EB1021____Creepers - David Morell
vielleicht das Gleiche
tun«, sagte Rick.
Balenger hob seinen Helm auf, stellte die Stirnlampe daran
richtig ein und setzte ihn auf. Er ging zur Gangmündung,
leuchtete ihn mit der Taschenlampe ab und ging vorsichtig
weiter, wobei er den Boden mit dem Fuß abtastete. Vorbei an
einer fleckigen Aufzugtür und einem staubigen Tisch mit einer
von Spinnweben überzogenen Vase darauf; dann blieb er in
der Dunkelheit stehen und schob sich die Taschenlampe in
den Gürtel. Im Licht der Stirnlampe schraubte er den Deckel
der Flasche ab und pinkelte hinein. Er wusste genau, dass das
Echo im Gang das Geräusch bis zu den anderen tragen würde,
aber es kümmerte ihn nicht weiter. Als er den Deckel wieder
festschraubte, hörte er die leise Unterhaltung um die Ecke.
Dann einen schwachen Knall aus der anderen Richtung. Er
richtete die Stirnlampe in die Dunkelheit am Ende des Flurs.
Reihen von Türen zogen sich auf jeder Seite entlang. Die
Schatten, die der Lichtstrahl erzeugte, erweckten den Ein‐
druck, als ständen alle Türen einen Spalt weit offen. Er setzte
die Flasche mit der linken Hand ab und zog mit der Rechten
den Reißverschluss seiner Windjacke nach unten. Er griff ins
Innere und tastete nach der Heckler & Koch‐Pistole Kaliber 40
in ihrem Schulterholster.
20
Nein, nicht die Kontrolle verlieren, sagte Balenger sich. Du
lässt dich von diesem verdammten Laden nervös machen.
Konzentrier dich. Du hast schon Schlimmeres überstanden. Bei
der plötzlichen Erinnerung an einen übel riechenden Sack, der
ihm über den Kopf gezogen wurde, brach ihm der Schweiß
aus. Nein! Denk jetzt nicht daran! Stell dir vor, einer von den
anderen sieht dich mit der Waffe in der Hand. Wenn sie raus‐
finden, dass du bewaffnet bist, fragen sie sich mit Sicherheit,
was sie noch alles nicht über dich wissen. Er wartete und mu‐
sterte währenddessen die Schatten. Atmete durch die Nase
ein, durch den Mund aus, hielt jeden Atemzug drei Sekunden
lang fest, bis er sich selbst beruhigt hatte. Das Geräusch vom
Ende des Gangs her wiederholte sich nicht. Es hätte von allem
und jedem verursacht worden sein können – den Bewegungen
des Gebäudes selbst oder dem Wind draußen, der etwas gegen
eine Mauer geschleudert hatte. Hinter der Ecke ging die leise
Unterhaltung weiter. Nichts, das einen zu beunruhigen
brauchte, dachte er.
»Alles in Ordnung?«, fragte Rick vom Ende des Flurs her.
»Bin gerade fertig.« Balenger schloss den Hosenladen und
brachte es fertig, nicht überrumpelt zu klingen. »Du hast dir
Zeit gelassen. Wir dachten, vielleicht stimmt irgendwas nicht.«
»Hab nur den Moment Ruhe genossen.« Balenger schloss
den Reißverschluss seiner Windjacke und griff nach der Fla‐
sche; das Plastik war warm von seinem Urin.
»Wo kann ich das loswerden?«, fragte er, als er um die Ecke
bog und das Gitter der von ihren Lampen geworfenen Licht‐
strahlen sah.
»Nicht hier drin«, sagte der Professor. »Keine Spuren hin‐
terlassen, wissen Sie noch?«
»In deinem Rucksack«, sagte Rick. Er verschwand seiner‐
seits hinter der Flurecke.
»Irgendwann macht man alles zum ersten Mal.« Balenger
vergewisserte sich, dass der Deckel fest aufgeschraubt war,
und schob die Flasche in den Rucksack. Ein paar Meter den
Flur entlang hörte er Rick in die Flasche pinkeln. »Na, allmäh‐
lich lernen wir einander kennen.«
»Wir haben darüber geredet, ob wir weitermachen sollen«,
sagte Cora.
»Alles okay bei mir, ehrlich«, versicherte Vinnie. »Vor ein
paar Minuten hast du noch ziemlich mitgenommen ausgese‐
hen.«
»Mir geht’s prima.« Balenger kam es so vor, als versuche
Vinnie, sich Cora gegenüber keine Schwäche anmerken zu
lassen. »Wir sind eine ganze Strecke gefahren, um herzukom‐
men. Wir haben uns alle darauf gefreut, gar nicht zu reden
von der Zeit und dem Geld, das wir investiert haben. Ich lasse
euch doch nicht meinetwegen umkehren.«
»Aber schaffst du’s?«, fragte Cora. »Mit mir ist alles in Ord‐
nung«, beharrte Vinnie. »Gut«, sagte Rick beim Zurückkom‐
men, während er den Reißverschluss seines Rucksacks zuzog.
»Ich will nämlich immer noch wissen, was in Carlisles Pen‐
thouse und in Danatas Tresorraum ist.«
»Wer ist jetzt dran?«, fragte Conklin. »Cora?« Sie sah aus,
als hätte sie den peinlichen Moment gern vermieden, wollte
ihn jetzt aber möglichst schnell hinter sich bringen.
Als sie verschwand, sah Balenger auf einen Gegenstand
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