Echo gluecklicher Tage - Roman
aufgelösten Zustand seiner Frau gestern Abend bedachte, dann war Beth sicher, dass sie gestern Abend gestritten hatten.
Hatte sie ihm Vorwürfe gemacht, weil sie kein eigenes Kind hatten?
Drei Tage nach der Beerdigung lag Mrs Langworthy noch immer im Bett. Mrs Bruce brachte ihr die Mahlzeiten auf einem Tablett, aber sie stocherte nur darin herum.
»Der Arzt sagt, dass ihr nichts fehlt«, hörte Beth sie zur Köchin sagen. »Er glaubt, dass es nur Melancholie ist und dass Mr Edward vielleicht mit ihr wegfahren sollte. Aber wer will das schon bei dem Wetter?«
Seit dem Tag der Beerdigung hatte es nicht mehr geschneit, aber die Temperaturen waren so niedrig, dass der Schnee liegen blieb und der Wind eisig war. Im Kutschenhaus war es so kalt, dass Beth, solange es ging, im Haus der Herrschaften blieb und nachts Molly mit zu sich ins Bett nahm, um sie zu wärmen. Sam blieb ebenfalls länger im Hotel, vielleicht aus dem gleichen Grund, deshalb hatte Beth noch gar nicht die Möglichkeit gehabt, mit ihm über Amerika zu sprechen.
»Beth, warum gehst du nicht mal nach oben zu ihr?«, schlug Mrs Bruce vor. »Nimm Molly mit. Ich bin sicher, das wird sie aufmuntern.«
Es war Nachmittag, und da es keine Arbeit mehr gab und es ohnehin zu kalt war, um irgendwo anders hinzugehen, sah Beth es als Gelegenheit, noch ein bisschen im Haus zu bleiben, und war sofort einverstanden.
Mrs Langworthy lag lustlos in den Kissen und las nicht mal, aber als sie Beth und Molly sah, erhellte sich ihre Miene. »Was für eine nette Überraschung. Ich habe gerade an Molly gedacht. Setz sie doch zu mir aufs Bett«, sagte sie und klopfte auf die Bettdecke.
Beth hob die Kleine auf das Bett und zog für sich selbst einen Stuhl heran. Molly hüpfte herum, dann brachte sie die Herrin zum Lachen, indem sie mit ihr mit der Decke Kuckuck spielte.
»Was ist denn nur los mit Ihnen, Mam?«, fragte Beth, nachdem sie eine Weile über Molly geredet hatten. »Tut Ihnen irgendetwas weh? Sind Sie krank?«
»Nein, das ist es nicht«, erwiderte Mrs Langworthy und blickte liebevoll auf Molly hinunter, die sich jetzt neben sie gekuschelt hatte, als wollte sie einschlafen. »Ich bin nur traurig darüber, wie sinnlos mein Leben ist.«
»Meine Mutter sagte einmal etwas Ähnliches zu mir«, entgegnete Beth nachdenklich. »Ich war damals ein bisschen verletzt, aber ich schätze, sie meinte damit nur, dass sie jeden Tag kochen und putzen muss.«
»Frauen sind das manchmal leid.« Mrs Langworthy seufzte. »Ich weiß, ich sollte mich glücklich schätzen, ich habe ein schönes Haus und einen liebevollen Mann, aber weißt du, ich wollte immer Kinder haben, und es sieht nicht so aus, als wenn ich jemals welche bekommen werde. Ich habe mich gezwungen, nicht allzu viel darüber nachzudenken, solange mein Schwiegervater noch lebte, weil es so viel zu tun gab. Aber jetzt kann ich nicht aufhören, daran zu denken. Ich bin so traurig.«
Beth fühlte sich ein bisschen unwohl, als sie das hörte. In ihren Augen hatte Mrs Langworthy ein perfektes Leben, und sie fand, dass es ihr vielleicht guttun würde, einmal in einen der heruntergekommenen Hinterhöfe im Scotland District von Liverpool zu gehen und sich anzusehen, wie das Leben für die Frauen dort war.
Ihre Herrin schien ihre Gedanken erraten zu haben, denn sie legte ihre Hand auf Beths. »Es tut mir leid, Liebes, ich hatte vergessen, wie viel Traurigkeit du in deinem jungen Leben schon erfahren musstest. Was musst du von mir denken?«
»Ich denke, dass Sie die netteste, liebenswürdigste Person auf der ganzen Welt sind«, erwiderte Beth ehrlich. »Sie haben uns aufgenommen, als wir niemanden hatten, an den wir uns hätten wenden können. Dafür werde ich Ihnen immer dankbar sein.«
»Du hast mich dafür mehr als entschädigt«, sagte Mrs Langworthy. »Aber, sag mir, Beth, ist es dir nie lästig, dass du dich um Molly kümmern musst?«
Beth blickte ihre Schwester an und lächelte, weil sie mit dem Daumen im Mund eingeschlafen war. »Für mich war sie nie eine Belastung«, antwortete sie. »Vielleicht bin ich gebunden, aber das macht mir nichts aus.«
»Das ist eine sehr selbstlose Einstellung«, bemerkte Mrs Langworthy. »Aber sag mir, Sam und du, habt ihr immer noch vor, nach Amerika zu gehen?«
Beths Mut sank, denn sie war sicher, dass Mrs Langworthy ihr damit sagen wollte, dass sie nicht länger gebraucht wurde. »Sam ist nach wie vor fest entschlossen«, sagte sie vorsichtig. »Aber seit Mr Langworthys Tod mache
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