Echt easy, Frau Freitag!: Das Allerneueste aus dem Schulalltag
Unterricht. Manche Dinge sind einfach nicht verhandelbar. Wir einigen uns ja auch nicht gemeinsam darauf, dass »wir niemanden aus der Klasse erstechen«.
Vier Minuten
Vier Minuten! Nur vier Minuten hat es gedauert von der Ansage, dass wir jetzt vom Eis müssen, bis ich mit meinem Perso abmarschbereit inmitten meiner Klasse stehe. Und in diesen vier Minuten sind sie nicht nur alle sofort und ohne zu murren von der Bahn gekommen, nein, sie haben auch ohne große Umwege und Verzögerungen ihre Schlittschuhe ausgezogen und zur Abgabe gebracht. Respekt, liebe Klasse!
Vor drei Jahren bin ich fast eine halbe Stunde hinter meinen Schülern hergefahren: »Marcella, wir müssen gehen, kommt jetzt mal runter!«
»Nur noch ein Runde!«, und weg waren sie. Schrecklich. Nichts hatte ich im Griff. Und jetzt: vier Minuten! Ich bin immer noch tief durchdrungen von pädagogischem Stolz. Als hätten sie das Abitur bestanden.
Mit meiner neuen Klasse läuft es echt gut. Auch außerhalb der Schule. Nicht einmal habe ich mich für die geschämt. Für meine alte Klasse habe ich mich sogar geschämt, wenn sie gar nicht da waren.
Und meine neue Klasse? Alle kommen pünktlich und haben ihr Geld dabei. Wir gehen gesittet durch die Absperrung am Eingang. Ohne Schubsen und Drängeln. Es sind ungefähr tausend andere Klassen auf der Eisbahn. Jede Schule der Stadt hat heute Wandertag. Das kann natürlich nicht sein, aber so kommt es mir vor. Wir warten geschlagene 45 Minuten in einer Schlange, um die Schlittschuhe zu bekommen, und nichts passiert. Ich unterhalte mich mit Taifun und Volkan. Keiner stresst, niemand heult und alle sind herrlichst gechillt. Das sieht auch der Mann an dem Fenster, an dem man eigentlich nur die nicht passenden Schlittschuhe umtauschen soll. Er guckt mich an und fragt: »Haben Sie Ihre Klasse im Griff?« Ich schaue meine Schüler an, dann den Mann und nicke: »Denke schon.« – »Na, dann kommen Sie mal her.«
Gegen jede Schlittschuhbahnausführungsvorschrift gibt er uns am Umtauschfenster die Schlittschuhe raus. Das erspart uns bestimmt 30 Minuten Wartezeit.
Dann helfe ich einigen Schülern in die Schlittschuhe. So muss das im Kindergarten sein. Vor zappelnden dünnen Beinchen hocken und Schnürsenkel zubinden. Volkan lernt, dass man mit halbzugebundenen Schuhen nicht so gut laufen kann – obwohl es cooler aussieht.
Irgendwann kommt sogar noch die Sonne raus. Keine besonderen Vorkommnisse. Das Leben kann so einfach sein.
Wie hässlich!
»Wie hässlich!«, zischt Belinda beleidigt vor sich hin. Ich habe ihr einen Brief weggenommen, den sie heimlich während der mündlichen Phase meines schlechten Unterrichts geschrieben hat. Eigentlich ist in dieser grauenhaften 8. Klasse immer mündliche Phase – jedenfalls für die Schüler.
Ich bin stinksauer, weil Belinda sich einfach an MEINEN Notizzetteln, die auf meinem Schreibtisch stehen, bedient hat. Jetzt ist es ihr enorm peinlich, dass sich ihre Liebesverwirrungen in meiner Hosentasche befinden. Eigentlich ist Belinda immer darauf bedacht, gut mitzuarbeiten, oder jedenfalls den Anschein zu vermitteln. Sie fragt ständig, ob sie gut mitgemacht habe. Heute nicht. Heute schmollt sie und zischt: »Wie hässlich.« Sie meint mich, aber sie ist zum Glück schlau genug, um nicht »ist die hässlich« zu sagen. So muss ich nicht reagieren und sie bekommt keinen Ärger.
Seitdem Kufa und Hamsa ihre Briefe bekommen haben, ziehen sie von selbst ihre Jacken aus und haben auch immer ihr Arbeitsmaterial dabei. An der Mitarbeit und dem Nicht-Stören müssen wir aber noch arbeiten. Insgesamt ist es in der Klasse etwas ruhiger geworden, Spaß macht es uns allen trotzdem nicht. Durch meine nervende Colonel- (sprich: Körnel-)Art verderbe ich es mir auch noch mit den ruhigen, lieben Schülern. Ich muss aufpassen, dass das nicht einreißt. Wenn ich die ganze Klasse gegen mich habe, wird das nichts mehr.
In der Mittagspause versuche ich, mich vom Unterricht zu erholen. Fällt mir schwer, denn ich habe Hofaufsicht. Aber die Sonne scheint, es ist friedlich, und da kommt zum Glück auch Anita, der ich mein Leid klagen kann. Sie hatte die blöde 8. Klasse auch mal in Deutsch und war heilfroh, sie dieses Jahr abgeben zu können. Aber sie kann sich an die Schüler noch gut erinnern, und ich klage ihr jeden Montag mein
Leid.
»Oha, heute war schlimm. Nicht nur, dass die so lahm sind, ich frage die, wie das große Land über den USA heißt, und da sagt Miriam: Los Angeles. Wo soll
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