EB1021____Creepers - David Morell
Vinnie in die Dunkelheit starren. »Sieht so aus, als
ob das Mädchen wenigstens hier aufgeräumt hätte. Riecht aber
feucht.« Vinnie trat ein. Und wurde von der Dunkelheit ver‐
schluckt.
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Das Geräusch klang, als zerreiße nasse Pappe. Als Vinnie fiel,
riss er die Arme hoch. Die Taschenlampe wirbelte davon. Er
schrie. Unter ihm krachte etwas.
Balenger stürzte auf die offene Tür zu und warf sich zu Bo‐
den; er landete auf dem Bauch unmittelbar in der Tür des
dunklen Raums. Der Aufschlag riss ihm den Helm vom Kopf;
er rollte klappernd über den Boden, und das Licht tanzte
ruckartig nach allen Seiten. Balenger packte Vinnies Rucksack,
der an der Kante eines gezackten Lochs im Boden hängen ge‐
blieben war. Vinnie stöhnte.
Die zersplitterten Bretter stürzten ab. Als Vinnie fiel, packte
Balenger den Rucksack fester; das Gewicht zerrte ihn auf das
Loch zu.
»Verschränk die Arme über der Brust!«, schrie er. »Fest! Der
Rucksack! Sorg dafür, dass dir die Träger nicht von den Schul‐
tern rutschen!«
Vinnie schlug hektisch die Arme über der Brust übereinan‐
der. Balenger spürte, wie er zitterte, spürte die Kraft, mit der
Vinnie die Gurte an sich presste. Etwas krachte nach unten.
Vinnies Stirnlampe durchbohrte die Schatten des Zimmers,
das er betreten hatte. Der Fußboden war ein klaffender Krater.
Das Krachen stammte von einer Kommode, die hindurchgefal‐
len und auf dem Fußboden des darunter liegenden Stock‐
werks zerschellt war. Jetzt gab der Fußboden dieses Stock‐
werks seinerseits nach, und die Möbel stürzten weiter nach
unten.
Der Boden unter Balengers Brust begann nachzugeben. Sein
Körper glitt vorwärts. »Bob! Kommen Sie her! Halten Sie mei‐
ne Beine fest! Ich rutsche rein!« Er hörte die schweren Schritte
des Professors näher hasten. Einen Moment später schlössen
sich dicke Finger um seine Knöchel und versuchten, ihn fest‐
zuhalten. Vinnie zappelte; seine Beine schlugen um sich bei
der verzweifelten Suche nach einer Stütze. Ein weiteres Brett
gab nach; wieder das dumpfe nasse Geräusch. Vinnie rutschte
tiefer, zerrte Balengers Arme mit sich in das dunkle, größer
werdende Loch. Ein feuchter Modergeruch stieg auf.
»Halt still!«, brüllte Balenger. »Um Gottes willen, halt still!«
»Ich falle! Ich falle!«
Jetzt rutschte ein düsteres Himmelbett in den Schein von
Vinnies Stirnlampe. Der Boden gab nach; das Bett kippte und
krachte in die Dunkelheit hinunter. Vinnies zappelndes Ge‐
wicht zerrte Balenger näher an das größer werdende Loch.
»Bob, Sie müssen fester zupacken! Sie lassen meine Knöchel
los!«
»Ich versuch’s! Es geht nicht fester!«
»Legen Sie sich auf meine Beine!«
»Was?!«
»Meine Beine! Legen Sie sich drauf, verdammt noch mal!
Ihr Gewicht wird mich festhalten!« Balenger spürte, wie sich
ein Tonnengewicht auf seine Beine senkte. Er zuckte vor
Schmerz zusammen, aber wenigstens rutschte er nicht mehr
auf das Loch zu. Das Licht vom Schutzhelm des Professors
leuchtete den Krater grell aus. Nur Vinnies Kopf war zu sehen.
Inzwischen war Balengers eigener Kopf fast in dem Loch.
»Vinnie, hör mir zu. Ich kann dich da rausholen«, sagte Balen‐
ger.
»Herrgott, ich hoff’s!«
»Hör auf zu zappeln! Du machst es nur schlimmer.«
»Hör auf zu zappeln«, sagte Vinnie zu sich selbst in einem
Versuch, sich zu beruhigen. »Zähl von hundert an rückwärts.«
»Warum soll ich –«
»Tu’s einfach. Konzentrier dich auf die Zahlen. Hundert.
Neunundneunzig. Achtundneunzig. Tu’s! Siebenundneun‐
zig.«
»Sechsundneunzig. Fünfundneunzig. Vierundneunzig.«
Langsam und schwer atmend gelang es Vinnie, seinen Körper
zur Ruhe zu bringen.
»Gut«, sagte Balenger. Seine Arme schmerzten. »Ich drehe
dich jetzt um, so dass du mich ansiehst.« Balenger bewegte die
Arme nach links, so dass sich Vinnie seitlich zu ihm hindrehte.
Der größte Teil des Gewichts hing an Balengers linkem Arm.
Er musste sich noch weiter in das Loch hineinlehnen, um den
rechten Arm bewegen zu können. Trotz der in dem Hotel
herrschenden Kälte rann ihm der Schweiß über das Gesicht.
»Weiter kann ich dich nicht drehen.« Vor Anspannung biss er
die Zähne zusammen. Seine Stimme hallte in dem Abgrund.
»Lass mich nicht los«, sagte Vinnie. »Versprochen.« Balen‐
ger würde den Rucksack nicht mehr lang festhalten können.
»Siehst du meinen rechten Arm?«
»Ja.« Vinnies Stimme zitterte.
Balenger
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