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Éanna - Ein neuer Anfang

Éanna - Ein neuer Anfang

Titel: Éanna - Ein neuer Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Britt Harper
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Sprache sie nicht einmal einem Land zuzuordnen wusste. »Brendan hat erzählt, dass das Schiff schnell entladen werden muss, weil das Material irgendwo in der Stadt dringend auf einer Baustelle gebraucht wird, und dass sie dafür viele kräftige Männer benötigen.«
    »Ja, natürlich erinnere ich mich daran. Aber etwas in Aussicht zu haben, heißt ja noch lange nicht, dass man den Job auch wirklich bekommt«, erwiderte Emily skeptisch, fügte dann jedoch hastig hinzu: »Obwohl ich natürlich hoffe, dass Brendan mehr Glück hat als wir!«
    »Nun wirf mal nicht gleich die Flinte ins Korn!«, beschwor Éanna die Freundin. »Wir haben heute noch einen guten halben Tag Zeit, um Arbeit zu finden. Und wenn es jetzt nicht klappt, dann eben morgen! Wenn wir ehrlich sind, hat doch keiner von uns ernstlich erwarten können, dass wir gleich am ersten oder zweiten Tag eine Anstellung erhalten. Bei den vielen anderen Menschen, die hier in New York ebenfalls auf Arbeitssuche sind.«
    »Ja, stimmt schon«, räumte Emily zögernd ein. »Aber …«
    Éanna ließ ihre Freundin gar nicht erst ausreden. Jetzt war es wichtig, ihr und sich selbst Mut zu machen. »Na also! Wir beide werden irgendjemanden schon noch davon überzeugen, dass er gut daran getan hat, auf genau uns zu warten!«, versicherte sie mit trotziger Entschlossenheit. »Mein Gott, das wäre doch wirklich gelacht, wenn wir in dieser riesigen Stadt, wo es Fabriken, Manufakturen und andere Betriebe wie Sand am Meer gibt, nicht irgendwo unterkommen würden!«
    Neue Zuversicht zeigte sich auf Emilys Gesicht. »Wie Sand am Meer?« Sie musste lachen. »Übertreib mal nicht.« Sie zögerte. »Vermutlich habe ich es mir insgeheim wohl doch etwas einfacher vorgestellt, hier Fuß zu fassen, und bin nun einfach ein bisschen enttäuscht.«
    »Und außerdem brauchen wir uns doch noch längst keine Sorgen über unser Auskommen zu machen, auch wenn es noch etwas dauern sollte, bis wir eine Arbeit gefunden haben«, fuhr Éanna energisch fort. »Da sind ja noch die Bücher, die Mister O’Brien mir in Dublin geschenkt hat. Mit dem Geld, das ich beim Verkauf der Bände erhalten werde, können wir uns noch Wochen über Wasser halten, ohne Hunger leiden zu müssen!«
    Bei der Erwähnung von Patrick machte Emily ein nachdenkliches Gesicht.
    »Du hast auf dem Schiff noch mal mit ihm gesprochen, als wir unten auf dem Kai auf dich gewartet haben, stimmt’s?«, fragte sie leise. »Hat er gesagt, dass er dich gern wiedersehen will?«
    Éanna errötete leicht. »Was du schon wieder denkst!«
    »Komm, gib es zu!«, drängte Emily.
    »Na ja … ja … er hat mich vor der Relingspforte kurz abgepasst und … und mir noch ein paar gute Ratschläge gegeben. Dass wir uns bloß keine Banknoten andrehen lassen sollen, dass wir seine Bücher hier in New York am besten in einer Buchhandlung namens Templeton’s Fine Books verkaufen und … und noch andere Ratschläge eben«, antwortete Éanna ausweichend.
    Emily schaute sie aufmerksam an. »Und ich soll dir nun glauben, dass das alles gewesen ist, was er zu dir gesagt hat? Komm, bind mir doch keinen Bären auf, Éanna! Ich weiß, wie verliebt er in dich ist. Du hättest doch damals in Dublin bloß mit den Fingern schnippen müssen und er hätte dir zu Füßen gelegen.«
    »Patrick liegt keinem zu Füßen und vor mir schon gar nicht, schon allein, weil ich das nicht will, wie du sehr wohl weißt, Emily Farrell!« Éanna hatte ihre alte Sicherheit zurückgewonnen.
    »Oh, oh! Jetzt wird das Eis, auf dem ich mich bewege, wohl sehr dünn. Wenn du Emily Farrell zu mir sagst, ist es immer allerhöchste Zeit, den Mund zu halten!«, entgegnete Emily erschrocken, doch in ihren Augen funkelte es belustigt.
    »Richtig erkannt!«, brummte Éanna betont grimmig, um nicht in Versuchung zu geraten, sich von dem amüsierten Blick ihrer Freundin anstecken zu lassen. Sie sprang auf. »Statt noch mehr Zeit mit törichtem Gerede zu vertrödeln, sollten wir uns lieber wieder auf den Weg machen! Mal sehen, ob es irgendwo drüben bei den Fabriken am Hudson Arbeit für uns gibt!«
    Arbeit gab es entlang des Hudson River sehr wohl, wie die schier endlosen Ketten rauchender Fabrikschornsteine den beiden Mädchen schon von Weitem verrieten, als sie sich dem Hafenviertel näherten. Auf dem Gelände vor den meisten der lang gestreckten, eingerußten Backsteingebäude herrschte rege Betriebsamkeit: Schwer beladene Fuhrwerke lieferten neues Rohmaterial an, andere transportierten die

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