Earth Girl. Die Begegnung
anderen zufüge.» An dieser Stelle holte ich tief Luft, weil es mir unendlich schwerfiel, den nächsten Teil auszusprechen. «Natürlich kann ich dem Tell-Clan jetzt nicht mehr beitreten, weil ich eine Schande für sie wäre. Und dann ist da noch unser Paaringsvertrag. Er läuft heute Abend ab, und ich halte es für das Beste, wenn wir mit dem Erneuern warten, bis das alles hier …»
Er unterbrach mich erneut. «Ich weiß, was du jetzt sagen willst, aber das kannst du dir gleich aus dem Kopf schlagen. Ich werde nicht abwarten, ob wir ein Alien-Gerät finden, um dann entweder einen neuen Paaringsvertrag mit dir abzuschließen oder dich fallenzulassen, wenn wir keinen Erfolg haben. Wir ziehen das jetzt gemeinsam durch, egal ob wir gewinnen oder verlieren.»
«Aber was ist mit deinen Eltern? Man wird sich in den Newzies aller Sektoren über mich lustig machen.»
Er zog eine Grimasse. «Ich habe schon zig Mails von meinen Eltern bekommen. Natürlich war es ein ziemlicher Schock für sie, dass ich dem Militär beigetreten bin. Meine Mutter macht sich Sorgen wegen der Gefahren. Zivilisten können damit rechnen, hundert Jahre alt zu werden, bevor sie friedlich in einem Tank sterben, weil ihr Körper es durch keinen weiteren Verjüngungszyklus mehr schafft, aber viele Militärs kommen beim Einsatz ums Leben.»
«Ich verstehe ja, dass meine Mutter mich beschützen will», fuhr er seufzend fort. «Aber sie muss mich meine eigenen Entscheidungen treffen lassen. Mein Vater … na ja, der schimpft herum, dass das Militär damals meinen Urgroßvater schmählich auf Herkules ausgesetzt hat. Er meinte, er habe den Mund gehalten, als man mir den Earth Star verliehen hat, und sei ja sogar zur Feier gekommen, um mir zu zeigen, dass er mir nicht die Schuld daran gibt, aber er ist stinkwütend, dass ich nun tatsächlich zum Feind übergelaufen bin.»
Ich konnte es kaum fassen. «Aber es ist ein Verbrechen gegen die Menschheit, dem Ruf des Alien-Kontakt-Programms nicht zu folgen, deshalb hattest du gar keine Wahl! Was hättest du denn seiner Meinung nach tun sollen? Dich weigern und dafür ins Gefängnis wandern? Theoretisch hättest du sogar hingerichtet werden können.»
«Dem Ton seiner letzten Nachricht nach zu urteilen, wäre es meinem Vater wohl lieber gewesen, man hätte mich erschossen. Das ist genauso bescheuert wie Kraths Vater, der von seinem Sohn erwartet, sich aus Arche rauszubuddeln. Sich Gedanken um irgendeinen alten Familiengroll zu machen, wenn die Menschheit den ersten Kontakt mit Außerirdischen hat, und Hilfe zu verweigern, wenn das Überleben der menschlichen Rasse bedroht ist, das wäre doch …»
«Deshalb also haben sich deine Eltern nach der Ordensverleihung so komisch verhalten», meinte ich. «Der Grund für diese ganzen angestrengt höflichen Unterhaltungen war also nicht nur meine Behinderung. Wenn es ihnen schon nicht gefiel, dass du den Earth Star bekommen hast … Und dann werde ich auch noch mit dem Artemis ausgezeichnet. Vermutlich habe ich viel davon geredet, dass meine Großmutter ebenfalls Colonel beim Militär war.»
Fian schüttelte den Kopf. «Meinem Vater hat das nicht gefallen, aber meine Mutter … Erinnerst du dich, dass ich mal erwähnt habe, dass es da eine alte Familienangelegenheit gibt, die sich immer mehr zuspitzt?»
«Ja.»
Er seufzte. «Die Lage scheint jetzt ziemlich klar zu sein, deshalb erzähle ich es dir besser. Meine Mutter wollte immer eine vollwertige Ehe, aber mein Vater bestand auf der üblichen fünfundzwanzigjährigen Standardehe für Leute, die vorhaben, Kinder zu bekommen.»
Rasch rechnete ich nach. Fians Schwester war einige Jahre älter als er, was vermutlich bedeutete …
«Ihre Ehe wird gegen Ende des Jahres auslaufen», fuhr Fian fort. «Meine Mutter hat damit gerechnet, dass sie den Vertrag um eine weitere Laufzeit verlängern würden, aber kurz vor der Ordensverleihung hat mein Vater das Haus zum Verkauf ausgeschrieben. Damit hat er ihr durch die Blume zu verstehen gegeben, dass er aus der Beziehung die zwei Kinder bekommen hat, die er wollte, aber an einer Fortsetzung nicht mehr interessiert ist.»
Es war Fian anzusehen, wie sehr ihn das alles mitnahm. «Meine Mutter ist fix und fertig. Sie hat versucht, meinen Vater umzustimmen, aber keine Chance. Er scheint zu erwarten, dass sie bis zum letzten Tag des Vertrages ein Paar bleiben und sich dann trennen, als hätte es nie irgendwelche Gefühle gegeben. Vielleicht war das ja bei ihm tatsächlich der
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