Earth Girl. Die Prüfung
bestehen, aber sie waren schon ganz in Ordnung. Die Betas hatte ich von Anfang an nicht gemocht, doch nun stellte sich heraus, dass sie sich auf ihre Art ziemlich anständig verhielten. Krath war ein Idiot, der, ohne zu überlegen, die Meinungen seines Vaters wiederholte, aber …
Ich hatte mich damit arrangiert, dass meine Mitstudenten Exos waren. Die Frage war nur, würden sie mit meiner Behinderung klarkommen?
[zur Inhaltsübersicht]
15
A m nächsten Abend wählte ich eine spezielle Nummer bei der Registratur. Ich musste gar nichts sagen, nur einen Code eingeben und die Handfläche auf meinen Lookup legen, um meine Identität zu bestätigen. Das klingt jetzt nicht sonderlich aufregend, aber für mich war es ein großer Schritt. Erst einmal würde gar nichts passieren, weil Hospital Earth verhindern will, dass Leute etwas Dummes machen, wenn sie betrunken oder zugedröhnt sind, und es hinterher bereuen, aber in drei Tagen würde ich eine Mail bekommen, die mir Zugang zu den Daten über meine Eltern verschaffte.
Nach dem Anruf zitterte ich am ganzen Körper und fragte mich, weshalb ich das gemacht hatte. Seit ich vierzehn Jahre alt war, hätte ich jederzeit die Möglichkeit dazu gehabt, und doch hatte ich stets geschworen, es niemals zu tun. Meine Exo-Eltern hatten mich nach der Geburt weggeworfen, und so sicher wie das Chaos wollte ich ihnen nie nachlaufen und darum betteln, von ihnen angenommen zu werden. Das war eine Frage des Stolzes.
Was also hatte diesen Sinneswandel herbeigeführt? Hatte ich meinen Stolz verloren oder nur den Verstand? Vielleicht beides, aber im Grunde lag es an dieser verrückten Show, die ich hier abzog. Meine Norm-Kommilitonen hatten mich als eine von ihnen akzeptiert. Playdon vertraute mir. Fian war jemand, den ich hätte lieben können, wenn die genetischen Würfel anders gefallen wären. Dalmora, die dazu geschaffen war, eine Berühmtheit im Alphasektor zu werden, war ein wirklich mitfühlender Mensch. Ich hatte geholfen, das Leben von zehn Fremden zu retten, und dabei war es völlig egal gewesen, ob es sich um Exos oder Affen handelte. Sie waren einfach nur Menschen in Schwierigkeiten, und ich wusste, dass sie genau dasselbe für mich getan hätten.
Oberflächlich schien nichts von alledem auch nur die leiseste Verbindung mit meinen unbekannten Eltern zu haben, aber natürlich hatte es das doch. Alles hatte damit zu tun. Alles in meinem Leben war von ihnen und von ihrer Entscheidung bestimmt. Alles führte zu den schemenhaften Gestalten zurück, die ihr Affenkind Hospital Earth übergeben hatten und dann einfach verschwunden waren. Hätten sie das nicht getan, wäre mein gesamtes Leben anders verlaufen, und ich würde einer Gruppe Studenten von anderen Planeten nicht einen Haufen Lügen auftischen.
Ich versuchte, es mir selbst gegenüber nicht zuzugeben, aber im Grunde hatte ich die Wahrheit die ganze Zeit über gewusst. Vorgeblich war ich dem Kurs beigetreten, um zu beweisen, dass ich genauso gut war wie jeder Norm, und um meine Kommilitonen am Ende ordentlich zu beschimpfen, aber eigentlich waren sie doch nur Stellvertreter für meine Eltern. Ich war von dem Thema genauso besessen wie alle meine Freunde in Next Step. Sie wollten unbedingt akzeptiert werden, während ich mich unbedingt rächen wollte, aber das waren dann doch nur zwei Seiten derselben Medaille.
Wobei es nicht ganz stimmt, dass alle meine Freunde in Next Step vom Thema Eltern besessen war. Keon nicht. Er war unfassbar faul, nervtötend eingebildet und ärgerlicherweise auch noch intelligent, doch eines hatte ich an ihm stets bewundert. Mit vierzehn erklärte er, es sei viel zu anstrengend, sich mit Eltern zu beschäftigen, die er nie gekannt hatte – und das meinte er wirklich so!
Ich legte mich auf mein Bett und seufzte. Auch wenn es jeglicher Logik entbehrte, so wusste ich doch, dass ich mich erst der Sache mit meinen Eltern stellen musste, ehe ich mich der Klasse gegenüber outete. Ich tat nun endlich, was meine Freunde schon vor vier Jahren gemacht hatten. Ich war achtzehn und zumindest auf dem Papier erwachsen, aber das würde mir nicht viel helfen. Der einzige Vorteil, den ich gegenüber einem naiven Teenager hatte, war, dass ich bereits gesehen hatte, wie es bei meinen Freunden lief. Aus bitterer Erfahrung wusste ich, dass das hier ein heilloses Desaster geben würde.
Alle von uns, mit Ausnahme von Keon, hatten schwierige Zeiten durchgemacht, als der große Year Day kam, mit dem wir vierzehn wurden
Weitere Kostenlose Bücher