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Éanna - Ein neuer Anfang

Éanna - Ein neuer Anfang

Titel: Éanna - Ein neuer Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Britt Harper
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Miene unschwer erkennen ließ, nicht mehr in Plauderstimmung. »Du kannst sicher sein, dass wir Mittel und Wege gefunden haben, dieses Problem zu lösen!«, entgegnete er knapp, während er seinen Schemel zurückstieß und aufstand. »Aber das erzähle ich dir einmal, wenn man vernünftig miteinander reden kann!« Dabei bedachte er Éanna und Emily mit einem wütenden Blick. »Du weißt jetzt ja, wo du mich finden kannst, Brendan. Und wenn du clever bist, machst du bei uns mit und verdienst dir so wie ich eine Stange Geld, ohne dir dafür die Finger zu beschmutzen und dich abzurackern!« Mit diesen Worten wandte er sich abrupt um und steuerte einen der freien Tische in der entgegengesetzten Ecke des Schankraums an.
    Als sich in dieser Nacht Brendan zu ihr herunterbeugte, leise ihren Namen flüsterte und ihr seine Hand entgegenstreckte, blieb sie regungslos liegen. Abermals tauchten die Bilder vor ihr auf, was passiert wäre, wenn der Kampf anders ausgegangen wäre, wenn Brendans Gegner einmal zu heftig zugeschlagen hätte – oder an der falschen Stelle. Und noch etwas ging ihr durch den Kopf: Was wäre, wenn Toms Einfluss auf Brendan größer würde? Würde Brendan genauso leichtsinnig wie den Kampf einzugehen zum Betrüger werden? Nur um Geld zu verdienen?
    Sie schluckte und Tränen stiegen in ihre Augen. »Versprich mir, dass du es nie wieder tust«, flüsterte sie leise in die Dunkelheit.
    »Ich verspreche es dir«, sagte er.
    Jetzt erst ergriff sie seine Hand und drückte so fest zu, als wolle sie niemals wieder loslassen.

Achtes Kapitel
    Es dauerte bis zum sechsten Tag ihrer Ankunft in Amerika, bis sich der erste kleine Lichtblick zeigte. Am Abend zuvor hatten sie schon darüber gesprochen, dass sie sich allmählich nach einer billigeren Unterkunft umsehen müssten, falls in den folgenden Tagen keiner von ihnen eine Arbeit fand. Und Brendan hatte sogar kurz auf die Bücher angespielt und Éanna gefragt, ob sie sich nicht einmal bei einem Buchhändler erkundigen wolle, wie wertvoll sie seien. Es war ihm sichtlich schwergefallen, dieses Thema anzusprechen – so wie er alles mied, was irgendwie mit Patrick O’Brien zu tun hatte.
    Genau wie in den Tagen zuvor verließen Éanna, Brendan und Emily auch an diesem Morgen das Logierhaus um halb sechs. Denn wer schon zu so früher Stunde unterwegs und auf der Suche nach Arbeit war, konnte hoffen, in einer Fabrik oder im Hafen für jemanden eingestellt zu werden, der an diesem Tag krank war oder aus einem anderen Grund nicht pünktlich zur Arbeit erschien.
    Mit einem Kuss und einem Lächeln trennte sich Éanna vor dem Emerald Isle von Brendan. Als sie wenige Minuten später der Eldridge Street nach Norden folgten, stießen Éanna und Emily auf einmal auf eine Ansammlung von kleinen Mädchen, die sich, gut fünf Dutzend an der Zahl und viele von ihnen nicht älter als sieben oder acht Jahre, in einer schmalen Tordurchfahrt drängten.
    Neugierig ging Éanna näher. »Schau mal dahinten die Kinder, Emily! Los, lass uns mal herausfinden, was es mit diesem Gedränge auf sich hat!« Kurz entschlossen lief sie auf die Gruppe zu und sprach eines der Mädchen an, das ganz hinten stand und eifrig achtgab, beim Vorrücken nicht den Anschluss zu verlieren.
    »Da im Hof ist der Laden von Mister Patterson«, erklärte das schmächtige Kind. »Da kann man Streichhölzer kaufen.«
    »Kaufen?«, wiederholte Éanna verständnislos.
    Das Mädchen lachte und zeigte dabei mehrere Zahnlücken. »Ja, erst kaufen, um sie dann zu verkaufen natürlich. Mister Patterson gibt hier jeden Morgen siebzig Streichholzschachteln für vierzig Cent ab«, erklärte es bereitwillig. »Dann nimmt man aus jeder Schachtel ein paar heraus und macht daraus noch zwanzig oder sogar mehr kleine Extrabündel, die man mit Garn umwickelt. Und dann verkauft man die Schachteln und die Bündel für einen Cent das Stück. An einem guten Tag und in einem guten Revier kann man mit einem Gewinn von fünfzig Cent nach Hause kommen.«
    Éanna und Emily sahen sich an. Fünfzig Cent war in ihrer prekären Lage eine Menge Geld.
    »Was meinst du, wollen wir es versuchen?«, fragte Éanna aufgeregt. Endlich schien sich ihnen die Chance zu bieten, zumindest ein wenig Geld zu verdienen.
    Emily nickte. »Und ob ich das meine! Aber haben wir auch genug Geld dabei, um diese Streichholzschachteln zu kaufen?«
    Sie kramten ihre Münzen aus der Tasche, zählten rasch ihren Wert zusammen und kamen auf dreiundvierzig Cent. Sofort reihten

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