Earth Girl. Die Begegnung
ebenfalls Uniform trugen, salutierten sie schnittig. Wir versuchten, möglichst elegant zurückzugrüßen, wobei Fian es mit der Zackigkeit einmal übertrieb und sich aufs rechte Ohr schlug.
«Warum hat man mir das angetan?», jammerte er. «Ich bin kein Militärtyp. Ich kann noch nicht mal salutieren, ohne mich dabei k.o. zu boxen.»
Ich spähte durch das Glasfenster am Eingang und sah eine Gruppe von Leuten in der Halle sitzen, aber auch noch jede Menge freie Plätze, also öffnete ich die Tür. Inzwischen war ich recht guter Stimmung. Für mich persönlich konnte es eigentlich nicht besser laufen: Ich war beim Militär! Ich war Captain! Und das Schicksal meinte es offensichtlich so gut mit mir, dass es Fian auch noch als Arrack San Domex verkleidet hatte!
Alle drei Dinge waren ziemlich krass, aber auf eine gute Art. Erst als ich die riesige Vid-Wand vorne im Saal sah, wurde aus der Situation auf einmal bitterer Ernst. Zu sehen war eine perfekte Kugel, die abgesehen von einigen seltsamen Schlangenlinien auf der dunkelgrauen Oberfläche ziemlich nichtssagend war. Diese Kugel schwebte im Weltraum über einem ziemlich vertrauten Planeten.
Zwei Dinge wurden mir auf der Stelle klar: Das Militär hatte gute Gründe, hier einen Stützpunkt zu errichten, und es würde für mich auch kein Problem darstellen, dass ich die Erde nicht verlassen konnte. Die Menschheit war immer davon ausgegangen, dass die Planet-First-Teams den ersten Kontakt mit Aliens haben würden, während sie an den Sektorgrenzen neue Koloniewelten erschlossen. Doch dieser Fall war nicht eingetreten. Die Außerirdischen waren zur Erde gekommen!
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4
A uch Fian hatte offensichtlich das Bild der Erde erkannt. Seine Miene erinnerte mich an Issette, wenn sie eine ihrer glubschäugigen, ungläubigen Grimassen zog. Er sah mich an. Dann blickten wir beide gleichzeitig instinktiv zur Decke hinauf. Irgendwo dort über uns, in der Umlaufbahn der Erde, befand sich diese mysteriöse graue Alien-Kugel.
Und wieder fielen mir die Worte meines Lehrers von damals ein. Einer fortschrittlichen außerirdischen Spezies zu begegnen, stellte entweder die größte Chance der Geschichte oder die größte Bedrohung für das Überleben der Menschheit dar. Meine Gedanken beschäftigten sich hauptsächlich mit der zweiten Hälfte dieses Satzes, während ich mich gleichzeitig eine Idiotin schimpfte. Dass der Alien-Kontakt hier stattgefunden hatte, hätte mir sofort klarwerden müssen, als man einen Affen wie mich rekrutierte, und erst recht, als ich erfuhr, dass das Militär einen Stützpunkt auf der Erde baute. Zu tief saß bei mir die Vorstellung, dass die Menschen bei den Planet-First-Erforschungen im neusten Sektor Kappa auf Aliens stoßen würden.
Da wurde mir noch etwas anderes klar. Man hatte mir bei der Gesundheitsprüfung einige besondere Injektionen verabreicht. Wogegen sollten die schützen? Vor potenziellen Angriffen mit chemischen und biologischen Waffen oder gar Strahlung? Beim Atomschlag!
Ich hörte, wie die Tür hinter uns geöffnet wurde. Eine erschrockene Männerstimme stöhnte: «Beim Atomschlag!»
Ich hatte die Worte bloß gedacht, aber jemand anderes hatte sie tatsächlich ausgesprochen. Ich drehte mich nach demjenigen um und erblickte einen dunkelhaarigen jungen Mann in der Uniform eines Lieutenants. Sein entsetzter Blick wanderte vom Vid zu mir, woraufhin er hastig salutierte.
«Verzeihung. Es wird nicht wieder vorkommen.»
Ich grüßte etwas verwirrt zurück, ehe ich mich wieder dem Vid-Bildschirm zuwandte. Erschrocken stellte ich fest, dass die Hälfte der Leute im Raum aufgestanden war, um mir ebenfalls zu salutieren. Nur die Zivilisten hockten immer noch auf ihren Stühlen. An ihren grauen Uniformen konnte man erkennen, dass sie von Militärgepflogenheiten keine Ahnung hatten, aber die echten Militärs hatten sich alle erhoben. Selbst nach dem Gruß standen sie immer noch in strammer Haltung da und warteten offensichtlich auf irgendein Zeichen von mir.
Ich kam mir vor wie ein Schrumpfhirn. Das hier ergab doch keinen Sinn: Ich war bloß Captain, und alle salutierten mir, einschließlich mehrerer Majors und mindestens eines Commanders. Ich erinnerte mich vage an etwas aus einem Vid und wagte einen Versuch:
«Weitermachen!»
Alle entspannten sich und setzten sich wieder. Hilfesuchend sah ich Fian an. Nachdem wir zwei freie Plätze vorne im Raum gefunden hatten, beugte er sich zu mir herüber. «Was sollte das denn?»,
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