Earth Girl. Die Begegnung
Fall, denn er war schon immer ziemlich gefühlskalt, aber meine Mutter …»
Fian ließ den Satz unbeendet. Offensichtlich musste er sich erst wieder fangen. Ich nahm seine Hand und blickte hinab auf den Paaringsring an seinem Finger. Jetzt wusste ich, weshalb Fian sich so viele Gedanken um längerfristige Bindungen machte und weshalb es ihm so viel bedeutet hatte, dass ich Ringe ohne Ablaufdatum gewählt hatte. Er musste mit ansehen, was seine Mutter durchmachte, und er wollte keine Beziehung mit jemandem, der jetzt schon wusste, dass er sich irgendwann wieder von ihm trennen würde. Wenn ich mir die Eheringe seiner Eltern genau angeschaut hätte, wäre es mir vielleicht schon vor Monaten klargeworden, denn garantiert hatte sein Vater darauf bestanden, auf diese Ringe das Ablaufdatum einzugravieren.
Als Fian weitersprach, war sein Tonfall wieder fester. «Deshalb waren meine Unterhaltungen mit den beiden in letzter Zeit ziemlich schwierig. Meine Mutter will, dass ich bei dir bleibe, egal was passiert. Mein Vater wird die Situation einfach akzeptieren müssen. Ich gehöre jetzt zum Militär, und ich bin mit dir zusammen. Wenn es auf Mitternacht zugeht, werden wir unseren Vertrag erneuern.»
Dann warf er mir plötzlich einen schelmischen Blick zu. «Außer natürlich, du möchtest Colonel Torrek anrufen und dafür sorgen, dass wir stattdessen heiraten. Jetzt können wir uns ja offiziell auf die Militärstatuten berufen.»
Ich kicherte überrascht. «Nein, du hattest recht. Ich war damals ganz blind vor Sorge, weil Joth tot war und du fast gestorben wärst und weil ich dachte, die Kugel würde uns während des nächsten Sonnensturms alle zerbomben. Ich habe versucht, mich an das zu klammern, was mir wichtig ist, solange es noch ging. Aber die Alien-Sonde beschießt uns nicht, deshalb gibt es jetzt keinen Grund zur Eile. Außerdem wurde mir plötzlich klar, wie gefährlich eine Hochzeit zum aktuellen Zeitpunkt wäre.»
«Gefährlich?»
«Stell dir nur mal Maeths Reaktion vor, wenn wir noch vor Ross und ihr heiraten würden.»
Fian lachte. «Wenn wir nicht heiraten, dann will ich aber einen einjährigen Paaringsvertrag. Falls die Sache hier schiefläuft, wird es länger als drei Monate dauern, bis es den Newzies langweilig wird, uns zu verhöhnen, und du hast die schlechte Angewohnheit, mich zu meinem eigenen Besten verlassen zu wollen.»
«Und da bist du dir ganz sicher?»
«Absolut.» Er grinste mich an. «Wenn du darauf bestehst, können wir uns die ganze Nacht darüber streiten, aber ich habe vor, extrem dickköpfig zu sein.»
Ich machte mir nicht die Mühe zu widersprechen. Ich hatte zum zweiten Mal meine Chance auf eine Familie verloren, aber ich hatte immer noch Fian.
Während der nächsten Stunden hörten wir uns die Aufnahme eines Konzerts von Rono und den Replays an, damit ich den schockierenden Effekt dieser Musik auf unschuldige Delta-Jungs noch einmal gründlich austesten konnte, und um Mitternacht riefen wir bei der Registratur an.
Unseren ersten Paaringsvertrag hatten wir während eines Super-Sonnensturms unterzeichnet, und ich war davon ausgegangen, dass nie wieder etwas so aufregend sein würde. Unseren zweiten Paaringsvertrag schlossen wir mitten im afrikanischen Regenwald ab, zum Sound von Rock’n’Roll und mit einer außerirdischen Kugel direkt über unseren Köpfen, hoch oben in der Erdumlaufbahn. Das war sogar noch besser.
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35
A m nächsten Tag war es auf der Grabungsstätte Zulu erstaunlich still. Der übliche Morgenschauer hatte den Arbeitsbeginn verzögert, aber jetzt hatten wir endlich unseren Zielort erreicht. Die Kugel schwebte hoch über uns im geostationären Orbit, und direkt darunter war in einem Gerüst ein Laserbohrer befestigt. Licht blitzte pulsierend auf, während er sich bis zu einer sorgfältig berechneten Tiefe in die Erde hineingrub. Eine feine Staubwolke hing über allem. Bald würde man den Bohrer entfernen und stattdessen eine Sonde in das Loch hinabsenken.
Die Sonde würde nichts finden. Das wusste ich bereits von den ursprünglichen Schlittensensortests, ebenso wie alle anderen Anwesenden hier. Jeder hatte entweder mit den eigenen Sensoren einen Blick riskiert oder seine Freunde gefragt. Auch das Militär auf dem Zulu-Stützpunkt wusste garantiert Bescheid, da sie ständig Telemetriedaten von unseren Sensoren empfingen.
Es war nicht nur so, dass wir kein Artefakt ausfindig machen konnten. Es wäre durchaus möglich gewesen, dass es
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