichterten Satz, als ich ihre Stimme neben mir hörte.
    »Oh, das ist widerlich!«, sagte sie – und da stand sie, mit trockenen Blättern im Haar und ein paar Kratzern auf der Stirn, aber lebendig und starrte mit angeekeltem Gesicht auf Stourtons leere Hülle, die sich in der Abendsonne auflöste.
    Die letzten Sonnenstrahlen ließen auch Longspees Züge verblassen. Ich konnte ihn kaum noch erkennen, als er das Schwert zurück in die Scheide schob.
    »Danke!«, stammelte ich. »Danke. Wir …«
    Aber Longspee nickte mir nur wortlos zu, schenkte uns den Schatten eines Lächelns – und war verschwunden.
    Die untergehende Sonne füllte den Garten mit Rot und Gold, und ich konnte keine Kampfspuren entdecken außer ein paar abgebrochenen Zweigen und

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