Echo Park
und dann hat er wie wild um sich geschossen. Haben Sie schon eine Ahnung, wo er steckt?«
»Das gestohlene Auto hat er an der Red-Line-Station am Hollywood Boulevard stehen lassen. Aber was seine Person betrifft, haben sie keine Ahnung.«
Bosch überlegte kurz. Wenn Waits die U-Bahn genommen hatte, konnte er zu jeder beliebigen Station zwischen North Hollywood und Downtown gefahren sein. In Richtung Downtown hatte die Red Line auch eine Haltestelle in der Nähe von Echo Park.
»Suchen sie in Echo Park nach ihm?«
»Sie suchen überall, Harry. Die OIS schickt ein Team her, das mit Ihnen reden will. Ich habe denen gesagt, dass Sie sicher erst mal im Krankenhaus bleiben und nicht ins Parker Center kommen wollen.«
»Da haben Sie richtig vermutet.«
»Sie wissen ja, in so einem Fall ist es immer das Beste, Sie erzählen ihnen einfach, wie es war.«
»Klar.«
Von der Officer-Involved-Shooting-Einheit, die routinemäßig alle Fälle untersuchte, in denen Polizeibeamte von der Schusswaffe Gebrauch machten, hatte Bosch nichts zu befürchten. Soweit er das beurteilen konnte, hatte er persönlich bei Waits’ Beaufsichtigung nichts falsch gemacht. Außerdem machte die OIS sowieso nie Ärger.
»Es wird allerdings noch etwas dauern«, sagte Pratt. »Im Moment sind sie noch oben bei der Sunset Ranch, um die anderen zu vernehmen. Wie, zum Teufel, ist der Kerl an eine Waffe gekommen?«
Bosch schüttelte den Kopf.
»Olivas ist ihm zu nahe gekommen, als er eine Leiter hochstieg. Er schnappte sich seine Waffe und begann sofort zu schießen. Olivas und Kiz waren oben. Es ging alles ganz schnell, und ich bekam von unten kaum etwas davon mit.«
»Mein Gott!«
Pratt schüttelte den Kopf. Offensichtlich drängten sich ihm noch eine Reihe weiterer Fragen zu dem Vorfall auf. Und wahrscheinlich machte er sich um die möglichen Konsequenzen für seine eigene Person genauso viel Sorgen wie um Riders Zustand. Bosch entschied, dass er ihm von einem Punkt berichten musste, der möglichst nicht an die Öffentlichkeit dringen sollte.
»Er hatte in diesem Moment keine Handschellen an«, sagte er leise. »Wir mussten sie ihm abnehmen, damit er eine Leiter hinaufsteigen konnte. Er war allerhöchstens dreißig Sekunden ohne Handschellen, und das war der Moment, in dem er zuschlug. Olivas ließ ihn zu nahe an sich ran. Damit fing alles an.«
Pratt sah ihn fassungslos an. Er sprach stockend, als könnte er das eben Gesagte nicht begreifen.
»Sie haben ihm die Handschellen abgenommen?«
»Auf Anordnung von O’Shea.«
»Gut. Dann können sie es ihm anlasten. Ich will nicht, dass irgendetwas davon auf Offen-Ungelöst zurückfällt. Oder auf mich. So habe ich mir meinen Abschied nach fünfundzwanzig Dienstjahren jedenfalls nicht vorgestellt.«
»Was ist mit Kiz? Sie werden Sie doch nicht im Stich lassen, oder?«
»Nein, sie werde ich nicht im Stich lassen. Hinter Kiz stehe ich uneingeschränkt, aber hinter O’Shea werde ich mich nicht stellen. Der kann selbst sehen, wo er bleibt.«
Boschs Handy vibrierte wieder, und diesmal holte er es heraus, um auf das Display zu sehen. Dort stand UNBEKANNTE NUMMER. Um sich Pratts Fragen, Urteilen und Selbstschutzmaßnahmen zu entziehen, ging er trotzdem dran. Es war Rachel.
»Harry, wir haben gerade eine Fahndungsmeldung für Waits reinbekommen. Was ist passiert?«
Bosch merkte, er würde die Geschichte den ganzen Tag lang immer wieder erzählen müssen und möglicherweise sein ganzes Leben lang. Er entschuldigte sich und zog sich, um ungestört sprechen zu können, in eine Nische mit mehreren Münztelefonen und einem Wasserspender zurück. So knapp wie möglich schilderte er Rachel, was sich oben im Beachwood Canyon abgespielt hatte und wie es um Rider stand. Währenddessen ließ er vor seinem inneren Auge noch einmal den Moment ablaufen, in dem er Waits nach der Waffe hatte greifen sehen, bis zu den Bemühungen, seine Partnerin zu retten und ihre Blutungen zu stoppen.
Rachel bot ihm an, in die Notaufnahme zu kommen, aber Bosch redete es ihr aus, mit der Begründung, er sei nicht sicher, wie lang er hierbleiben müsste, und außerdem werde er von OIS-Ermittlern vernommen.
»Sehen wir uns heute Abend?«, fragte sie.
»Wenn ich hier alles geregelt kriege und Kiz’ Zustand stabil ist, ja. Andernfalls kann es gut sein, dass ich hierbleibe.«
»Ich werde auf jeden Fall zu dir fahren. Ruf mich an, wenn es was Neues gibt.«
»Mache ich.«
Bosch verließ die Nische und sah, dass sich nach der
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