Echt easy, Frau Freitag!: Das Allerneueste aus dem Schulalltag
Immunisierung.«
Ah, wenigstens mal was anderes. Ich gucke zu Taifun, der um seine linke Hand einen Verband trägt. Ich will die Klasse gleich etwas schreiben lassen. Jede Art von Verband nervt mich. »Taifun, was ist denn mit deiner Hand?« Ich höre eine verworrene Geschichte mit mehreren Tanten, einem Arztbesuch und einer Prellung. Ich glaube ihm kein Wort.
»Na, du kannst aber trotzdem mitarbeiten.«
»Nein, ich bin doch Linkshändler.«
»Linkshänder!«
»Ja.«
Die Schüler fangen an zu arbeiten. Ich rege mich innerlich noch über ihre Weicheierigkeit und ihre Arztbesuchmanie auf, da kommt Erhan zu mir: »Frau Freitag, mein Ohr tut weh.«
»Erhan, setzt dich mal wieder hin, das geht wahrscheinlich gleich vorbei.«
Erhan geht an seinen Platz und leidet dort still vor sich hin. Ich habe sein Ohr gleich wieder vergessen und brüte über irgendwelchen Listen und Statistiken, da steht plötzlich die Erzieherin, die in dieser Stunde dabei ist, neben mir. »Du, Frau Freitag, ich bringe den Erhan mal runter. Das Ohr sieht gar nicht gut aus.«
»Jaja, mach mal.«
Kopfschmerzen, Handprellung, Ohrenschmerzen, Heuschnupfen, Augentropfen … das ist keine Klasse, sondern das reinste Lazarett.
Nach der Stunde kommt die Erzieherin zu mir ins Lehrerzimmer: »Du, den Erhan habe ich abholen lassen.«
»Echt?«
»Ja, das Ohr, da war ein riesiger Bluterguss, und als er den Kopf gedreht hat, lief da Eiter raus.«
»Oh, echt?« Eiter, denke ich, auf dem Weg in die nächste Stunde, Eiter, der aus dem Ohr rausläuft, voll schlimm. Hoffentlich geht der gleich zum Arzt.
Sie brauchen Samsung Galaxy
»Ich habe dir eine SMS geschickt. Warum hast du nicht geantwortet?«, fragt mich Fräulein Krise vorwurfsvoll am Telefon. »Äh, ich habe keine SMS bekommen«, versuche ich mich zu verteidigen und klinge wie ein Schüler, der von sich ablenken will. Aber es ist tatsächlich so, dass mein Handy seit einigen Tagen keine Textnachrichten mehr empfängt. Oder es empfängt sie, aber weigert sich, sie mir zu zeigen. Vielleicht brauche ich ein neues Mobiltelefon. Vielleicht ist mein sterbendes Nokia ein Zeichen. Vielleicht ist es jetzt auch für mich an der Zeit, ein Smartphone zu erwerben. Prinzipiell habe ich ja nichts gegen diese modernen Dinger, allerdings kenne ich mich damit so wenig aus, dass ich gar nicht wüsste, was ich denn nun kaufen soll. Für eine gründliche Marktanalyse bin ich zu faul und zu ahnungslos. Darum wende ich mich direkt an die Spezialisten.
»Hamid, du kennst dich doch aus. Ich will mir ein Handy kaufen. Aber ich weiß nicht welches.« Sofort kommt Hamid aus der letzten Reihe zu mir gesprintet, setzt sich vor mich und legt sein Handy auf den Tisch. »Frau Freitag, iPhone 5. Das brauchen Sie.«
»Was 5? Sie brauchen Samsung Galaxy!«, mischt sich Orkan ein und schiebt mir sein Handy entgegen. Wenn man Schüler nach technischen Geräten fragt, dann mutieren sie von den nervigsten Pubertisten zu meisterhaft geschultem Fachpersonal. Hamid und Orkan versuchen mir nun beide die Vorteile des jeweiligen Telefons schmackhaft zu machen. Ich verstehe nur Bahnhof.
Eigentlich wollte ich nie ein Handy. Fräulein Krise hat mir gemeinerweise einfach eins zum Geburtstag geschenkt. Das legte ich ins Bücherregal. Dort blieb es, bis eines Tages unser Festnetztelefon kaputtging. Ich benutzte es zweimal, unser Festnetz wurde repariert, das Handy wanderte zurück ins Regal. Dann gab mir meine Schwester ihr altes Nokia. Fräulein Krise triumphierte und schickte mir fortan nur noch SMS. Die ich jetzt nicht mehr lesen kann.
»Ah, ich hab doch noch dieses andere Handy!«, sage ich zu meinem Freund. »Das bringe ich jetzt zu so einem Handyladen und lass es wieder fit machen.«
Der türkische Verkäufer trägt einen Anzug und lächelt mich freundlich an. »Können Sie bitte machen, dass dieses Handy wieder geht?« Ich schiebe ihm das äußerst unmoderne Siemenstelefon von Fräulein Krise über den Verkaufstresen. Er fummelt an dem Gehäuse und fragt »Haben Sie Simlock?«
»Simlock? Äh?«
»Na, haben Sie Simlockkarte?« Jetzt wird er schon etwas lauter, aber ich verstehe ihn immer noch nicht.
»Was ist das denn, eine Sim-karte?«, frage ich.
Er rollt leicht mit den Augen und fängt dann an, mir irgendetwas zu erklären, was ich nicht verstehe. Es klingt wie eine Fremdsprache. Ich komme mir dumm und unmodern vor. Zum Glück bin ich mit ihm alleine in dem Laden. »Können Sie mir nicht einfach so eine Karte verkaufen, wenn die
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