Eanna - Stürmische See - Éanna ; [2]
Nähe zu trauen.
»Brendan hat so wenig Proviant in seinem Sack mit an Bord gebracht, dass er jetzt kaum noch etwas davon übrig haben kann«, sagte sie eines Abends zu ihrer Freundin. »Ich muss ihm etwas von unserem Proviant bringen, Emily! Immerhin hat er ein Gutteil davon mit seinen Ersparnissen bezahlt. Deshalb steht ihm auch sein Anteil daran zu. Ich hoffe, du verstehst das und bist mir nicht böse, wenn wir uns den Gürtel noch etwas enger schnallen müssen.«
Emily verstand sehr wohl, was sie über ihr Gerechtigkeitsgefühl hinaus noch dazu bewog, einiges von ihrem Vorrat an Brendan abzutreten. Aber sie unterließ es, sie darauf anzusprechen, weil es sowieso nichts an Éannas Entschluss geändert hätte.
»Was ihm zusteht, soll er natürlich bekommen«, sagte sie deshalb. »Außerdem habe ich gar keinen Grund, dir böse zu sein. Wie könnte ich auch? Von dem wenigen Geld, das ich zuschießen konnte, hätte ich mir ja noch nicht einmal ein Halbe-Seele-Ticket leisten, geschweige denn all die anderen Sachen kaufen können. Aber überlege dir gut, was du tust und sagst, wenn du mit Brendan sprichst!«
Éanna nickte eifrig und konnte mit ihrem Topf und den Beuteln gar nicht schnell genug zu Brendan kommen. Sie hatte aus den Augenwinkeln beobachtet, wie er kurz vorher vom Deck heruntergekommen war, und wusste, dass sie ihn bei seiner Koje antreffen würde.
Als sie den Mittelgang auf der Steuerbordseite hochging, hielt sie nach Caitlin Ausschau. Erleichtert stellte sie fest, dass sie sich weder im Gang aufhielt noch in ihrer Koje. Vermutlich ging sie wieder einmal in irgendeinem dunklen Winkel oder unten im stinkenden Orlopdeck, das sich direkt unter ihrem Quartier befand und wo die Fracht der Metoka eingelagert war, ihrem Gewerbe nach. Sie und einige andere junge Frauen, die ihren Körper für jede Art von Vergünstigung an Mitpassagiere und Seeleute verkauften, konnten sich über einen Mangel an Interesse für ihre Dienste nicht beklagen. Manche trieben es sogar schamlos in der Nacht in ihren Kojen und gaben sich dabei auch keine Mühe, ihr anrüchiges Tun vor den Augen und Ohren ihrer Landsleute in den benachbarten Kojen zu verbergen.
Brendan begrüßte sie nicht eben freundlich. Seine Miene war reserviert und seine Stimme kühl, als er knapp fragte, was sie von ihm wollte.
»Ich mache mir Sorgen, dass du nicht genug zu essen bekommst, Brendan«, sagte sie mit belegter Stimme. »Du kannst doch kaum noch was in deinem Proviantsack haben.«
»Und wennschon«, erwiderte er knapp. »Auf deine Almosen bin ich jedenfalls nicht angewiesen!«
Sein harter, abweisender Ton schmerzte sie. Éanna unterdrückte das heftige Verlangen, ihn noch einmal um eine Aussprache zu bitten. Sie wollte sich damit begnügen, wenn er sich jetzt wenigstens willens zeigte, von ihr seinen Teil der Vorräte anzunehmen. Damit wäre immerhin schon ein kleiner Fortschritt erreicht, wie sie sich in Gedanken versicherte.
»Es ist kein Almosen, Brendan«, erwiderte sie. »Du hast ja auch mit deinem Geld dafür bezahlt! Das andere ist doch fast alles für die Tickets und all die anderen Sachen draufgegangen, die wir zu den Vorräten noch gekauft haben.« Dass es sich bei dem »anderen« Geld um die fünfzehn Pfund von Patrick handelte, brauchte sie nicht ausdrücklich zu erwähnen.
Er zögerte und kämpfte sichtlich mit seinem Stolz.
»Nun nimm es schon!«, forderte sie ihn auf. »Du hast hart dafür gearbeitet und es steht dir zu, egal was du von mir denken magst! Von den schändlichen Rationen, die Captain Crimshaw an uns austeilen lässt, kannst du nicht leben!«
»Das ist wohl wahr!«, stieß er grimmig hervor und vergaß in seinem Zorn für einen Moment seinen Vorsatz, sich nicht auf ein Gespräch mit ihr einzulassen. »Aber das können wir uns nicht mehr lange gefallen lassen! Schon gar nicht, dass sie uns jeden Tag um unsere Wasserration betrügen! Da muss unbedingt etwas geschehen.«
»Was soll denn da groß geschehen?«, fragte Éanna verblüfft. »Wir sind doch der Willkür von Crimshaw und seiner Mannschaft hilflos ausgeliefert. Er kann tun und lassen, was ihm beliebt. Wir sind auf See und da gibt es niemanden, bei dem wir unser Recht einklagen könnten.«
»Das werden wir ja sehen, ob wir wirklich so hilflos sind, wie du und die englische Lumpenbande um Captain Crimshaw glauben! Dem muss endlich das dreckige Handwerk gelegt werden, wenn er sich weiterhin auf unsere Kosten die Taschen füllt!«, erwiderte Brendan mit einer
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