Earth Girl. Die Begegnung
suchen, und jetzt dasselbe Spiel mit Devon. «Sie haben damit gerechnet, dass er etwas Derartiges sagt? Deshalb konnten Sie also diese ganzen Details über mich herunterbeten!»
«Aber natürlich, Jarra. Wenn ich eine meiner Mitarbeiterinnen als Köder benutze, um die Chimären aus den Schatten zu locken, dann sorge ich auch dafür, sie angemessen verteidigen zu können.»
Ja, dachte ich. Das letzte Mal war es Drago gewesen, der zu mir gestanden hatte, und diesmal Colonel Torrek selbst. Ich konnte ihn nicht dafür hassen, dass er mich auf diese Weise gegen Gaius Devon ausgespielt hatte. Schließlich kämpfte er für die Menschheit, und vor allem für den Teil, der wie ich hier auf der Erde gefangen saß. Was ich wirklich hasste, war die Tatsache, dass es den Leuten immer nur um meine Behinderung ging, egal wo ich war oder was ich tat. Ich war aber nicht nur ein defektes Immunsystem, ich war ein Mensch!
«Gaius Devon hat alle Glaubwürdigkeit verloren», fuhr Colonel Torrek fort, «und ich habe soeben allen Angst eingejagt, indem ich sie schonungslos daran erinnert habe, dass ein Präventivschlag zur Auslöschung der Menschheit führen könnte. Jetzt müssen uns die Politiker mehr Zeit einräumen, um Kontakt mit der Kugel aufzunehmen. Natürlich bin ich dabei das Risiko eingegangen, eine Massenpanik auszulösen, aber deshalb waren Sie ja eine solch perfekte Kandidatin für den Job als Feldkommandeurin.»
Verwirrt schüttelte ich den Kopf. «Was? Warum das denn?»
Colonel Torrek lachte. «Weil Sie von Tellon Blaze abstammen, Jarra. Sämtliche Nachrichtensender in allen Sektoren zeigen momentan Vid-Clips über ihn.»
Automatisch warf ich einen Blick hinüber zur Wand, auf der die Earth Rolling News liefen, und sah prompt eines der berühmten Bilder von Tellon Blaze. «Aber das ist doch lächerlich. Wir kämpfen ja nicht, wir graben bloß Dinge aus.»
«Hier geht es nicht um Tatsachen oder Logik, sondern nur um Gefühle», erklärte mir Colonel Torrek. «Die schreckenerregendsten Kreaturen, denen die Menschheit je begegnet ist, waren die Chimären von Thetis. Jeder hat die Unterhaltungsvids gesehen, aus denen die Legende von Tellon Blaze und seinem Kampf gegen die Ungetüme hervorgegangen ist. Ein achtzehnjähriger Junge, dem das Unmögliche gelingt, die Menschen zum Kampf gegen einen fürchterlichen Gegner um sich zu scharen und sie zum Sieg zu führen. Nun begegnen wir zum ersten Mal intelligenten Aliens. Alle trösten sich mit dem Gedanken, dass ein neuer Tellon Blaze das Kommando hat und bereit ist, sie zu retten, falls sich herausstellen sollte, dass die Außerirdischen mit feindlichen Absichten gekommen sind.»
Ich war sprachlos. Eine solche Reaktion hätte ich verstehen können, ja vielleicht sogar selbst ähnlich empfunden, wenn der Nachfahre von Tellon Blaze jemand wie Drago wäre, aber wenn es sich dabei um mich handelte … «Sir, ich bin doch bloß eine Geschichtsstudentin. Wie kann da irgendjemand glauben …»
«Sie glauben es, weil sie es glauben wollen. Weil sie Angst haben und sich dadurch sicherer fühlen. Vergessen Sie Gaius Devons Beschimpfungen. Indem er zu diesem sensiblen Zeitpunkt eine Nachfahrin von Tellon Blaze beleidigt hat, hat er nicht Ihnen, sondern sich selbst geschadet, und ich würde an seiner Stelle nicht wagen, auch nur einen Fuß in den Beta-Sektor zu setzen.»
Der Beta-Sektor, überlegte ich. Natürlich. Es war ja nicht nur so, dass Tellon Blaze aus Beta stammte, Thetis lag ebenfalls in diesem Sektor, deshalb würde man dort ganz besonders empfindlich reagieren. Es erinnerte mich an die Situation, als mir alle dauernd salutiert hatten, weil ich den Artemis-Orden trug. Ich war nur ein ahnungsloses junges Mädchen, das zufällig zur rechten Zeit am rechten Ort gewesen war, aber die Leute hatten ja auch nicht wirklich mir salutiert, sondern der Tradition von Mut und Aufopferung, die der Orden an meiner Schulter symbolisierte.
Das jetzt war genau dasselbe. Ich war immer noch ein ahnungsloses junges Mädchen, aber ich vertrat die schillernde Legende von Tellon Blaze. Wenn das Militär mich für diese Aufgabe brauchte, um eine Massenpanik zu verhindern, dann musste ich mein Bestes geben.
«Jetzt muss ich mit Ihnen die Einzelheiten besprechen», sagte Colonel Torrek. «Die Nachrichtensender wollen alle ihre eigenen Reporter und Vid-Teams zur Grabungsstätte Zulu schicken.»
Ich zwang mein benebeltes Hirn, sich auf praktische Dinge zu konzentrieren. «Das können wir auf gar
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