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Echt zauberhaft

Echt zauberhaft

Titel: Echt zauberhaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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und ab und schnippte dabei mit den Fin-
    gern. »Ja, es gibt eine schreckliche Streitmacht aus ausländischen Gei-
    stern. Und sie hat unsere Geister so sehr erzürnt, daß sie… Ja, tausend Generationen unserer Vorfahren reiten nun auf dem Wind, um die barbarischen Invasoren zurückzuschlagen! Die Geister des Reiches erheben
    sich! Millionen und Abermillionen! Selbst unsere Dämonen sind wütend
    auf die Eindringlinge! Sie werden sich auf die Angreifer stürzen, um sie
    mit Klauen und Zähnen zu zerfetzen… Ja, Lord Sung?«
    Die Kriegsherrn wechselten nervöse Blicke.
    »Bist du sicher, Lord Hong?«
    Lord Hongs Augen glänzten hinter den kleinen Bril engläsern.
    »Sorgt für die notwendigen Proklamationen«, wies er die anderen
    Lords an.
    »Aber wir haben den Männern erst vor ein paar Stunden gesagt, daß
    keine…«
    »Sagt ihnen jetzt etwas anderes!« rief Lord Hong. »Wenn der Feind
    glaubt, daß seine Stärke in der Täuschung liegt… dann sorgen wir dafür,
    daß aus der vermeintlichen Stärke seine Schwäche wird. Sagt den Solda-
    ten, daß eine Milliarde Geister des Reiches hinter ihnen stehen!«
    Die Kriegsherrn mieden seinen Blick. Niemand von ihnen wollte dar-
    auf hinweisen, daß der durchschnittliche Soldat sich bestimmt nicht dar-
    über freute, daß sich vor und hinter ihm Geister befanden; immerhin
    genossen Geister den Ruf, launisch und unberechenbar zu sein.
    »Gut«, sagte Lord Hong und sah nach unten.
    »Du bist noch hier?« fragte er.
    »Ich wol te nur schnel die Eingeweide einpacken, o Lord!« quiekte der
    Wahrsager.
    Er nahm die Reste des leidgeprüften Huhns und floh.
    Auf dem Weg nach Hause dachte er: Ich habe nicht gesagt, welcher
    Feind eine vernichtende Niederlage erleidet.
    Lord Hong blieb allein in seinen Gemächern zurück.
    Nach einer Weile merkte er, daß er zitterte. Vermutlich aus Zorn. Oder
    vielleicht… Nun, er konnte die Situation noch immer zu seinem Vorteil
    nutzen. Barbaren kamen von jenseits der Mauer, und für die meisten
    Leute im Reich blieb das Draußen ein uniformes Etwas ohne Richtung.
    Ja. Die Barbaren waren eine unwichtige Einzelheit: Sie ließen sich leicht
    aus dem Weg räumen, konnten aber auch in die al gemeine Strategie in-
    tegriert werden, wenn er es geschickt anstellte.
    Hong atmete schwer.
    Er suchte sein privates Arbeitszimmer auf und schloß die Tür.
    Er holte den Schlüssel hervor.
    Er öffnete die Kiste.
    Eine Zeitlang herrschte eine Stille, in der nur das Rascheln von Klei-
    dung zu hören war.
    Dann betrachtete sich Lord Hong im Spiegel.
    Er hatte sich große Mühe gegeben, dies zu erreichen. Er hatte mehrere
    Agenten eingesetzt, und jeder von ihnen kannte nur einen Teil des Plans.
    Der Schneider in Ankh-Morpork hatte sich genau an die Maße gehalten
    und ausgezeichnete Arbeit geleistet. Spitze Stiefel, Kniehose, Wams,
    Umhang, der Hut mit einer Feder… Lord Hong wußte, daß er wie ein
    perfekter Gentleman aus Ankh-Morpork gekleidet war. Das Futter des
    Umhangs bestand aus Seide.
    Die Sachen fühlten sich unbequem an und berührten ihn an unge-
    wohnten Stel en, aber darauf kam es nicht an. So sah ein eleganter Mann
    in einer Gesel schaft aus, die atmete und sich bewegte, die etwas errei-
    chen konnte…
    Lord Hong stellte sich vor, wie er am ersten Tag durch die Stadt
    schritt. Die Leute würden ihn sofort als ihren natürlichen Regenten er-
    kennen und ihm huldigen…
    In seiner Phantasie gab es keinen Platz für die übliche Reaktion: »He,
    sieh dir mal den feinen Pinkel an! Zieh dem Burschen eins über die Rübe
    und räum seine Taschen aus!«

    Die Ameisen eilten hin und her. Das Parp-Ding machte »Parp«.
    Die Zauberer traten zurück. Es gab nicht viel zu tun, wenn Hex mit
    vol er Geschwindigkeit arbeitete; man konnte nur den Fisch beobachten
    und gelegentlich die Zahnräder ölen. Ab und zu flackerte oktarines Licht
    in den Röhren.
    Hex zauberte jetzt mehrere hundertmal pro Minute. Das war das Prin-
    zip. Ein Mensch brauchte mehr als eine Stunde für einen ganz gewöhnli-
    chen Lokalisierungszauber, doch Hex führte ihn schnel er durch. Und er
    wiederholte ihn, wieder und immer wieder. Er durchkämmte das ganze
    okkulte Meer auf der Suche nach einem bestimmten Fisch.
    Innerhalb von dreiundneunzig Minuten leistete er, wozu die Fakultät
    einige Monate gebraucht hätte.
    »Seht ihr?« Ponders Stimme vibrierte ein wenig, als er die Klötze aus
    dem Ausgabetrichter nahm. »Ich wußte, daß er es schafft.«
    »Wer ist ›er‹?« fragte

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