Echo Park
»Wenn sich jemand meldet, fragen Sie einfach nach Rick Jackson. Wenn er nicht da ist, hinterlassen Sie keine Nachricht. Sagen Sie bloß, Sie versuchen, ihn auf seinem Handy zu erreichen, und dann legen Sie auf.«
Edgars Anruf wurde entgegengenommen, und er tat, was Bosch ihm gesagt hatte. Als er fertig war, sah er Bosch an.
»Ein gewisser Pratt ist drangegangen.«
»Gut. Dann ist er noch da.«
»Und was hat das zu bedeuten?«
»Ich wollte mich vergewissern, dass er noch oben ist. Er wird um fünf gehen, und wenn er das tut, wird er die Straße dort überqueren. Ich möchte wissen, ob er der Kerl ist, der Ihnen gesagt hat, dass er meine Ermittlungen beaufsichtigt.«
»Ist er von der Dienstaufsicht?«
»Nein. Er ist mein Chef.«
Um nicht gesehen zu werden, klappte Bosch die Sonnenblende nach unten. Sie standen etwa dreißig Meter von dem Zebrastreifen entfernt, über den Pratt ins Parkhaus kommen würde. In welche Richtung Pratt allerdings ging, sobald er im Parkhaus war, wusste er nicht. Als Leiter einer Einheit kam er in den Genuss des Privilegs, sein Privatauto im Polizeiparkhaus abstellen zu dürfen, und die meisten der zugeteilten Parkplätze waren in der ersten Etage, zu der zwei Treppen und eine Auffahrt führten. Wenn Pratt die Auffahrt nahm, käme er direkt an dem Auto vorbei, in dem Bosch und Edgar saßen.
Edgar stellte ihm Fragen über die Schießerei in Echo Park, und Bosch beantwortete sie mit knappen Sätzen. Eigentlich wollte er nicht darüber sprechen, aber er hatte den Mann gerade von seinem Posten entführt und musste sich irgendwie erkenntlich zeigen. Das gebot der Anstand. Um 17.01 Uhr sah er Pratt endlich durch den Hinterausgang des Parker Center kommen und die Rampe neben den Türen hinuntergehen, wo die Häftlinge eingeliefert wurden. Er steuerte auf die San Pedro zu und überquerte mit einer Gruppe von vier anderen Abteilungschefs, die ebenfalls nach Hause wollten, die Straße.
»So«, sagte Bosch und unterbrach Edgar mitten in einer Frage. »Sehen Sie die Männer, die dort die Straße überqueren? Welcher von ihnen war heute bei Ihnen?«
Edgar beobachtete die Polizisten beim Überqueren der Straße. Er hatte einen ungehinderten Blick auf Pratt, der am Ende der Fünfergruppe neben einem anderen Mann lief.
»Da, der letzte«, sagte Edgar ohne Zögern. »Der gerade die Sonnenbrille aufsetzt.«
Bosch sah hin. Pratt hatte gerade seine Ray-Ban aufgesetzt. Bosch spürte tief in seiner Brust einen heftigen Druck, wie eine besonders schlimme Form von Sodbrennen. Er beobachtete, wie Pratt sich von ihrem Auto abwandte, sobald er die Straße überquert hatte, und auf das weiter entfernte der beiden Treppenhäuser zuging.
»Und jetzt? Wollen Sie ihm folgen?«
Bosch erinnerte sich, dass Pratt gesagt hatte, er habe nach Dienstschluss noch etwas zu erledigen.
»Würde ich gern, kann ich aber nicht. Ich muss Sie zum DWP zurückbringen.«
»Machen Sie sich deswegen mal keine Gedanken, Mann. Ich kann auch gehen. Bei dem Verkehr bin ich zu Fuß wahrscheinlich sowieso schneller.«
Edgar öffnete die Tür, um auszusteigen. Er schaute zu Bosch zurück.
»Ich weiß zwar nicht, was hier abgeht, Harry, aber auf jeden Fall viel Glück. Hoffentlich kriegen Sie den Kerl, den Sie suchen.«
»Danke, Jason. Wäre schön, sich mal wiederzusehen.«
Sobald Edgar ausgestiegen war, stieß Bosch zurück und fuhr aus dem Parkhaus. Er nahm die San Pedro rüber zur Temple Street, denn er vermutete, dass Pratt auf diesem Weg zum Freeway fahren würde. Unabhängig davon, ob er auf dem Weg nach Hause war oder nicht, würde er aller Wahrscheinlichkeit nach versuchen, zum Freeway zu gelangen.
Bosch überquerte die Temple und hielt in einer roten Zone am Straßenrand. Von hier hatte er die Ausfahrt des Polizeiparkhauses gut im Blick.
Nach zwei Minuten kam ein silberfarbenen Geländewagen aus dem Parkhaus und fuhr zur Temple. Es war ein Jeep Commander in kastigem Retro-Design. Bosch erkannte Pratt am Steuer. Er verglich Ausmaße und Farbe des Jeeps sofort mit denen des geheimnisvollen Geländewagens, der ihm am Abend zuvor nicht weit von seinem Haus aufgefallen war.
Bosch beugte sich über den Beifahrersitz, als sich der Jeep der Temple näherte. Er hörte ihn abbiegen, und wenige Sekunden später richtete er sich wieder hinter dem Steuer auf. Pratt erreichte die Ampel an der Ecke Temple und Los Angeles Street und bog rechts ab. Bosch wartete, bis er um die Ecke verschwunden war, dann startete er den Wagen.
Pratt
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