EB1021____Creepers - David Morell
Welt kein besseres Hotel.« Sie griff
unter die Tischplatte und holte einen hölzernen Kasten hervor,
den sie in einer Staubwolke auf der Tischplatte absetzte. »Aber
dies ist die Hauptsaison. Kongresse. Hochzeiten. Die Schulfe‐
rien. Ich hoffe, Sie haben reserviert. Mr….?« Sie sah den Pro‐
fessor an. »Conklin. Robert Conklin.«
Cora tat so, als blättere sie die Karten in dem Kasten durch.
»Nein. Es tut mir leid. Es sieht nicht so aus, als hätten wir eine
Reservierung für Conklin. Sind Sie sicher, dass Sie sich mit uns
in Verbindung gesetzt haben?«
»Vollkommen.«
»Das ist sehr ungewöhnlich. Unsere Buchungsabteilung
macht niemals einen Fehler. Und was ist mit Ihnen, Mr….?«
»Magill«, sagte Rick.
»Ja, wir haben tatsächlich eine Reservierung für Magill, aber
ich fürchte, da handelt es sich um eine Frau. Die bedeutende
Historikerin Cora Magill. Ich gehe davon aus, dass Sie von ihr
gehört haben. Nur die Elite steigt hier ab.« Cora griff wieder
unter die Theke und legte diesmal ein dickes Buch auf die
Platte. Mehr Staub stieg auf. Sie öffnete es und las imaginäre
Namen vor. »Marilyn Monroe. Arthur Miller. Adlai Stephen‐
son. Grace Kelly. Norman Mailer. Yves Montand. Natürlich
können sich nur wohlhabende Leute leisten, hier zu wohnen.«
Sie griff nach einer Karte neben der Klingel. »Unsere Zimmer‐
preise liegen zwischen zehn und zwanzig Dollar.«
»Damals waren zwanzig Dollar noch zwanzig Dollar.« Rick
lachte.
»Du liegst gar nicht mal falsch bei einigen von diesen Gä‐
sten«, sagte der Professor. »Marilyn Monroe, Arthur Miller
und Yves Montand haben tatsächlich hier gewohnt. Monroe
und ihr Dramatiker hatten Meinungsverschiedenheiten.
Nachdem Miller sich wütend empfohlen hatte, ist Montand
vorbeigekommen, um Marilyn zu trösten. Cole Porter hat hier
gewohnt. Zelda und F. Scott Fitzgerald, Pablo Picasso, der
Herzog und die Herzogin von Windsor, Maria Callas, Aristo‐
teles Onassis, der eine Affäre mit der Callas hatte, und so wei‐
ter. Genau genommen hat Onassis versucht, das Hotel zu kau‐
fen. Das Paragon hat viele berühmte und mächtige Leute an‐
gezogen. Und ein paar, die berüchtigt und mächtig waren.
Senator Joseph McCarthy, zum Beispiel. Und die Gangster
Lucky Luciano und Sam Giancana.«
Balenger runzelte die Stirn. »Carlisle hat Gangster hier woh‐
nen lassen?«
»Er war fasziniert von ihrem Lebensstil. Er hat mit ihnen zu
Abend gegessen und Karten gespielt. Carmine Danata hat er
sogar gestattet, sich hier dauerhaft eine Suite anzumieten. Ein
Refugium hat Danata es genannt, für die Zeiten, in denen er
nicht als Geldeintreiber in Atlantic City, Philadelphia, Jersey
City und New York gearbeitet hat. Carlisle hat Danata gestat‐
tet, hinter einer Wand seiner Suite einen Tresorraum einzu‐
bauen. Die Arbeiten wurden im kältesten Teil des Winters von
1935 ausgeführt, als das Hotel praktisch leer war. Niemand hat
je davon erfahren.«
»Aber wenn niemand davon wusste…« Cora schüttelte den
Kopf. »Dabei fällt mir ein, was in Citizen Karte nicht stimmt.«
»In Citizen Kane stimmt etwas nicht?«, fragte Vinnie un‐
gläubig. »Das ist vollkommen unmöglich. Es ist ein Meister‐
werk.«
»Mit einem dicken Fehler drin. In der ersten Szene ist Kane
ein alter Mann. Er liegt sterbend in seinem Bett in diesem un‐
glaublichen Palast und hält eine Schneekugel in der Hand.«
»Die Anfangsszene kennt doch jeder«, sagte Vinnie. »Wir
haben den Film mal zusammen auf dem Klassikerkanal ange‐
sehen. Du hast nichts von einem Fehler gesagt.«
»Weil’s mir erst hinterher aufgefallen ist, nachdem du schon
nach Syracuse gezogen warst. Kane murmelt ›Rosebud‹ und
lässt die Schneekugel fallen, und sie zerspringt auf dem Boden
seines Schlafzimmers. Bei dem Geräusch kommt eine Schwe‐
ster zur Tür reingestürzt. Und plötzlich haben es alle Zeitun‐
gen und Nachrichtensendungen mit dem Geheimnis dieses
letzten Wortes, ›Rosebud‹. Und dann macht sich ein Reporter
daran, die Sache zu ergründen.«
»Ja? Und?«
»Na ja, wenn die Schwester nicht im Zimmer und die Tür
geschlossen war, und wenn Kane in seinem Schlafzimmer al‐
lein war, als er gestorben ist, woher will dann irgendwer wis‐
sen, was sein letztes Wort war?«
»Oh«, sagte Vinnie. »Mist. Jetzt hast du mir den Film ver‐
dorben.«
»Wenn du ihn das nächste Mal ansiehst, geh in der Szene
doch einfach auf
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