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Eanna - Stürmische See - Éanna ; [2]

Eanna - Stürmische See - Éanna ; [2]

Titel: Eanna - Stürmische See - Éanna ; [2] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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sondern Herren über eigenes Land!«
    Nur zu gern ließ sich Éanna von ihm zum Träumen verführen. In der Zeit, die ihnen blieb, malten sie sich aus, wie es sein würde, als freie Menschen in einem freien Land leben zu können, einem Land mit weiten und fruchtbaren Feldern, so weit das Auge reichte.
    Doch in dieser Nacht träumte Éanna nicht von einem eigenen kleinen Bauernhof in Amerika, sondern wurde von einem entsetzlichen Albtraum heimgesucht. Sie sah sich zusammen mit Brendan in finsteren und verwinkelten Kellergängen, in denen sie auf Rattenjagd gingen. Sie hatten die Arme mit dem schauderhaften Gebräu beschmiert, das Aidan beschrieben hatte. Und als sie beide wieder einmal ihre Arme in die klaffenden Mauerlöcher steckten, wurden sie von Dutzenden scharfer Rattenzähne gebissen. Es waren so viele Bestien, dass es aus der Falle kein Entrinnen mehr gab.
    Mit einem Schrei und in kalten Schweiß gebadet erwachte sie aus dem Albtraum. Danach fand sie nicht wieder in den Schlaf zurück. Wach und voller Angst, was ihr der neue Tag wohl bringen mochte, lag sie neben Emily im Bett und wartete mit klopfendem Herzen darauf, dass die Zeit zum Aufstehen endlich kam.

Neuntes Kapitel
    Der Morgen brachte ihr und Emily Glück – und zugleich neues Elend.
    Dass die beiden Plunkett-Schwestern dem Fabrikleiter Graham Cooley nur wenige Minuten vor Arbeitsbeginn mitteilten, dass er sie aus seiner Lohnliste streichen könne, ihm aber sofort zwei arbeitsfähige Nachfolgerinnen präsentierten, erwies sich als geschickter Schachzug. Zwar hätte sich Mister Cooley auch zwei andere aus den gut vierzig, fünfzig Mädchen und Frauen heraussuchen können, die sich jeden Morgen in der Hoffnung auf eine Anstellung auf dem Hof vor der Fabrikhalle einfanden. Aber dass Éanna und Emily schon vor ihm standen und er sich nicht erst hinaus in die Kälte begeben musste, war für sie von großem Vorteil. Zu ihren Gunsten sprach auch, dass sie nicht so ausgehungert und in Lumpen gekleidet waren wie all die anderen Bewerberinnen auf dem Fabrikhof.
    Der Fabrikleiter machte deshalb auch keine Umstände.
    »Also gut, dann wollen wir es mit euch beiden probieren. Was ihr an Lohn zu erwarten habt, werdet ihr ja schon wissen, nehme ich an.« Er hob fragend die Augenbrauen.
    Éanna und Emily nickten. »Ja, Mister Cooley«, sagten sie wie aus einem Mund.
    »Dann kommt mit!«, forderte er sie auf. »Ich bringe euch zu Missis Paddington. Sie wird euch eure Plätze zuweisen und jemanden von den älteren Frauen zu euch schicken, damit sie euch in eure Arbeit einweist.« Und ohne die beiden Plunkett-Schwestern noch eines Blickes zu würdigen, führte er sie eiligst aus seinem Büro.
    »Viel Glück! Und bis auf bald in New York!«, rief Ria ihnen im Gang zur Fabrikhalle noch zu. »Ihr habt ja die Adresse unseres Bruders. Meldet euch, wenn ihr es über den Großen Teich geschafft habt!«
    Graham Cooley schnaubte geringschätzig. »Was für kindische Träume die Leute haben! Amerika!«, knurrte er und schüttelte den Kopf. »Als ob da die Straßen mit Gold gepflastert wären und einem die gebratenen Tauben nur so ins Maul fliegen würden! Das Letzte, auf das die Amerikaner warten, ist eine Schwemme zerlumpter irischer Einwanderer! Da wird für den Dollar genauso hart gearbeitet wie hier für den Shilling!«
    Emily und Éanna warfen sich verstohlene Blicke zu. Emily sagte geflissentlich: »Damit habt Ihr sicherlich recht, Mister Cooley. Deswegen bleiben wir auch lieber hier in Irland, zumal wir doch jetzt gute Arbeit haben.«
    »Du sagst es«, pflichtete Éanna ihr bei. Sollte der Fabrikleiter glauben, was er wollte, solange sie bei ihm nur in Lohn und Brot standen!
    Der Lärm, der aus der angrenzenden Fabrikhalle drang, wurde immer größer. Und als Graham Cooley eine schwere, breite Eisentür aufzog und sie mit ihm die Halle betraten, war der Krach kaum noch auszuhalten. Alice hatte ihnen schon die Zustände in der Fabrik beschrieben, aber so schlimm hatten sie es sich nicht vorgestellt.
    Es schlug ihnen eine Schwüle entgegen, die ihnen im ersten Moment den Atem raubte. Ihnen war, als befänden sie sich in einem riesigen Backofen. Die Hitze kam von den mit Dampfkraft angetriebenen Spinnmaschinen, die dicht an dicht in sechs langen Reihen standen.
    Die Arbeit hatte bereits begonnen. Bleiche Mädchen und Frauen, mindestens hundert an der Zahl und zumeist in Lumpenkleidern und mit teils geröteten und entzündeten Augen, eilten zwischen den ratternden

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