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Echo Park

Echo Park

Titel: Echo Park Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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setzte.
    »Was hast du denn im Angebot?«
    »Ich habe gerade Wodka getrunken. Aber jetzt werde ich auf Kaffee umsteigen.«
    »Kannst du mir einen Wodka Tonic machen?«
    Er nickte.
    »Allerdings ohne Tonic.«
    »Tomatensaft?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Cranberrysaft?«
    »Nur Wodka.«
    »Schnörkellos wie eh und je. Dann nehme ich auch einen Kaffee.«
    Er ging in die Küche, um welchen aufzusetzen. Er hörte, wie sie einen Stuhl herauszog und sich an den Tisch setzte. Als er zurückkam, hatte sie die Akten darauf ausgebreitet und ein Blatt mit Notizen vor sich liegen.
    »Hast du wegen des Namens schon was unternommen?«, fragte sie.
    »Ist in Arbeit. Wir fangen morgen zeitig an, und vielleicht wissen wir dann ja etwas mehr, wenn wir uns um zehn mit dem Kerl zusammensetzen.«
    Sie nickte und wartete, bis er ihr gegenüber Platz nahm.
    »Bist du so weit?«, fragte sie.
    »Ich bin so weit.«
    Sie beugte sich über ihre Notizen und begann, ohne dabei den Blick zu heben.
    »Egal, wer er ist und wie sein richtiger Name lautet, allem Anschein nach ist er extrem raffiniert und gerissen. Nimm zum Beispiel seinen Körperbau. Klein und schmächtig. Das heißt, er muss eine ziemlich wirksame Masche gehabt haben. Irgendwie ist es ihm gelungen, seine Opfer dazu zu bringen, mit ihm zu kommen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass er Gewalt angewendet hat – zumindest zunächst nicht. Dafür ist er zu klein. Stattdessen hat er auf Charme und Verstellung gesetzt. Denn selbst ein Mädchen aus der Provinz, das am Hollywood Boulevard gerade aus dem Bus steigt, bringt so viel gesunden Menschenverstand mit, dass es nicht gleich auf den erstbesten Kerl hereinfällt, der ihr das Blaue vom Himmel herunter verspricht. Er muss es also ziemlich clever angestellt haben.«
    Bosch nickte.
    »Der schlaue Fuchs.«
    Sie nickte ebenfalls und deutete auf einen dünnen Packen Papiere.
    »Was das angeht, habe ich mich im Internet ein wenig kundig gemacht. In den alten Fabeln wird Reynard oder Reineke Fuchs oft als Mitglied des Klerus dargestellt. So kann er zunächst das Vertrauen seiner Opfer gewinnen, sie anlocken und dann ohne Schwierigkeiten in seine Gewalt bringen. Zur damaligen Zeit – wir sprechen hier vom zwölften Jahrhundert – war der Klerus die oberste Autorität. Heute ist das natürlich anders. Heute ist die oberste Autorität der Staat und wird als solche vor allem durch die Polizei repräsentiert.«
    »Willst du damit sagen, er hat sich als Polizist ausgegeben?«
    »Nur so ein Gedanke, aber auf jeden Fall eine Möglichkeit. Er muss eine bestimmte Masche gehabt haben, die bestens funktioniert hat.«
    »Und was ist mit Waffengewalt? Oder Geld? Er könnte auch mit ein paar Scheinchen gewinkt haben. Diese Mädchen wären sicher auch für Geld mitgegangen.«
    »Ich glaube nicht, dass er eine Waffe oder Geld zu Hilfe genommen hat. Du musst erst mal nahe genug an dein Opfer herankommen, um beides einsetzen zu können. Außerdem senkt Geld die Wachsamkeitsschwelle nicht. Es muss etwas anderes gewesen sein. Sein Auftreten oder eine ganz spezielle Anmache, jedenfalls mehr als Geld allein. Und erst als er sie dann in seiner unmittelbaren Nähe hatte, benutzte er wahrscheinlich eine Waffe.«
    Bosch nickte und machte sich auf einem Block, den er von einem Bord hinter sich genommen hatte, ein paar Notizen.
    »Was sonst noch?«, fragte er.
    »Weißt du, wie lang er seine Firma hatte?«
    »Nein, aber morgen werden wir das wissen. Warum?«
    »Weil es ein weiterer Hinweis darauf ist, wie clever dieser Bursche ist. Damit meine ich nicht nur, dass er eine eigene Firma besaß. Interessant erscheint mir vor allem auch, was für eine Firma. Er war dadurch außerordentlich mobil und konnte sich überall in der Stadt bewegen, ohne großes Aufsehen zu erregen. Wenn er mit seinem Kastenwagen irgendwo auftauchte, bestand kein Grund zur Beunruhigung – außer spätnachts, was ihm offensichtlich zum Verhängnis wurde. Und nicht zuletzt hatte er aufgrund seiner Tätigkeit Zutritt zu vielen fremden Wohnungen. Deshalb interessiert mich, ob er die Firma ganz gezielt gegründet hat, um seine mörderischen Fantasien auszuleben, oder ob er sie schon besaß, bevor er anfing, seinem Trieb nachzugeben.«
    Bosch machte sich weitere Notizen. Rachels Fragen zu Waits’ Job erschienen ihm durchaus bedenkenswert. Auch er hatte sich schon Gedanken gemacht, die in diese Richtung gingen. Könnte Waits seine Firma schon vor dreizehn Jahre besessen

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