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Echt? In der DDR gab's mehrere Parteien? - Ein Ossi und ein Wessi beginnen einen Dialog (German Edition)

Echt? In der DDR gab's mehrere Parteien? - Ein Ossi und ein Wessi beginnen einen Dialog (German Edition)

Titel: Echt? In der DDR gab's mehrere Parteien? - Ein Ossi und ein Wessi beginnen einen Dialog (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Morawek , Christian Döring
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gibt, an die wir mit einer gewissen Wehmut zurückdenken, weil sich diese Erfahrungen als Erwachsene nicht wiederholen lassen. Zum Beispiel Detektiv spielen mit dem neusten Gimmick aus einem YPS-Heft. Das YPS-Heft war dieses Comicheft, bei dem jede Woche ein verrücktes Extra beilag. Vieles davon war "Spionageausrüstung". Ganz bekannt waren aber die Urzeit-Krebse, die in regelmäßigen Abständen immer wieder dem Heft beigelegt wurden.
    Jetzt ist ja gerade eine neue Version des YPS-Heftes erschienen. Nicht mehr für Kinder, sondern für die ehemaligen Leser, die jetzt erwachsen sind. Aber diesen Viechern wochenlang beim Wachsen zuzusehen – das wird nie wieder so spannend sein wie früher.
    Aber zurück zum Supermarkt.
     
    Christian: Gerne. Auch die Versorgung mit Fleisch war eine Katastrophe. Kamen die Arbeiter nachmittags um vier zum Schlachter, wurde dort bereits der Verkaufsraum gewischt, weil die Regale leer waren. Gut hatte es meine Mutter. Als Köchin saß sie gewissermaßen an der Quelle. Mutig schnitt sie vom Fleisch, das für die Mahlzeiten der Kindergartenkinder vorgesehen war, etwas ab. Sie und ich bekamen dieses Diebesgut auf den sonntäglichen Mittagstisch. Weder sie noch ich hatten jemals ein schlechtes Gewissen deswegen.
    Tauschgeschäfte, Bück-Dich-Ware und das richtige Klauen, auch aus produzierenden Betrieben, nahm immer mehr zu. Die Menschen stahlen nicht, weil sie so kriminell waren, sondern, weil sie auf ehrliche Art nicht zu den begehrten Produkten kamen. Viele von denen, die klauten, arbeiteten fleißig in ihrem jeweiligen Beruf und bekamen nur selten ein schlechtes Gewissen, wenn sie etwas mitgehen ließen.
    Mein Großvater wurde immer fuchsteufelswild, wenn er nachmittags ein Brot kaufen wollte und weder beim Bäcker noch in der modernen Einkaufshalle eines bekam. Die wenigen, die gebacken wurden, hatten morgens die Rentner weggekauft und auch die privaten Handwerker, die nebenbei Kleinvieh hatten. Das Brot war nämlich so billig, dass es kistenweise gekauft wurde und an Schweine, Hasen und Enten verfüttert wurde. Warum es für Brot keine Rationierung gab, habe ich nie verstanden, gewünscht hätte ich mir dies. Schließlich waren Bananen, Pfirsiche, Klopapier und Farben ja auch rationiert, wenn es sie dann überhaupt mal gab. Heute kann ich darüber schmunzeln. Aber ich habe immerhin den Wert einer Rolle Klopapier kennengelernt.
     
    Daniel: Ja, da war es also ganz klar ein Luxusproblem, dass ich keinen He-Man bekommen habe. Das Gefühl, dass irgendwelche Lebensmittel oder andere Dinge der Grundversorgung nicht immer verfügbar waren, habe ich in den 80er Jahren im Westen nie kennengelernt. Diese Zeiten waren bei uns lange vorbei.

4. Weil ich rückschrittlich bin
     
    Christian: Etwa ab der 5. Klasse hatte ich mich eingerichtet in der Schule. Ein Einzelgänger war ich immer noch, aber ich suchte mir gezielt die Leute, mit denen ich etwas zu tun haben wollte, aus.
    Da war ein Mitschüler von mir, der ebenfalls aus einer christlichen Familie kam. Er gewann viele aus unserer Klasse durch seine wöchentliche Heldentat. Er schwänzte die Christenlehre und wir waren dennoch Freunde. Irgendwie verstand ich ihn. Er konnte es nicht ertragen, als Einzelner gegen den Strom anzuschwimmen. So erduldete ich auch seine Hänseleien. Aber so wie wir innerhalb unserer Heimatstraße waren, galt er mir sofort wieder als Freund. Sicher auch deshalb, weil seine Familie eine der ersten in der Doberaner Straße war, die Westfernsehen schauen konnte.
     
    Daniel: Ah, Westfernsehen! Na, das kenne ich zur Genüge.
    Willst du erst mal erzählen, wie denn das Ostfernsehen so war. Da habe ich überhaupt keine Vorstellung. Ich weiß nicht mal, wie viel Sender ihr hattet.
     
    Christian: Tja, auch da bekomme ich an deiner Seite wieder Minderwertigkeitskomplexe. Wir hatten ein Programm. Erst viel später bekamen wir dann ein zweites Programm. Das sendete immer so ab 14 Uhr. Da kam dann, wie lerne ich russisch, später auch: Wie lerne ich englisch. Und auf diesem zweiten Fernsehsender wurden wir von der Schule aus oft verpflichtet, politisch einwandfreie Filme anzuschauen. Danach wurde dann sogar im Unterricht gearbeitet. Wer das nicht gesehen hatte, konnte nicht mitreden, das heißt, er bekam eine schlechte Note im Fach "Mitarbeit".
     
    Daniel: Wow! Fernsehgucken für die Schule. Solche Hausaufgaben hätte ich mir als Kind auch gewünscht. Aber natürlich nur mit dem richtigen Programm.
     
    Christian: Genau. Oh,

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