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Echt? In der DDR gab's mehrere Parteien? - Ein Ossi und ein Wessi beginnen einen Dialog (German Edition)

Echt? In der DDR gab's mehrere Parteien? - Ein Ossi und ein Wessi beginnen einen Dialog (German Edition)

Titel: Echt? In der DDR gab's mehrere Parteien? - Ein Ossi und ein Wessi beginnen einen Dialog (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Morawek , Christian Döring
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zu in einem Gitarrenladen ausgeholfen. Viel abverlangt wurde mir als Schüler dort aber nicht. Die meiste Zeit saß ich mit einer E-Gitarre herum und übte Songs von Metallica und den Toten Hosen.
     
    Christian: Eine E-Gitarre hatte bei uns garantiert kein Schüler. Obwohl ich inzwischen schon in der 5. oder 6. Klasse war, legte ich aber nach wie vor großen Wert auf meinem bunten Weihnachtsteller und auf einen Schokoladenweihnachtsmann wollte ich ebenfalls nicht verzichten. Aber dies gestaltete sich je nach Versorgungslage mal mehr mal weniger zu einem wahren Abenteuereinkauf. Niemand wusste, wann die begehrten Hohlkörper in die Regale kamen. Also ging ich mit meiner Mutter jeden Nachmittag in der Adventszeit in die Einkaufshalle. In einem Jahr, der dritte Advent war bereits vorbei und ein Weihnachtsmann immer noch nicht in Sicht, fragte meine Mutter eine Verkäuferin: "Sagt mal, wann bekommen wir eigentlich in diesem Jahr die Weihnachtsmänner zu kaufen?"
    Der Verkäuferin, ein ehemaliges Kindergartenkind meiner Mutter, war diese Frage sichtlich unangenehm. Sie antwortete: „Die sind bereits durch. Wir haben keine mehr. Außerdem geht Christian schon in die 5. Klasse, da hätten sie sowieso keinen kaufen dürfen.“
    Das war selbst für meine Mutter zuviel. Laut und deutlich, sodass es wirklich jeder in der Einkaufshalle hören konnte, antwortete sie: „Also Heike, jetzt hör mal zu. Ich gehe erst wieder aus dem Laden, wenn ich zwei Weihnachtsmänner in meinem Einkaufswagen habe.“
    Ich muss rot wie ein Feuermelder gewesen sein. Alle Leute starrten auf uns. Meine Mutter schob in aller Seelenruhe ihren Wagen an den Regalen vorbei. Die angespannte Stimmung schien sich ein wenig zu verflüchtigen und ich flüsterte zu meiner Mutter: „Lass uns gehen, ich will gar keinen Weihnachtsmann mehr haben.“
    Wusste ich doch von meinem Privileg am Heilig Abend, zwei Westpakete öffnen zu dürfen. Aber meine Mutter dachte überhaupt nicht daran, den Laden zu verlassen. Als sie mit mir im Schlepptau wohl zum dritten oder vierten Mal an den Regalen vorbeilief, kam die Verkäuferin und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Später erfuhr ich, was es war: „Frau Döring, bitte gehen Sie jetzt, ich bringe Ihnen heute Abend zwei Weihnachtsmänner nach Hause!“
    Meine Mutter ging nicht darauf ein. Schließlich wollte sie die Weihnachtsmänner in ihrem Einkaufswagen zur Kasse fahren. So einigten sich die beiden darauf, dass die Verkäuferin die Weihnachtsmänner im Lager in Papiertüten versteckte, den Preis drauf schrieb und meine Mutter dann unverzüglich an die Kasse ging. Mir war die Sache furchtbar peinlich, ein Gefühl von Stolz oder Jagderfolg stellte sich bei mir erst viel später ein.
     
    Daniel: Tja, wenn ich ehrlich bin, ob ich einen Schokoladenweihnachtsmann bekam oder nicht – das war nicht wirklich mein wichtigstes Problem als Kind. Außerdem bestanden sie damals allesamt aus eingeschmolzener und wiederverwerteter Schokolade und schmeckten eigentlich gar nicht so toll, wie eine frische Tafel Milka-Schokolade. Die Frage bei uns war doch eher, wie viel buntes, teures Spielzeug man bekommt. Und auch wenn ich da sicher nicht unterversorgt war, so stiegen mit jedem Jahr die Ansprüche. Und der Frust, wenn man nicht die komplette Wunschliste unter dem Weihnachtsbaum fand. Es gab immer ein paar Kinder in der Schule, deren Eltern eine größere Firma leiteten, und die ihren Kindern noch mehr schenkten.
    Und dann waren ja noch so ein paar Dinge, die ich aus Prinzip nicht bekam, weil sie nicht passend für Christen waren: Also vor allem He-Man und seine anderen Masters of the Universe, die zu dieser Zeit das wohl erfolgreichste Spielzeug für Jungen waren. Wirklich jeder andere Junge in der Schule hatte diese martialischen Action-Figuren.
     
    Christian: Ich glaube eher, der Schokoladenweihnachtsmann war nicht dein Problem, weil es nie ein Problem für deine Eltern war, ihn zu kaufen. Du konntest dir immer sicher sein, auch Heilig Abend einen zu haben. Beim Spielzeug hatte ich schon früh, aus der Not heraus, sicher eher als du, begriffen, dass meine Wünsche bescheiden sein mussten. Dafür hatte ich ja die Westverwandtschaft. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie ich es genoss, ein Westpaket zu öffnen. Allein dieser Duft, von dem ich bereits erzählt habe. Ich glaube, bestimmte Sachen muss man selbst erleben, um sie zu verstehen.
     
    Daniel: Wahrscheinlich. Wobei es natürlich für uns alle solche Momente aus der Kindheit

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