Echo Park
den Deckel ab und fäc helte damit die Dämpfe fort, die aus dem Behälter aufstiegen. Er enthielt hauptsächlich rosafarbene Pfandscheinabschnitte und 8 x 12 Zentimeter große Karten, die offensichtlich einfach in den Behälter gekippt worden waren. Die Unterlagen waren in keiner Weise geordnet.
Das Wasser hatte erheblichen Schaden angerichtet. Viele Leihscheine waren in feuchtem Zustand aneinandergeklebt, auf anderen war die Tinte bis zur Unleserlichkeit verschmiert. Bosch schaute zu Rachel hinüber und sah, dass sie mit den gleichen Problemen zu kämpfen hatte.
»Sieht nicht gerade vielversprechend aus, Harry«, sagte sie.
»Ich weiß. Tu einfach, was du kannst. Es könnte unsere letzte Hoffnung sein.«
Es gab keine andere Möglichkeit anzufangen, als einfach zuzugreifen. Bosch nahm einen Packen Pfandscheine heraus, legte sie sich in den Schoß und begann, sie durchzusehen. Sein Augenmerk richtete sich vor allem auf Namen, Adresse und Geburtsdatum der einzelnen Kunden. Jeden Abschnitt, den er sich angesehen hatte, markierte er in der linken oberen Ecke mit einem roten Stift aus der Esstischschublade und warf ihn dann in die Schachtel auf der anderen Seite seines Liegestuhls.
Sie waren eine gute halbe Stunde voll konzentriert und schweigend bei der Sache, als Bosch das Telefon in der Küche klingeln hörte. Er überlegte, ob er es läuten lassen sollte, aber er wusste, es könnte ein Anruf aus Hongkong sein. Er stand auf.
»Ich wusste gar nicht, dass du einen Festnetzanschluss hast«, sagte Walling.
»Das wissen auch nicht viele.«
Er nahm das Telefon beim achten Läuten aus der Ladestation. Es war nicht seine Tochter. Es war Abel Pratt.
»Ich wollte nur sehen, was Sie treiben«, sagte er. »Aber ich gehe mal davon aus, dass Sie tatsächlich zu Hause sind, wenn ich Sie über den Festnetzanschluss erreiche.«
»Stehe ich jetzt schon unter Hausarrest, oder was?«
»Nein, Harry, ich mache mir nur Sorgen um Sie, mehr nicht.«
»Hören Sie, Sie werden meinetwegen keine Scherereien kriegen, okay? Aber Beurlaubung heißt nicht, dass ich sieben Tage die Woche vierundzwanzig Stunden zu Hause sein muss. Ich habe mich bei der Gewerkschaft erkundigt.«
»Ich weiß. Aber es heißt, dass Sie sich nicht mit irgendwelchen polizeilichen Ermittlungen befassen dürfen.«
»Schon klar.«
»Was machen Sie gerade?«
»Ich sitze mit einer Freundin auf der Terrasse. Wir trinken Bier und genießen die Abendluft. Irgendwas dagegen einzuwenden, Chef?«
»Jemand, den ich kenne?«
»Höchstwahrscheinlich nicht. Sie mag keine Cops.«
Pratt lachte, und es schien, als hätte Bosch endlich seine Bedenken hinsichtlich dessen, was er gerade machte, ausgeräumt.
»Dann will ich Sie nicht mehr weiter stören. Einen schönen Abend noch, Harry.«
»Werde ich sicher haben, sofern ich nicht ständig ans Telefon muss. Ich melde mich morgen bei Ihnen.«
»Ich werde im Büro sein.«
»Und ich werde hier sein. Gute Nacht.«
Er hängte auf, hielt im Kühlschrank nach versteckten oder bisher übersehenen Bieren Ausschau und kehrte mit leeren Händen auf die Terrasse zurück. Rachel erwartete ihn mit einem Lächeln im Gesicht und einer wasserfleckigen 8x12-Karte in der Hand, an der mit einer Büroklammer ein rosafarbener Pfandschein befestigt war.
»Ich hab’s gefunden«, sagte sie.
Sie reichte ihm die Karte, und Bosch ging ins Haus zurück, wo das Licht besser war. Zuerst las er die Karte. Sie war mit blauer Tinte beschriftet, die vom Wasser zwar zum Teil zerlaufen, aber noch lesbar war.
Unzufriedener Kunde – 12.2.92
Kunde hat sich beschwert, dass Eigentum vor Ablauf der 90-tägigen Aufbewahrungsfrist verkauft wurde. Pfandschein gezeigt und berichtigt. Kunde hat sich beschwert, dass 90 Tage keine Wochenenden und Feiertage einschließen dürften. Geschimpft/Tür zugeknallt.
DGF
Auf dem rosafarbenen Pfandschein, der an der Beschwerdekarte befestigt war, standen der Name Robert Foxworth, das Geburtsdatum 03.11.71 und eine Adresse in der Fountain Avenue in Hollywood. Der am 8. Oktober 1991 verpfändete Gegenstand war als »Medaillon, Erbstück« angegeben. Foxworth hatte achtzig Dollar dafür erhalten. In der rechten unteren Ecke des Pfandscheins war ein Kästchen für einen Fingerabdruck. Bosch konnte darin die Ränder eines Abdrucks erkennen, aber die Tinte war entweder verblasst oder wegen der Feuchtigkeit im Innern des Lagerbehälters ausgewaschen worden.
»Das Geburtsdatum ist dasselbe«, sagte Rachel. »Und der Name passt
Weitere Kostenlose Bücher