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Eanna - Stürmische See - Éanna ; [2]

Eanna - Stürmische See - Éanna ; [2]

Titel: Eanna - Stürmische See - Éanna ; [2] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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weiß Gott noch nie in meinem Leben harte Arbeit gescheut und scheue sie heute weniger denn je. Aber ich weiß nicht, ob ich diese ständigen Erstickungsanfälle noch einen Tag länger aushalten kann, geschweige denn Woche um Woche«, gestand sie ihrer Freundin, als sie um sechs Uhr im Strom der anderen Fabrikarbeiterinnen hinaus ins kalte Freie wankte. Sie fühlte sich erschöpft und zerschlagen wie selten zuvor. »Lieber würde ich für denselben Lohn wieder in einem Steinbruch arbeiten wie damals, als wir uns das erste Mal begegnet sind.«
    »Na, ich weiß nicht, ob ich mich darum reißen würde«, erwiderte Emily skeptisch, die den Tag sehr viel besser überstanden hatte. »Ich bin sicher, dass du dich genauso daran gewöhnen wirst wie all die anderen, die sich mit uns in der Halle plagen. Das gibt sich schon, du wirst sehen.«
    Éanna seufzte bedrückt. »Ich wünschte, ich könnte daran glauben«, murmelte sie niedergeschlagen.
    Sie war an diesem Abend so erschöpft, dass sie nicht einmal die Kraft fand, sich nach dem Abendessen zu einem kurzen Gang zu Brendan aufzuraffen. Sie wollte nichts weiter als schlafen.
    Am zweiten Tag erging es ihr in der Spinnerei noch schlimmer als zuvor. Immer öfter hatte sie das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, und glaubte, ersticken zu müssen. Der Hustenreiz plagte sie und sie lief so oft zur Wassertonne, dass sie an diesem Tag gleich fünfmal den Abtritt aufsuchen musste und ganze fünf Farthing Lohn verlor. Hinzu kam, dass sie immer wieder unter heftigen und langen Hustenanfällen litt, während derer sie ihre Maschinen unbeaufsichtigt lassen musste. Mehrmals wurde sie von der Aufseherin in ihrem Gang ermahnt und am späten Nachmittag gab ihr Miss Paddington eine Verwarnung.
    »Reiß dich gefälligst zusammen und mach nicht so ein Theater!«, schrie die Oberaufseherin sie an und versetzte Éanna mit ihrer Gerte einen schmerzhaften Hieb auf den linken Oberarm. »Wenn du so weitermachst, lasse ich dich noch vor dem Wochenende aus der Lohnliste streichen, merk dir das!« Worauf noch ein zweiter Hieb folgte.
    Sowohl Emily als auch Brendan, zu dem sie trotz aller Erschöpfung an diesem Abend gegangen war, redeten ihr aufmunternd zu. Die offensichtliche Besorgnis in Brendans Augen, als er eine nach Luft ringende Éanna in seine Arme schloss, taten ihr gut. Und auch die liebevollen Worte, die er in ihr Ohr flüsterte, linderten ihr Leid ein wenig. Es gelang ihm sogar, sie durch einige Clownerien abzulenken und zum Lachen zu bringen.
    Aber alles gute Zureden und verzweifelte Wollen half nicht. Der folgende Vormittag in der Spinnerei war eine einzige Qual mit dementsprechend vielen Ausfällen und Zurechtweisungen. Kurz nach der zweiten Mittagsstunde jagte Miss Paddington sie mit Gertenhieben aus dem Gang und schickte sie zu Mister Cooley, damit sie sich den Lohn für zweieinhalb Tage auszahlen ließ – minus der elf Farthing Abzüge, die sie in dieser Zeit auf ihrer Karte notiert hatte.
    »Du setzt deinen Fuß nicht wieder in diese Spinnerei!«, schrie sie ihr voller Verachtung nach. »Geh auf die Straße betteln! Vielleicht taugst du ja wenigstens dazu!«
    Mit kaum zweieinhalb Shilling in der Tasche und wieder arbeitslos stand Éanna wenig später auf der Straße. Ihre Verzweiflung kannte keine Grenzen, während sie ziellos durch die Straßen Dublins irrte. Schließlich sank sie an einem Trümmergrundstück auf den Rest einer Mauer, schlug die Hände vors Gesicht und ließ ihren Tränen freien Lauf. Sie schämte sich ihres Versagens und wusste nicht, was sie Brendan am Abend erzählen sollte. Sie hatte ihre einzige Einkommensquelle verloren und damit jede Hoffnung, jemals dem Hunger und dem Elend der letzten Monate entfliehen zu können. Der Traum von einem neuen Leben in Amerika schien unerreichbar geworden. Sie wusste ja nicht einmal, wovon sie nun Essen und Miete bestreiten sollte!

Zehntes Kapitel
    Éanna wusste nicht, wie lange sie schon dort an der Mauer gekauert hatte, als sie plötzlich eine zarte Berührung an ihrer Schulter spürte. Sie nahm die Hände von ihrem tränenüberströmten Gesicht und hob den Kopf. Und da sah sie Neill auf seinen Krücken vor sich stehen! Er balancierte auf der einen und hatte sie mit der anderen sanft angestoßen.
    »Was ist Euch bloß zugestoßen, dass Ihr so verzweifelt weinen müsst, Miss Sullivan?«, fragte er betroffen und klemmte sich nun wieder beide Holzkrücken unter den Arm. »Noch vor ein paar Tagen habt Ihr doch mit der Sonne um

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