Echo gluecklicher Tage - Roman
gesprochen, weil er in der ersten Klasse war. Aber ich bin ihm letzte Woche im Heaney’s wiederbegegnet, und als ich am Dienstagabend aus dem Laden kam, wartete er auf mich.«
»Dann ist er ein Gentleman?«
Beth nickte bedrückt.
»Was hat er dann im Heaney’s gemacht?«
Beth seufzte; diese Frage hatte sie befürchtet. »Er war dort, um Karten zu spielen.«
Ira saugte die Wangen ein. »Ein Spieler also! Nun, die sind normalerweise sehr unterhaltsam, das muss ich zugeben. Aber du solltest einen klaren Kopf bewahren, Mädchen, ich möchte nicht, dass du auf Abwege gerätst.«
»Ich mag ihn sehr«, gestand Beth schwach.
Ira sah sie scharf an, bis Beth rot wurde. »Ich verstehe«, sagte sie schließlich. »Er hat Gefühle in dir geweckt, die du nicht verstehst. Ist es das?«
Beth starrte nur auf ihre Füße.
Ira lachte. »Man hat dir erzählt, dass brave Mädchen solche Gefühle nicht haben, nehme ich an? Nun, das ist totaler Unsinn, es würden nur sehr wenige Babys in diese Welt gesetzt, wenn das der Fall wäre! Ich sage dir, wie ich es sehe: Es gibt keine Frauen, denen es gefällt, und andere, denen es nicht gefällt, es gibt nur Frauen mit guten Liebhabern und solche ohne.«
»Er ist nicht mein Liebhaber«, rief Beth, erschrocken darüber, dass Ira so etwas überhaupt denken konnte. »Ich habe nur einen Abend mit ihm verbracht.«
Ira kicherte. »Wenn er an einem keuschen Abend solche Gefühle in dir wecken kann, dann solltest du, denke ich, nicht riskieren, mit ihm allein zu sein, es sei denn, natürlich, du möchtest herausfinden, was ein guter Liebhaber für eine Frau tun kann.«
Beth wand sich vor Scham, was Ira noch lauter lachen ließ. »Ich weiß, dass es viele gibt, die dir sagen werden, dass du erst einen Ring am Finger haben musst, bevor du die Ware testen kannst. Aber ich war immer froh, dass ich meinen Gunter schon vor der Ehe ausprobiert habe.«
»Ich sehe ihn vielleicht gar nicht wieder«, erklärte Beth in dem Versuch, das Gespräch zu beenden, das sie als extrem peinlich empfand.
»Ich bin sicher, das wirst du«, erwiderte Ira. »Nicht nur wegen deines Aussehens und deiner Kurven, sondern wegen deiner Fröhlichkeit, deines Verstands, deiner Manieren und deines Geigenspiels. Du bist ein Hauptgewinn, meine Liebe. Aber du musst dich schützen. Glaub nicht alles, was er dir sagt, leih ihm kein Geld, erwarte nicht, dass er dich heiratet, und such dir jemanden, der dir Ratschläge geben kann, wie du eine Schwangerschaft verhinderst. Das hat schon viele gute Frauen ruiniert.«
»Das würde ich nicht tun«, erklärte Beth entsetzt. »Riskieren, schwanger zu werden, meine ich.«
»Sei dir da nicht so sicher.« Ira tätschelte ihr liebevoll die Wange. »Meiner Erfahrung nach verliert eine Frau ihren gesunden Menschenverstand, wenn sie sich körperlich zu einem Mann hingezogen fühlt.«
Beth hatte an diesem Abend gespielt, und Heaney ließ sie mit der Droschke nach Hause fahren, weil Sam länger arbeiten musste. Als sie am Samstagmorgen aufwachte, hatte sie von Theo geträumt, und das ließ sie besorgt daran denken, was Ira zu dem Thema gesagt hatte.
Sie zog vorsichtig den Vorhang zwischen ihrem und Sams Bett ein Stück zurück. Zu ihrer Enttäuschung war es erneut leer, und der Tag lag einsam vor ihr, ohne Gesellschaft.
Als sie zwei Stunden später Amys Stimme auf der Treppe hörte, rief Beth nach unten und fragte sie, ob sie vielleicht auf einen Tee zu ihr raufkommen wolle.
Amy lebte in der zweiten Generation in Amerika, ihre Eltern stammten aus Holland, aber sie hatte die Farm der Familie in Connecticut verlassen, weil ihrem Vater der Mann, mit dem sie damals zusammen war, nicht gefiel. Reumütig hatte sie Beth erklärt, dass der Mann, um den es ging, nicht mit ihr durchbrennen wollte, und so war sie allein nach New York gekommen. Aber es schien ihr gut zu gehen: Sie und ihre Freundin Kate gingen immer aus, sie hatten schöne Sachen, und sie waren glücklich und freundlich. Beth war oft ein bisschen neidisch auf sie, denn sie schienen viel mehr Spaß zu haben als sie selbst.
»Tee! Genau das, was ich jetzt brauche. Da unten geht es zu wie in einem Tollhaus«, sagte Amy, als sie in Beths Zimmer kam. Sie sah aus wie ein Mädchen vom Land, groß, mit breiten Schultern, einem breiten, flachen Gesicht und flachsblondem Haar. »Die Familie ist noch größer geworden! Ich frage dich, wie können sich sechs Leute ein kleines Zimmer teilen? Und was das Betreten der Küche angeht ...!«
Amy meinte
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